early christmas present

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H A R P E R

Ich hatte erwartet, dass es irgendwann leichter werden würde, Daniel gehen zu lassen. Dass es mir nach all den Monaten nicht so weh tun würde, wenn er sich verabschiedete, um zum nächsten Rennen zu fliegen.
Es war beinahe egal, ob er für ein, zwei oder drei Rennen wegflog, es fühlte sich jedes Mal furchtbar einsam an ihn ziehen zu lassen.

Doch dieses Mal war es anders.
Dieses Mal war es das letzte Mal im Jahr 2021, denn die nächsten zwei Rennen würden die letzten der Saison sein.
Also brachte ich am 1. Dezember meinen Freund wie so oft zum Flughafen, küsste ihn vor der Sicherheitskontrolle zum Abschied und begann mir zu wünschen, die Zeit möge doppelt so schnell vergehen, damit ich ihn schneller wiedersehen konnte.

Bei den Rennen in Europa wusste ich wenigstens, dass er noch auf demselben Kontinent war, aber diese Wochenenden lagen längst hinter uns, weil in diesem Teil der Welt der Winter Einzug hielt. Seit Tagen war es nur noch am Regnen, aber mit Schnee war natürlich nicht zu rechnen.

Also war London statt in winterlich-romantisches Weiß wie immer in tristes Grau gehüllt und ich begann mich mehr und mehr auf Australien zu freuen.
Elliott und Theo waren ebenfalls Feuer und Flamme gewesen, als wir ihnen davon erzählt hatten und ich hatte bereits Urlaub eingereicht. Vom 23.12.-03.01. hatte die Firma sowieso geschlossen und ich hatte mir zusätzlich am 22.12. und bis zum 10.01. freigenommen, damit es mit den Flügen nicht ganz so stressig wurde.

Mein neuer Chef war wirklich ein Engel und sagte nichts negatives darüber, dass ich sozusagen die Ferien verlängerte, was mich deutlich erleichterte. Bei Mrs. Frier wäre so etwas undenkbar gewesen, aber ich versuchte die Gedanken daran zu verdrängen und mich auf die Gegenwart zu konzentrieren.

Daniel hatte am Tag nach Theos Geburtstag sofort mit seinen Eltern telefoniert und uns angekündigt und mir hinterher versichert, dass die beiden sich wahnsinnig darauf freuten, Elliott, Theo und mich endlich persönlich kennenzulernen.
Auch Lauren freute sich für uns als ich ihr davon erzählte und dann war plötzlich schon Sonntag und ich saß - beinahe traditionsgemäß - mit Lauren, Elliott und Theo bei meiner Freundin auf der Couch und wir schauten gemeinsam das Rennen in Saudi-Arabien.

Es lief gut für Daniel, auch wenn er letztendlich das Podium verpasste und direkt hinter seinem Teamkollegen auf Platz 5 ins Ziel fuhr.
Die noch bessere Nachricht war, dass Max das Rennen gewann und damit den Weltmeistertitel so gut wie sicher hatte. Beim Saisonfinale in Abu Dhabi musste er nur mindestens in die Top 7 kommen, sonst konnte Hamilton ihm den Titel mit einem Sieg theoretisch noch vor der Nase wegschnappen.
Aber diese Platzierung würde Max höchstens verpassen, wenn etwas Unvorhergesehenes geschah, was wir alle nicht hofften.

Das führte dazu, dass Elliott mal wieder Freudentänze aufführte, weil er ja ein ziemlich großer Fan von Max war und über seinen Jubelgesang hinweg hätte ich beinahe mein klingelndes Handy überhört.
Gerade noch rechtzeitig nahm ich Daniels Anruf entgegen und begann unwillkürlich zu lächeln.
"Hey du."

"Selber hey", antwortete er und ich konnte an seiner Stimme hören, dass er breit grinste.
"Glückwunsch zu P5. Du bist ein tolles Rennen gefahren."

"Danke, es war leider abgesehen von den Crashs nicht wirklich spektakulär, aber was anderes war von dieser Strecke ehrlich gesagt auch nicht zu erwarten. Seid ihr noch alle bei Lauren?"

"Ja, sind wir. Soll ich dich auf Lautsprecher stellen, damit du dir deine Glückwünsche auch noch von den anderen abholen kannst?"

"Nein, eigentlich wollte ich zuerst mit dir sprechen. Ich weiß, dass du nächsten Freitag und die Woche drauf Montag nicht ins Büro musst, wegen der Baustelle bei euch. Und da hab ich mich gefragt, ob ihr nicht alle nach Abu Dhabi zum letzten Rennen kommen wollt."

Ich riss überrascht die Augen auf und wusste nicht, was ich sagen sollte.
Aber Daniel war noch nicht fertig.
"Ich könnte euch über McLaren VIP-Tickets besorgen und natürlich bezahle ich den Flug und das Hotel."

Ich seufzte leise.
"Daniel, es ist wirklich lieb von dir, dass du an uns denkst und uns eine Freude machen möchtest. Aber Home Office aus dem Flugzeug heraus? Und Elliott und Theo haben Schule."

"Du könntest sie doch für Freitag und Montag entschuldigen", entgegnete Daniel sofort und dieses Mal seufzte ich genervt.

"Das hab ich bei Elliott damals nur ausnahmsweise gemacht, aber ich will auf keinen Fall, dass das zur Regel wird. Sonst will er das bei all deinen Rennen machen und irgendwann wird es auffliegen und die Schule wird sich deswegen bei mir melden."

Jetzt war es an Daniel, genervt zu seufzen.
"Mensch Harper, es soll ja auch nicht zur Regel werden.
Es ist das Saisonfinale, wir werden wahrscheinlich Max' ersten Weltmeistertitel feiern, das ist eine riesen Sache und ich würde euch einfach gerne dabei haben.
Nächste Saison überlegen wir uns was anderes oder du kommst halt mal ohne Elliott, aber jetzt ist es so und ich möchte ihm und dir und Theo und Lauren eine Freude machen.
Also?"

Ich war erstarrt. Die Art, wie er es sagte, stieß mir sofort unangenehm auf.
Oder du kommst halt mal ohne Elliott, aber jetzt ist es so.
Obwohl er seine Worte sicher nicht böse gemeint hatte, waren es Aussagen wie diese, die mich wieder daran erinnerten, dass er die Dinge oft auf die leichte Schulter nahm und Hindernisse einfach weg lächelte.

Ich wollte ihm gerade antworten und absagen, als mein Sohn an meinem Shirt zupfte und damit meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Ist das Daniel?"

Ich nickte und biss mir auf die Lippe.
"Ja, das ist er."

"Was sagt er?"

Ich schluckte hart, aber ich hatte mir vor Jahren mal geschworen, meinen Sohn nicht anzulügen, weil ich nicht von ihm erwarten konnte ehrlich zu mir zu sein, wenn ich es zu ihm nicht war. Also atmete ich tief durch und erzählte ihm von der Idee meines Freundes.

"Er hat überlegt, ob Theo, Lauren, du und ich nächste Woche zu seinem letzten Rennen fliegen könnten."

Sofort bekam mein Sohn große Augen und begann breit strahlend zu nicken.
"Oh ja! Bitte Mum, lass uns hinfliegen!"

Bettelnd sah er mich an und ich hasste es, dass ich seinem Hundeblick nicht widerstehen konnte. Auch Theo und Lauren waren mittlerweile auf uns aufmerksam geworden und grinsten breit.

"Ich wollte schon immer mal ein Formel 1 Rennen live sehen", sagte mein Bruder begeistert und meine Freundin nickte zustimmend.
"Geht mir genauso. Und wenn die alle so gutaussehend wie Daniel sind, finde ich da ja vielleicht sogar eine nette Bekanntschaft."

Ihre Worte ließen mich schmunzelnd die Augen verdrehen und ich seufzte leise.
Eigentlich wollte ich selbst ja auch dorthin, nur mein Verstand sagte mir, dass das keine vernünftige Idee war. Aber dann begann ich mir unweigerlich vorzustellen, wie glücklich es Elliott und Theo machen würde und wie viel Spaß sie dort haben konnten.

Dieses Wochenende wäre ein wundervolles verfrühtes Weihnachtsgeschenk und bevor ich mir den Gedanken selbst wieder ausreden konnte, nickte ich und hielt mein Handy wieder näher an mein Gesicht.
"Daniel? Organisier' die Flüge, Tickets und das Hotel. Wir kommen zu dir."





Ich hab auch noch ein early christmas present für euch:
Eine Lesenacht🥳

Am Sonntag (3.4.) kommen ab 18 Uhr die Kapitel 88, 89 und 90😱😍

Melt My Ice, Sunnyboy (Daniel Ricciardo FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt