Einige Monate später war der Tag endlich da.
Niall und Liam würden heiraten.
Eine wundervolle Abwechslung, hatte Harry doch die letzten Wochen so viel mit der Scheidung zu tun. Er und Jane hatten sich soweit geeinigt, relativ friedlich, wenn man das so sagen konnte. Vic sah die Rothaarige einmal die Woche. Aber nicht, weil Harry das so wollte, sondern Victoria. Sie war eben viel lieber bei Louis und Amy und wenn Harry ehrlich war, konnte er es seiner Tochter nicht verübeln.
Jedenfalls freuten sich alle auf die heutige Hochzeit.
Und wer würde sich besser als Trauzeugen eignen, als ihre beiden besten Freunde?
Louis spürte, wie ihm bei dem Gedanken daran, vor all den Leuten in der Kirche stehen zu müssen, der kalte Angstschweiß auf der Stirn ausbrach.
Während Harry die beiden Mädchen in ihre hellblauen Kleider steckte und sie regelrecht anflehte, sich jetzt bitte nicht mehr dreckig zu machen, wuselte Louis unruhig durch die Wohnung und suchte nach seinem Autoschlüssel.
„Jetzt beruhige dich doch mal", lachte Harry und legte ihm beruhigend die Hände auf die zitternden Schultern. „Du bist ja wahrscheinlich aufgeregter, als Niall selbst."
Louis seufzte und sah Harry verunsichert an. „Das mag schon sein. Hast du die Ringe?"
Harry grinste stolz und musste zugeben, dass Louis in Anzug und Krawatte verdammt gut aussah. „Selbstverständlich", antwortete er und klopfte demonstrativ auf die Tasche seines Sakkos. „Ich bin perfekt vorbereitet."
Louis verdrehte die Augen. „Wie kannst du nur so ruhig bleiben?"
Harry strich sich eine Strähne des schulterlangen Haares aus dem Gesicht und hauchte Louis einen Kuss auf die Lippen. „Ich bin nicht derjenige, der sich freiwillig bereiterklärt hat, Liam zu heiraten. Na, los jetzt, komm schon."
Louis lachte auf und erwischte sich ebenfalls bei dem Gedanken, dass Harry in seinem Smoking einfach atemberaubend aussah. Er konnte sich gar nicht erklären, wie er es überhaupt schaffte, die Finger von ihm zu lassen, wenn er in diesem Aufzug vor ihm herumrannte.
Aber sie hatten Niall und Liam versprochen, dass sie sich auf ihrer Hochzeit nicht beim Vögeln erwischen lassen würden. Die vier hatten einstimmig beschlossen, dass es schon genug unangenehme Situationen zwischen ihnen gegeben hatte.
Während Harry dafür sorgte, dass die beiden Mädchen ihre Schuhe anzogen, fand Louis endlich die verdammten Autoschlüssel und sie konnten sich auf den Weg zur Kirche machen.
Sie waren zehn Minuten zu spät.Als sie endlich vor der Kirche ankamen, verdrehte Harry entnervt die Augen. „Wie soll man denn hier einen Parkplatz finden?"
Louis spürte, wie seine Hände begannen, zu zittern. Er beobachtete die ganzen Gäste, die sich schon vor der Kirche eingefunden hatten.
Alle warteten nur darauf, dass es endlich losging. Und wer kam zu spät?
Die beiden Trauzeugen samt ihren Töchtern, die die Blumenmädchen sein sollten.
Als sie zu viert endlich in die Kirche stolperten, konnte Harry seinen besten Freund bereits erblicken, der unruhig an seinem Hemdkragen zupfte.
Harry eilte auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Sorry, Liam", keuchte er, völlig außer Puste. „Ich weiß, ich bin spät dran, aber-"
„Alles gut", schnitt dieser ihm grinsend das Wort ab. „Niall ist auch noch nicht da."
Harry zog verwundert beide Augenbrauen nach oben. „Niall ist noch nicht da?"
Liam schüttelte den Kopf, und auch, wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, konnte Harry erkennen, wie verdammt nervös ihn das machte.
„Louis ist sicher schon auf der Suche nach ihm", murmelte Harry, während er sich suchend nach ihren Töchtern umblickte.Louis erblickte Niall vor der Kirche im Rasen, während er sich an einem Baum abstützte und sich etwas abseits der Hochzeitsgäste die Seele aus dem Leib kotzte.
Louis eilte besorgt auf seinen besten Freund zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter, woraufhin dieser erschrocken zusammenzuckte. „Louis!", rief er aus, „Mein Gott, hast du mich erschrocken!"
Louis lächelte und legte den Kopf schief. „Bist du in Ordnung, Niall?"
Der Sozialpädagoge seufzte und drehte sich zu ihm um, ehe er seine Krawatte lockerte und tief durchatmete. Er stützte sich auf Louis' Schulter ab und blickte ihm aus feuchten Augen entgegen. „Ich bin so nervös, Louis", sagte er leise, mit einem verdächtigen Vibrieren in der Stimme, und der Lehrer sah, dass sein bester Freund am ganzen Körper zitterte.
Louis sah ihn sanft an und legte ihm ermutigend eine Hand auf die Schulter. „Alles wird gut, Niall", versprach er und nickte mit dem Kinn in Richtung der Kirche. „Du wirst gleich den Mann heiraten, den du liebst. Und Liam liebt dich. Es gibt überhaupt keinen Grund, nervös zu sein."
Niall schluckte. Er war mehr als dankbar dafür, dass niemand außer Louis seinen kleinen Ausflug in die Büsche mitbekommen hatte.
Natürlich wusste er, dass es keinen Grund gab, nervös zu sein. Es war auch weniger diese ängstliche Art von Nervosität, als absolute Überforderung, die sich in diesem Moment in ihm breit machte. Ja, verdammt, er war bereit, Liam zu heiraten. Aber er fühlte so viele Dinge auf einmal.
Seufzend sah Niall seinen besten Freund an und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als die Mädchen hinter Louis auftauchten und schelmisch grinsten.
Louis zog eine Augenbraue nach oben und sah die beiden misstrauisch an. „Was habt ihr denn schon wieder ausgefressen?"
„Gar nichts", gab Amy übertrieben unschuldig zur Antwort und Louis schüttelte seinen Kopf. Er hatte gar keine Zeit, sich jetzt darum zu kümmern.
„Harry und Liam sind schon in der Kirche", wand er sich also wieder Niall zu und sah demonstrativ in Richtung des Eingangs. „Bist du soweit?"
Ein letztes Mal atmete der Pädagoge tief durch und nickte schließlich. „Ich bin soweit."
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Animus
Hayran KurguLouis und Harry haben Eins gemeinsam. Sie haben beide jeder eine fünfjährige Tochter. Der Eine lebt mit seiner Frau das Leben in einer angesehen Gesellschaftsschicht, der andere kämpft sich als Lehrer und alleinerziehender Vater durch die Mittelschi...