H A R P E R
Freitagvormittags stiegen wir alle gemeinsam ins Flugzeug und begannen eine Reise, die wir so schnell nicht vergessen würden. Während des siebenstündigen Flugs arbeitete ich und die anderen schauten Filme oder schliefen, dann erreichten wir Abu Dhabi.
Im Gegensatz zu England war es hier warm und sonnig und obwohl ich mit nicht gerade großartiger Laune in den Flieger gestiegen war, weil ich die Idee immer noch für unvernünftig hielt, besserte sich meine Stimmung bei den warmen Strahlen auf meiner Haut sofort.
Natürlich hatten wir damit gerechnet und waren entsprechend angezogen und sobald wir das Flugzeug verließen, zog ich Elliott Kappe und Sonnenbrille an, um zu verhindern, dass irgendwelche Fotografen Bilder von seinem Gesicht machten.Auch wir anderen setzten Sonnenbrillen auf, dann holten wir unsere Koffer vom Gepäckband und verließen den Flughafen.
Vor dem großen Gebäude entdeckte ich ein bekanntes Gesicht und begann unweigerlich zu lächeln.
"Hallo Jacob. Wie geht es deiner Frau und dem Baby?""Sehr gut, danke. Ich freu mich jetzt schon darauf, am Dienstag zu ihnen zurück zu fliegen und dann erstmal eine Menge Zeit zu dritt zu verbringen."
Ich nickte verständnisvoll, dann räumten wir unsere Sachen ins Auto und fuhren zum Hotel.
Ich war zum ersten Mal in meinem Leben in Abu Dhabi und konnte deshalb meinen faszinierten Blick kaum vom Fenster wegnehmen.Als Kind hatte ich davon geträumt, viele Länder zu bereisen und die Welt kennenzulernen, aber dieser Wunsch hatte sein Ende gefunden, als ich zu Hause rausgeflogen war und Elliott bekommen hatte. Und natürlich liebte ich meinen Sohn, aber manchmal trauerte ich dennoch dem Leben hinterher, das hätte sein können.
Ich hätte mein Studium beenden und arbeiten können, hätte mich vermutlich irgendwo die Karriereleiter hochgearbeitet, mich dann verliebt, geheiratet und vielleicht ein Kind mit einem Mann bekommen, der bei mir geblieben wäre.
Alles hätte anders laufen können und ich-"Wir sind da", unterbrach Jacob meine Gedanken und parkte den Wagen vor dem Hotel.
Ich kontrollierte nochmal, dass Elliott seine Kappe und die Sonnenbrille trug, dann stiegen wir alle aus, holten unser Gepäck aus dem Kofferraum und betraten das Hotel.
Ich wollte gerade zur Rezeption laufen, als mich eine bekannte Stimme aufhielt."Da seid ihr ja!"
Breit strahlend lief Daniel durch die Eingangshalle auf uns zu und als ich ihn so glücklich sah, waren auch meine Zweifel an dieser Reise wie weggewischt.Mein Freund begrüßte zuerst die anderen mit Umarmungen, dann zog er mich euphorisch an sich und küsste mich. Ich konnte mir nur schwer ein zufriedenes Seufzen verkneifen, denn ich hatte das Gefühl seiner Lippen auf meinen in der Zeit ohne ihn doch mehr vermisst, als mir bewusst gewesen war.
Sobald wir uns voneinander gelöst hatten, grinste Daniel uns wieder alle an.
"So, dann zeig ich euch mal die Zimmer. Komm, lass mich das nehmen."Gentlemanlike nahm er Lauren und mir einen Teil des Gepäcks ab, dann folgten wir ihm zum Aufzug, der uns in den dritten Stock brachte. Es gab zwei Doppelzimmer und wir beschlossen, dass Theo und Elliott sich das eine und Lauren und ich uns das andere Zimmer teilen würden.
Sobald wir uns ein wenig auf den Zimmern eingerichtet hatten, wurde es auch schon Zeit fürs Abendessen und sobald wir den McLaren-Tisch erreicht hatten, wurden wir von vielen bekannten Gesichtern begrüßt. Danach holten wir uns etwas vom Buffett und ich wollte mich gerade hinsetzen, als ich drei Personen entdeckte, von denen ich zwei mittlerweile recht gut kannte.
Sie entdeckten mich im selben Moment und kamen zu uns und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass sie wie eine richtige kleine Familie aussahen.
"Harper, ich wusste gar nicht, dass ihr auch hier seid", begrüßte Kelly mich freudestrahlend und umarmte mich, so gut das mit ihrer Tochter auf dem Arm ging. Diese lächelte mich ebenso breit an wie ihre Mutter.
"Du musst Penelope sein", stellte ich schmunzelnd fest und Kelly nickte lachend, während die Kleine sich ein wenig schüchtern an sie klammerte.
Dann begrüßte ich auch Max mit einer kurzen Umarmung, bevor ich die anderen vorstellte.
"Das sind mein Sohn Elliott, mein Bruder Theo und meine beste Freundin Lauren."Max und Elliott begrüßten sich sofort wie alte Freunde, was sie ja irgendwie auch waren, dann begrüßten sich alle irgendwie gegenseitig und wir verabredeten uns für nach dem Essen, weil wir jetzt erstmal alle Hunger hatten.
Wie jedes Mal, wenn wir zu einem von Daniels Rennen flogen und dort in noblen Hotels waren, spürte ich einen leichten Stich in meiner Brust, als mir mal wieder aufs Neue bewusst wurde, dass ich das alles nicht selbst finanzieren konnte und Elliott deshalb nur dank Daniel die Möglichkeit hatte, das hier überhaupt kennenzulernen. Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen und mich an den Gesprächen zu beteiligen, aber ganz verschwinden taten die Sorgen nicht.
Nach dem Essen bemerkte ich, dass Elliott noch kein bisschen müde war, was vermutlich daran lag, dass es laut seiner inneren Uhr noch drei Stunden früher war. Während wir uns mit Max, Kelly und Penelope trafen, nutzte er jedoch die Zeit und spielte mit der Kleinen, sodass wir Erwachsenen uns in Ruhe unterhalten konnten.
Wir sprachen über alles mögliche und natürlich auch eine Weile über das Rennen in zwei Tagen und wie die Chancen standen. Letztes Jahr hatte Max hier gewonnen, davor hatte die Strecke aber eine Weile nur Mercedes-Sieger gekannt. In den ersten beiden Trainings heute war Max mit seinen Zeiten jedesmal zwischen Hamilton und Bottas gewesen, aber das verstärkte nur die Gewissheit, wie stark die Silberpfeile hier waren.
Während Kelly Lauren nach ihrer Arbeit fragte, fiel mein Blick auf Elliott und Penelope und ich spürte ein unangenehmes Ziehen im Bauch. Instinktiv legte ich meine Hand dorthin und spürte, wie Trauer mich zu erfüllen begann.
In wenigen Monaten wäre unsere Tochter auf die Welt gekommen und er wäre ein großer Bruder geworden. Dann hätte ich ein Bild wie das, das sich mir gerade bot, viel öfter gesehen.Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner und drehte überrascht den Kopf zur Seite. Daniel hatte seine Hand auf meine gelegt und strich mit dem Daumen sanft über meinen Handrücken und in seinen Augen sah ich Trauer und Schmerz schimmern.
In diesem Moment wurde mir klar, dass er es auch gesehen hatte.
Er hatte Elliott und Penelope gesehen und an ihrer Stelle Elliott mit seinem Schwesterchen gesehen, wie er sie liebevoll aber bestimmt davon abhielt, sich Dreck in den Mund zu stecken.
Das hätte unsere Zukunft sein können, unsere Realität. Aber stattdessen war es nur ein unerfüllter Traum geblieben.Traurig erwiderte ich den Blick meines Freundes und er verstärkte den Griff um meine Hand, damit ich wusste, dass ich nicht allein war. Wir hatten den Traum gemeinsam gehabt und unsere Tochter gemeinsam verloren, also trauerten wir auch gemeinsam um sie und würden für immer gemeinsam an sie denken.
Ich wollte gerne glauben, dass Elliott eine kleine Schwester im Himmel hatte, die auf ihn Acht gab und ihn beschützte. Es war ein tröstender Gedanke, auch wenn der Schmerz über die Fehlgeburt wohl niemals vollständig vergehen würde.
Aber ich hatte einen wundervollen Sohn und einen großartigen Freund, die mir beistanden und die mir das Gefühl gaben, dass alles irgendwann wieder gut werden würde.Herzlich Willkommen zur Lesenacht😊
Leider mit etwas Verspätung, weil kein Internet😅
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Melt My Ice, Sunnyboy (Daniel Ricciardo FF)
Fiksi PenggemarBerühmt, beliebt und rasend schnell. Daniel Ricciardo gilt in der Formel 1 als herausragender Overtaker und abseits der Rennstrecke als Sonnenschein und Stimmungsaufheller. Zur Saison 2021 wechselt er zu McLaren, doch er findet sich langsamer zurech...