Ich kann witzig sein...

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„Wofür brauchst du Badesachen in den Chortagen?"
Jane stand mit verschränkten Armen vor ihm und beobachtete ihn dabei, wie er seine Reisetasche packte.
„Die Erzieherin meinte, es sei ein schöner See in der Nähe", flunkerte er und lächelte sie einen Moment lang an, bevor er die Badehose in seine Tasche packte.
„Ein See!", rief sie entsetzt aus, „Das kommt gar nicht infrage. Victoria wird nicht in einem schmutzigen Tümpel baden, in dem jeder nur erdenkliche Dreck schwimmt."
Harry verdrehte die Augen und stieß ein tiefes Seufzen aus. „Ich werde doch dabei sein", versuchte er, seine Frau zu beschwichtigen. „Und ich werde auch dafür sorgen, dass sie danach sofort duschen geht."
Entschlossen schüttelte Jane den Kopf. „Harry", hob sie mahnend ihren Zeigefinger, „Das ist widerlich. Ganz abgesehen davon - was sollen denn die Leute denken, wenn sie im Matsch umherspringt?"
Entnervt lehnte Harry sich gegen den Kleiderschrank in ihrem Schlafzimmer und verschränkte ebenfalls beide Arme. „Ist das dein Ernst?", wollte er von ihr wissen, „Ich kenne niemanden, der von einem Bad im See krank geworden ist."
„Darum geht es doch gar nicht!", kreischte sie und warf fassungslos die Hände in die Luft. „Meine Tochter wird nicht in verdrecktem Wasser spielen. Außerdem kann sie noch nicht einmal schwimmen! Harry, was denkst du dir denn dabei?"
Herr im Himmel, dachte Harry bei sich, das konnte doch jetzt nicht tatsächlich ihr Ernst sein.
„Hörst du mir nicht zu?", gab er gereizt zurück und sah sie eindringlich an. „Ich sagte doch, ich bin dabei. Ihr kann nichts passieren."
„Was, wenn sie das dreckige Wasser verschluckt und Durchfall oder irgendwelche Keime bekommt?"
Harry atmete geräuschvoll aus. „Sie badet in einem See, Jane, nicht in einer Klärgrube."
Entsetzt schnappte seine Frau nach Luft. „Harry!", rief sie aus, „Seit wann benutzt zu solche Ausdrücke?"
Am liebsten hätte Harry seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Noch bevor er fortfahren konnte, kam ihm Jane zuvor: „Außerdem - stell dir vor, euch würde jemand sehen!"
„Wir fahren nach Wales, Jane!", rief er schließlich aus und warf ratlos die Hände in die Luft, „Nach Wales! Das ist fast fünf Stunden Fahrt entfernt - wer sollte uns dort bitte kennen?"
Jane antwortete ruhig. Zu ruhig. „Man kann nie wissen."
„Okay!", Harry packte die Badehose aus seiner Tasche und warf sie zurück in den Kleiderschrank. „Okay, wir gehen nicht baden. Zufrieden?"
Dass er Victoria's Badesachen längst in seiner Tasche verstaut hatte, sagte er ihr lieber nicht.
Seine Frau lächelte. „Nicht ganz", antwortete sie dann, „Leg die Hose doch bitte ordentlich in den Schrank, sonst entsteht eine solche Unordnung."
Er fragte sich einen Moment lang, ob sie das wirklich ernst meinte, oder ob sie ihm einfach nur auf die Nerven gehen wollte. Denn das tat sie. Zweifelsohne.
Mit kontrollierter Wut fischte Harry also die Hose wieder aus dem Schrank, legte sie ordentlich zusammen und räumte sie schließlich wieder ein.
„Möchtest du nicht ein paar Anzüge mitnehmen?", flötete Jane, „Du kannst doch nicht einfach in Jeans rumlaufen."
Eigentlich war Harry ein sehr geduldiger Mensch. Aber Jane war kurz davor, diese Geduld gewaltig überzustrapazieren. „Was ich anziehe, kannst du noch immer mir überlassen", antwortete er schließlich, „Findest du nicht?"
Sie stand auf und ging einige Schritte auf ihn zu, ehe sie ihm einen Kuss auf die Lippen drückte. „Sei doch nicht gleich so gereizt", sagte sie, „Ich mein's dir doch nur gut."
Harry atmete einmal tief ein- und wieder aus. „Ich weiß."
Sie drückte ihm einen weiteren Kuss auf die Lippen und ging dann zur Tür. „Pack bitte ein paar Anzüge ein, Schatz. Nur für den Fall."
Dann war sie auch schon zur Tür hinaus.
Harry ließ sich stöhnend auf das Ehebett fallen und vergrub den Kopf in den Händen. War er ein schlechter Ehemann, weil er sich freute, sie ein paar Tage los zu sein?
„Daddy!", riss die Stimme seiner Tochter ihn da plötzlich aus seinen Gedanken, als er spürte, dass sich jemand neben ihm aufs Bett warf. „Können wir los?"
Harry lächelte und strich ihr sanft durch die braunen Locken. „Natürlich, meine Kleine. Hast du denn auch an alles gedacht?"
Victoria nickte stolz. „Ich habe sogar Herr Hase eingepackt."
Herr Hase war Victoria's Stofftier. Harry's Vater hatte ihn ihr zur Geburt geschenkt - seitdem hatte sie keine Nacht mehr ohne ihn verbracht.
Ein Lächeln huschte über das Gesicht ihres Vaters. „Na dann", sagte er schließlich, „Lass uns losfahren."
Während Harry die beiden Reisetaschen und das Zelt heimlich im Auto verstaute, damit Jane nicht weiter auf die Idee kam, seltsame Fragen zu stellen, für die er keine Ausreden hatte, kletterte Victoria vergnügt auf seinen Beifahrersitz.
Harry schloss den Kofferraum und verabschiedete sich mit einem flüchtigen Kuss von Jane, die eben im Türrahmen erschienen war. „Passt gut auf euch auf", sagte sie, ehe sie kurz nach seiner Hand griff.
„Das werden wir."
„Ich liebe dich, Harry", sagte sie schließlich und lächelte ihn mit ihren strahlend weißen Zähnen an.
Harry zog sich der Magen zusammen. „Ich liebe dich auch."
Warum fühlte es sich plötzlich so falsch an, diese Worte zurück zu sagen? Vermutlich ganz einfach, weil er noch genervt von ihrem Theater im Schlafzimmer war.
Das musste der Grund sein.
Während er in seinen Wagen stieg und den Motor anließ, suchte Victoria in der Mittelkonsole nach dem Bibi und Tina Hörspiel, das Harry ihr gestern gekauft hatte. „Können wir das bitte anhören?"
Harry lächelte, und die Vorfreude auf die kommenden Tage wuchs. „Natürlich."
Während er die CD einlegte, drang Jane's Stimme erneut an sein Ohr. „Harry!", rief sie lautstark über den Innenhof, während sie auf den Wagen zu gesprintet kam.
Gereizt ließ Harry den Kopf gegen die Kopfstütze des Fahrersitzes fallen und umklammerte das Lenkrad fester. „Ja, Liebling?"
Während er die Tür öffnete, kam Jane mit einer Flasche Sonnencreme vor ihm zum Stehen. „Du hast die Sonnencreme vergessen."
Er rang sich ein Lächeln ab und nahm ihr die Flasche aus der Hand. „Danke. Wir sehen uns in ein paar Tagen."
Wieder drückte sie ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen und verabschiedete sich schließlich endgültig von ihrem Ehemann und ihrer Tochter, bevor sie die Tür des Wagens wieder schloss und sie dabei beobachtete, wie sie davon fuhren.

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