Animus

Einen Versuch ist es wert

Jane und der für Louis und Niall fremde Mann verschwanden wieder und die beiden Männer blieben vollkommen geschockt zurück. Natürlich hatten sie damit gerechnet. Ihnen war klar, dass es nicht Harrys Kind war, doch es jetzt noch einmal so zu hören und dann noch in diesem gehässigen Ton - das schockte die beiden dann doch mehr als erwartet.
"Was machen wir jetzt?", wollte Niall wissen, der als Erster sein Wort wiederfand. "Harry wird uns das niemals glauben".
Louis nickte zustimmend. Sein Freund würde komplett abblocken und am Ende würde erneut ein heftiger Streit entstehen, da war er sich sehr sicher.
"Vielleicht...", begann Niall laut zu überlegen und runzelte seine Stirn. "Dieser Typ klang nicht sonderlich begeistert, dass sein Kind nicht offiziell sein Kind sein kann".
Ja, das war Louis auch aufgefallen. Und er konnte das vollkommen verstehen. Ein Kind zu haben war das größte Glück auf Erden und wenn dieses einem vorenthalten wurde - nein. Er wolle sich das nicht ausmalen.
"Wir sollten mit ihm reden", beschloss Louis und sah nachdenklich durch die Gegend. "Aber vielleicht sollten wir Liam einweihen. Er kennt Harry am allerbesten und kann uns vielleicht noch einen Tipp geben." Zähneknirschend fuhr sich Niall durch die dunklen Haare. Liam würde ihn umbringen, wenn er hiervon erfuhr. Wobei - man konnte die Wahrheit ja auch ein bisschen ausschmücken. Es war ja schließlich reiner Zufall, dass es regnete, sie dann in den Spa-Bereich mussten und ausgerechnet Jane hier langlief. Wie hätten sie das denn bitte planen sollen?
Reiner Zufall!

Als die beiden Männer eine Stunde später in der Wohnung von Niall und Liam ankamen, war die Stimmung noch immer gedrückt. Jane war noch skrupelloser, als sie erwartet hatten und ihre Gier nach Geld war so offensichtlich, dass man es auch locker auf ein Plakat drucken könnte.
Wie zum Geier hatte Harry es Jahre mit dieser Frau ausgehalten? Louis verstand es nicht und hatte enormes Mitleid mit seinem Freund. Seit wie vielen Jahren sie ihm wohl schon Gefühle vorspielte? Seit wie vielen Jahren gaukelte sie ihm diese heile Welt vor und setzte Victoria als Druckmittel gegen ihn ein?
Dem Lehrer wurde ganz flau im Magen. Sowas hatte sein geliebter Lockenkopf nicht verdient.

Niall setzte eine Kanne Tee auf und keine Minute später ging die Tür auf und Liam erschien in der Wohnung. Überrascht sah er seinen Freund und Louis an, wohingegen Niall seinen Verlobten ebenfalls überrascht ansah.
"Was machst du denn schon hier?", wollte dieser darauf wissen und bekam ein leises Lachen des Anwalts. "Das Gleiche könnte ich dich fragen. Wolltet ihr nicht zum Golf?".
Grummelnd griff Louis nach einer Tasse, goss etwas Tee hinein und schnappte sich seine Zigaretten. "Darf ich?", wollte er wissen und deutete mit einer Kopfbewegung Richtung Balkon. Niall nickte. Louis das Rauchen in dieser Situation zu verbieten wäre keine kluge Idee.
"Es hat geregnet", begann Niall seine Erklärung, doch Louis hörte den Rest nicht mehr. Er hatte die Balkontür hinter sich geschlossen, ließ sich auf das kleine Sofa fallen und atmete einmal tief durch.
Was für eine verfahrene Situation.
Er zündete sich seine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug und schaute in die Ferne.
Irgendwie musste er es hinbekommen, dass Harry ihm glaubte. Er wusste nur nicht wie.

Es dauerte etwas, da öffnete sich die Balkontür und Niall trat gemeinsam mit Liam auf den Balkon. Ein Seufzen erklang und Liam ließ sich neben Louis nieder, während Niall sich gegen das Balkongeländer lehnte.
"Jane wird das niemals zugeben. Ich kenne sie gut genug und Harry wird ihr glauben. Er freut sich auf dieses Baby und auch wenn er vielleicht insgeheim weiß, dass eine Chance besteht, dass dieses Baby nicht von ihm ist, so will er es noch nicht wahrhaben. Er verdrängt diesen Gedanken."
Louis nickte.
"Er will einen Vaterschaftstest machen lassen, aber erst, wenn das Baby auf der Welt ist", erklärte Liam und erneut nickte Louis. Und bis dahin würde Harry dieses Baby lieben, es als sein eigenes ansehen und spätestens, wenn dann das Ergebnis da war, würde ihm das Herz gebrochen werden „Wir müssen dafür sorgen, dass er es eher weiß. Je länger er eine Bindung zu diesem Baby aufbaut, desto schlimmer wird es am Ende für ihn".
Niall, der die Konversation zwischen Liam und Louis still verfolgt hatte, räusperte sich einmal.
"Wir sollten Blutsauger-Jane, diesen Typen und Harry alle gemeinsam in einen Raum sperren und Jane dann in die Ecke drängen." Am liebsten würde er ihr dabei ihre Fingernägel ausreißen und vielleicht die künstlichen Wimpern von den Augenlidern ziehen - doch diesen Gedanken behielt er lieber für sich. Wobei er sich sicher war, dass Louis ihm dabei mit großer Freude helfen würde.
"Sie wird es weiterhin abstreiten", brummte Louis, zündete sich eine weitere Zigarette an. "Niemals wird sie alles zugeben." - "Ja", pflichtete ihm Liam bei und kräuselte seine Stirn. "Sie vielleicht nicht, aber was ist mit diesem Typen? Niall meinte, dass er nicht wirklich begeistert klang."
Louis sah skeptisch zu Liam. "Denkst du wirklich, er würde Jane in den Rücken fallen und Harry munter alles erzählen?".
Unbeholfen zuckte der Anwalt mit den Schultern. "Wenn ihm dieses Baby etwas bedeutet, vielleicht. Die Chance besteht." Louis war sich unsicher. "Und wenn er alles abstreitet? Immerhin hat er sicherlich nicht so viel Kohle wie Harry. Er kann das Geld doch sicherlich auch gut gebrauchen." Zumal Jane auch diesen Mann ausnehmen würde wie eine Weihnachtsgans, sobald Harry den Geldhahn zudrehte.
"Einen Versuch ist es wert", überlegte Niall und sah zu Louis. "Aber vielleicht sollten wir mit ihm alleine reden. Vorweg, damit wir uns sicher sein können. Nicht, dass Harry uns am Ende allen nicht glaubt und wir ihn komplett verlieren."
Seufzend fuhr sich Louis über das Gesicht und sah auf. "Und das muss vermutlich ich machen, richtig?".