childhood memories

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H A R P E R

Das Rennen in Italien war für Daniel leider wieder mal enttäuschend gelaufen und Elliott und ich hatten uns größte Mühe gegeben, ihn zu trösten und wieder aufzubauen.
Warum noch nicht alles so funktionierte, wie der Australier es sich erhoffte, wusste er selbst nicht und das war wohl das frustrierendste daran.

Trotzdem kümmerte er sich nach seiner Rückkehr sofort um den Privatdetektiv und schon einen Tag später erfuhren wir, dass Theo und meine Eltern immer noch in demselben Haus wie damals wohnten. Außerdem erhielten wir Name und Adresse seiner Schule und um einer Konfrontation mit meinen Eltern aus dem Weg zu gehen, entschieden Daniel und ich, dass es am sinnvollsten war, Theo nach der Schule abzufangen.

Also bat ich Lauren, einen Nachmittag lang auf Elliott aufzupassen, und Daniel fuhr mich zu der Schule. Seit meine Eltern mich rausgeschmissen hatten, war ich nur noch wenige Male in Mayfair gewesen und obwohl es damals meine Heimat gewesen war, erschienen mir die viktorianischen Häuserfronten jetzt gänzlich fremd.

Die Schule lag nicht direkt in Mayfair, sondern ein wenig außerhalb und als ich das riesige und durchaus erfurchterweckende Schulgebäude zum ersten Mal sah, fühlte ich mich wie in einer Zeitkapsel. Meine Schule hatte damals ähnlich ausgesehen und wahrscheinlich hatten sich sogar die Schuluniformen kaum verändert.

Der Schuldhof war noch menschenleer und das große Eisentor verschlossen und ich trommelte unruhig mit den Fingern auf das Armaturenbrett, während ich den Blick nicht abwenden konnte.

Ob Theo sich diese Schule selbst ausgesucht hatte?
Als Kind hatte er immer davon geträumt auf dieselbe Schule gehen zu dürfen wie ich und ich war eigentlich davon ausgegangen, dass meine Eltern ihm diesen Wunsch erfüllen würden.

Aber wahrscheinlich hatten sie alle Verbindungen zu mir unwiderruflich trennen wollen und ihn deshalb auf eine andere Schule geschickt. Kurz schaute ich mich um und fragte mich, ob hier wohl irgendwo ein Chauffeur darauf wartete, Theo abzuholen und nach Hause zu bringen, so wie es früher bei mir gewesen war.

Meine Gedanken wanderten zu den vielen verschiedenen Chauffeuren, die wir im Laufe der Jahre gehabt hatten. Zu manchen hatte ich engere Beziehungen geknüpft als zu meinen Eltern, denn im Gegensatz zu Mum und Dad hatten diese Männer Zeit mit mir verbracht.
Sie fuhren mich morgens zur Schule, holten mich nachmittags ab, kontrollierten meine Hausaufgaben und passten dann auf mich auf bis meine Eltern nach Hause kamen.

Das beste Verhältnis hatte ich ohne Zweifel zu Gordon gehabt, der am längsten bei uns angestellt gewesen war, wenn ich mich richtig erinnerte. Er hatte mich immer mit einem Lächeln begrüßt und mir beigebracht, wie man sich ein High Five gab, hatte mich von meiner ersten Party abgeholt, bei der ich mich ziemlich betrunken hatte, und statt mich nach Hause zu fahren und meinen Eltern auszuliefern, war er mit mir zu McDonalds gefahren bis ich mich besser fühlte.

Ich musste schmunzeln als ich daran dachte, wie er mir vor der Haustür noch schnell ein Pfefferminzbonbon gegeben hatte, damit mein Atem weniger nach Alkohol roch. So hatte ich Mum und Dad davon überzeugen können, dass nur meine Haare und Klamotten nach Alkohol rochen, weil ein paar andere getrunken hatten, ich aber nüchtern sei.

Oft hatte ich Gordon stundenlang zugehört, wenn er von den Ländern sprach, in denen er schon gearbeitet hatte und ich hatte seine Anwesenheit immer sehr genossen. Als seine Frau gestorben war und er sich allein um seine zwei Söhne kümmern musste, hatte er schweren Herzens gekündigt, weil er einen Job mit festen Arbeitszeiten brauchte und das das absolute Gegenteil eines Chauffeurs war.

Nur zu gut erinnerte ich mich daran, wie sehr ich geweint hatte, als ich mich von ihm verabschieden musste. Gordon war so etwas wie der große Bruder gewesen, den ich nie gehabt hatte, und gleichzeitig hatte ich ihn als Vaterfigur und besten Freund zugleich betrachtet.

Melt My Ice, Sunnyboy (Daniel Ricciardo FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt