Teil35

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Als Francis mit Philip und Martin in der Priorei ankommt setzen sich die Männer an den Kamin. Martin entzündet das Feuer, da es am frühen Abend schon recht kühl wird. Gerade als Francis anfangen möchte zu erzählen weswegen er nach Kingsbridge gekommen ist tapsen kleine Füßchen in das Zimmer. Ein kleines Kind in einer Miniaturkutte betritt das Zimmer und er stürmt auf Philip zu um ihm stolz ein Kinderbild zu zeigen. Er hat wohl irgendeine biblische Geschichte gehört und dazu gemalt. Philip nimmt das Kind wie selbstverständlich auf seinen Schoss um ihn zu herzen. Dann betrachtet er das Bild und er lobt es überschwänglich. Auch Martin tritt zu den beiden um das Werk zu betrachten und zu loben. Er streichelt dem kleinen, schwarzhaarigen Knaben seine Haare aus dem Gesicht und er bewundert dessen Talent Farbe auf ein Blatt Papier zu bringen. Auch Francis wird genötigt sich die Kritzelei anzuschauen und angemessen zu loben. Während der Kleine mit grossen erwartungsvollen Augen bei Francis steht da setzt sich Martin neben Philip auf die Bank. Ganz eng sitzen die beiden. Als der Knabe sich wieder zu ihnen gesellt setzt Martin das Kind halb auf seinen und halb auf Philips Schoss. Da Philip seinen Arm um Martin legt hat Martin die Aufgabe das Kind vom Hinabfallen zu bewahren. Das Kind kuschelt sich vertrauensvoll an die beiden Männer und er erzählt plappernd von seinem Tag. Philip und Martin schauen den Knirps wohlwollend an, so wie Eltern ihre Kinder stolz anschauen wenn diese ihnen kleine Belanglosigkeiten aus ihrem Leben erzählen. Francis staunt nicht schlecht. Da wirkt der Bruder doch glatt wie ein stolzer Vater für den Kleinen. Francis überlegt fieberhaft ob das Undenkbare denkbar sei, ob sein Bruder etwas mit der Existenz des Knaben zu tun haben könnte. Doch Philip hat braune Haare. Und ein ovales Gesicht. Der Kleine sieht ihm überhaupt nicht ähnlich. Auch zu Martin kann man keinerlei Ähnlichkeiten entdecken. „Der Knabe ist der Sohn deines Baumeisters, richtig?" fragt Francis als er erkennt wem das Kind ähnlich sieht. Der grosse, grobschlächtige Mann hat schwarzes Haar und einen ebenso schwarzen Vollbart. Das volle Schwarze Haar, sowie seine braunen, leicht schräg stehenden Augen hat auch sein Sohn Alfred geerbt und dieses Kind sieht beiden wie aus dem Gesicht geschnitten aus. Philip schüttelt aber seinen Kopf und er erklärt dass er den Knaben vor fünf Jahren mitten im Wald verlassen auf einem Frauengrab gefunden habe. Martin senkt seinen Kopf und er küsst das Kind das sich fragend umschaut. „Wie kommst du darauf?" fragt Philip weil er das Offensichtliche nicht sieht. „Der Bub sieht den Builder Männern recht ähnlich, findest du nicht? Er hat die selbe kugelige Kopfform, die schräg stehenden braunen Augen, die Nase ähnelt denen deiner Baumeister und die Haarfarbe sowieso. Philip schaut verwundert zu dem Kind und nun da Francis ihn darauf aufmerksam macht erkennt auch er die Ähnlichkeiten. Martin schaut erschrocken. Philip wundert sich über das Verhalten seines Freundes. Er sieht aus als würde er sich schämen. Doch das kann nicht sein, oder? Weiss Martin mehr als er? Philip beschließt Martin später auf den Zahn zu fühlen. Er ist nicht daran interessiert Martin vor seinem Bruder bloss zu stellen. Wenn Martin etwas weiss und er das Wissen für sich behalten hat, dann hat er mit Sicherheit gute Gründe dafür. Philip zuckt also mit den Achseln und er sagt: „Wie gesagt, ich habe das Kind im Wald gefunden. Mutterseelenallein. Mein Baumeister hat nicht nach ihm gefragt, auch seine Frau hat nie ihr Kind vermisst. Ob sie die Eltern sind mag ich nicht glauben." Damit ist das Thema für Philip vorerst erledigt. Er fragt seinen Bruder was ihn nach Kingsbridge geführt hat. „Die Herren von Shiring haben sich bei König Stefan über euch beschwert. Sie klagen euch an dass ihr ihnen die Einnahmen nehmt, euer Markt würde ihnen das Geld aus den Taschen ziehen. Dadurch hätten sie weniger Geld um Stefans nächsten Feldzug zu unterstützen. Außerdem sagen sie dass ihr euch der Pflicht entziehen würdet als freie Stadt euch ebenfalls an dem Feldzug zu beteiligen, sowohl finanziell, als auch mit Truppen." Philip fällt alles aus dem Gesicht. Er ist knapp bei Kasse, zu knapp, wenn er seine Kirche bauen will dann kann er nicht den König in seinen Feldzügen finanzieren. „Das können wir uns nicht leisten!" stammelt Philip und er wird ganz blass. Francis schaut ihn ernst an und Martin legt seinen Kopf gegen Philips Brust und er schaut Francis mit grossen Augen an als wolle er um eine Erklärung bitten. Francis seufzt. „Ihr wisst doch dass König Philip gegen die Heiden im Norden Krieg führt. Jeder Graf, jedes Lehen und auch die freien Städte sind verpflichtet ihm die Treue zu schwören und ihn zu unterstützen. Ihr müsst euren Beitrag leisten. Der Graf von Shiring hat dem König gesagt dass ihr bisher keinen Penny abgebt. Das wird euch entweder in Zukunft das Genick brechen und der König wird eure Stadt an die Grafschaft Shiring geben oder ihr zahlt. Martin fragt bang: „Wie viel Geld müssen wir bezahlen?" Francis seufzt. „Fünfhundert Goldtaler." sagt er leise. Philip protestiert aufgebracht. „Das können wir uns nie und nimmer leisten! Fünfhundert Goldtaler haben wir nicht. Wenn wir so viel Geld hätten dann würde unsere Kirche längst stehen!" Martin legt ihm eine Hand auf sein Knie um ihn zu beruhigen. Dann fragt er Francis: Ist die Summe nicht verhandelbar?" Francis nickt und er sagt: „Wer Ritter stellt der muss weniger bezahlen." „Und wenn wir einen Ritter bereit stellen?" fragt Martin. Francis schaut unglücklich. Er erklärt: „Es ist üblich dass Ritter adelig sind. Ich glaube nicht dass ihr hier Adelige beherbergt?" Martin antwortet: „Doch, Richard von Kingsbridge, unser Stadthalter ist der Sohn des ehemaligen Grafen von Shiring. Er ist hochwohlgeboren und er führt derzeit unsere Stadtwache an. Er kann also unsere Abteilung anführen." Francis lächelt erleichtert. „Habt ihr denn genügend wehrfähige Mannen? Eine Abteilung muss mindestens aus zehn Reitern bestehen." Martin nickt nachdenklich. „Wir haben sowohl genügend Leute als auch ausreichend Pferde. Sie sind inzwischen eingeritten und können im Kampf bestehen." Francis staunt anerkennend. Die kleine Stadt scheint wehrhaft zu sein. Er hätte nie gedacht dass sein Bruder so ein guter Politiker ist und eine voll funktionstüchtige, gerüstete Stadt gegründet hat. Als er ihm vor ein paar Jahren die Erlaubnis überreicht hat eine Stadt mit Markt zu gründen hatte er arge Bedenken. Philip brauchte vor allem Geld um seine Kirche zu finanzieren. Dass er daneben noch Augen für das Wesendliche hat ist bewundernswert. Martin verabschiedet sich um Richard von der Kunde zu berichten. Er soll schliesslich die Abteilung anführen. Da muss er auch Bescheid wissen was auf ihn zukommt. Martin verspricht mit Richard zusammen zu kommen damit sie ihr weiteres Vorgehen gemeinsam besprechen können. Philip nickt seinem Freund lächelnd zu und er nimmt den inzwischen schlafenden Johannes in seine Arme. Er wiegt das Kind das von der Bewegung droht aufzuwachen. Er summt ihm ein beruhigendes Schlaflied und ehe Martin die Tür geschlossen hat ist der Kleine bereits wieder eingenickt. Francis erkennt dass Philip nicht nur zwischendurch Vater für den Kleinen spielt, so wie es einst Prior James für sie gemacht hat. Doch zu Prior James hat Francis nie dieses bedingungslose Vertrauen aufbauen können wie es der kleine Jonathan ganz offenbar zu seinem Bruder hat. Wie Philip den Kleinen in den Schlaf wiegt wirkt routiniert und keineswegs so als würde er es selten tun. Im Gegenteil. Die Selbstverständlichkeit mit der der Kleine zu seinem Bruder gekommen ist lässt erahnen dass es ein alltägliches Ritual ist. Als der Junge wieder tief und fest schläft fragt Philip ob sein Bruder etwas trinken wolle. Der bejaht und Philip steht auf um den Jungen in sein Bett zu legen. Liebevoll deckt er ihn zu, schaut ihn einen Moment an um ihm einen Gute Nacht Kuss zu geben und sich dann um seinen Bruder zu kümmern. Er holt eins von Remigius gebrauten Bieren und schenkt es in kostbare Gläser ein. Philip erzählt stolz dass sie dieses Bier nun im Kloster brauen und dass Remigius ein hervorragender Braumeister sei. Francis verschluckt sich fast an dem Bier und er muss husten. Er schaut Philip mit grossen Augen an. „Sprichtst du von Bruder „Ich belausche alles und jeden?" Ist das wirklich der Remigius den ich kenne?" Philip schaut Francis mit gerunzelter Stirn an. „Es ist in der Tat der Remigius den wir schon als Kinder kennen gelernt haben. Er ist, wie gesagt unser Braumeister und er macht seine Arbeit hervorragend." Francis staunt. „Wenn ich mich nicht irre war er Subprior unter James. Seine Lügen und Intrigen haben ihn auf diesen Posten gebracht. Dich in die Enklave verbannt und mich in die Fremde. Ich hätte nie gedacht dass er noch hier ist, nachdem du Prior geworden bist. Er muss doch wahnsinnig eifersüchtig gewesen sein, oder?" Philip denkt eine Weile nach. Dann erklärt er: „Letztlich hat Rmigius eingesehen dass er für den Posten des Priors nicht geeignet ist. Er ist aber ein ganz hervorragender Bierbrauer. Er hat in mehreren Klöstern gelernt und er hat gute Rezepte mitgebracht." Francis verzieht sein Gesicht und er murmelt: „Ich möchte nicht wissen wie er an die gekommen ist." Philip rügt seinen Bruder dass der so schlecht von dem anderen Mann denkt. „Glaub mir, Remigius ist ein geschätztes Mitglied in unserer Gemeinde." Francis nimmt noch einen Schluck aus dem edlen Glas. Er lässt sich das gute Gebräu auf der Zunge zergehen. Obwohl das Bier hell und golden schimmert schmeckt es nicht bitter sondern süß. Er schaut sich das Getränk an und er sagt anerkennend: „Zumindest dieses Getränk ist köstlich. Bier brauen kann er wirklich, da will ich dir den Rest einfach auch mal glauben."

PhilipWo Geschichten leben. Entdecke jetzt