Harry konnte seinen Wagen nicht starten.
Die Sicht war durch die unzähligen Tränen blockiert und auch sein Herz weigerte sich, hier wegzufahren.
Alles in ihm sträubte sich dagegen jetzt zu seiner Frau zu fahren.
Und wenn Harry ehrlich zu sich war, dann wollte er das auch nicht. Er wollte zu Louis, zu dem Mann, den er liebte.Schniefend wischte sich der Anwalt die Tränen aus den Augen und sah aus dem Auto. Er stand noch immer auf dem Parkplatz vor Louis' Wohnkomplex und je länger er dort stand, desto schwerer wurde sein Herz. Wie ein Bleiklumpen lag es in seiner Brust, machte ihm das atmen schwer und schien ihm etwas mittteilen zu wollen.
Es fühlte sich so falsch an, Louis zurück zu lassen und der Anwalt wusste, dass er niemals in seinem Leben wieder glücklich werden würde. Er konnte vielleicht Jane eine heile Welt vorspielen, aber nicht sich selbst. Niemals wieder würde er den wundervollen Lehrer aus seinem Kopf bekommen. Niemals wieder würde er für jemanden solche tiefen Gefühle haben.
Niemals.
"Was mache ich hier eigentlich?", hauchte Harry zu seinem Spiegelbild, welches er im Rückspiegel begutachtete und atmete tief ein. Er schloss seine Augen, versuchte seinen Herzschlag zu spüren, aber es schien, als wenn es den Dienst eingestellt hatte.
Es schien nur in der Gegenwart von Louis zu schlagen.
Der Anwalt öffnete seine Augen, sah hinauf in das Fenster, hinter welchem Louis sich vermutlich gerade die Augen ausweinte.
"Nein", hauchte Harry leise und schüttelte den Kopf. "Nein, ich kann das nicht".
Der Lockenkopf legte seine Hand auf die Türklinke des Wagens, als von jetzt auf gleich eine Unmenge an Adrenalin durch seine Venen jagte. Sein Herz schien wieder zu leben, raste in einem Affentempo, als Harry aus dem Wagen steig und eilig zum Wohnhaus rannte.
Mit hämmernden Herzen schloss er die Haustür auf, den Schlüssel hatte er Louis nicht wiedergegeben und jetzt war er mehr als glücklich über diesen Zufall.
In Windeseile hatte er die Treppen hinter sich gelassen, merkte wie das Adrenalin ihn in einen Rausch setzte und sein Herz sprang vermutlich gleich aus seiner Brust, aber das war dem Anwalt egal.
Er schloss die Wohnungstür auf und stürmte entschlossen in die Wohnung.Erschrocken sprang Louis vom Sofa auf, sah den keuchenden Anwalt verwundert an. Er war viel zu baff um irgendwie zu reagieren.
"Louis", kam es schnaufend aus Harrys Mund. "W-was willst du noch", wollte der Lehrer kraftlos wissen und merkte, wie ihm erneut die Tränen kamen.
"Dich".
Mit zwei großen Schritten war Harry auf Louis zugeeilt, hatte ihn in seine Arme gezogen und ihm sütrmisch seine Lippen aufgedrückt.
Louis wich allerdings geschockt zurück, traute seinen Ohren nicht und fühlte sich wie im falschen Film.
"Hör zu", flüsterte Harry und machte erneut einen Schritt auf Louis zu. Mahnend sah der Lehrer den Anwalt an, wich erneut zurück und schüttelte wütend den Kopf. "Ich werde dir sicherlich nicht zuhören", motzte er, doch der Anwalt ließ Louis keine Wahl.
"Ich...ich will das alles nicht", kam es rau und verletzt aus Harrys Mund, gefolgt von einem Schluchzen. Die Tränen waren wieder da und rissen Harry erneut in den Abgrund. "Ich liebe dich", hauchte er schmerzlich und ließ sich auf die Knie sinken. "Dich, Louis. Ich liebe dich und nicht sie".Auch Louis kamen wieder die Tränen, als er den Anwalt so aufgelöst auf den Knien sah. Trotzdem - er hatte ihn doch gerade verlassen.
"Du hast deine Entscheidung getroffen", kam es kalt aus Louis' Mund, die Tränen unterdrückend und bemüht um eine emotionslose Maske, aber es gelang ihm nur semi.
Harry rappelte sich wieder auf, sah dem Lehrer in die blauen Augen und trat mutig einen Schritt auf ihn zu. "Ich war überfordert", gestand er, nahm die Hand des Wuschelkopfes in seine eigene und machte erneut einen Schritt auf ihn zu, überrascht, dass Louis ihm die Hand nicht entzog.
"Ich...ich saß die ganze Zeit im Wagen und ich konnte einfach nicht los fahren".
Louis musterte das verweinte Gesicht des Mannes, den er liebte und versuchte aus alle dem hier schlau zu werden. Er war so verletzt, aber - aber er liebte diesen Mann und hörte ihm deshalb zu.
"Ich konnte nicht los fahren, weil es falsch ist. Ich liebe dich, Louis und ich will weiterhin mit dir diesen Weg gehen".
Louis' Herz polterte einmal. Wollte Harry nicht noch eben bei seiner Frau bleiben, da er sie nicht verlassen konnte? Er wollte sie doch nicht im Stich lassen, so zumindest seine Worte.
"Ich werde Jane alles sagen, werde für das Baby da sein, aber nicht mehr an ihrer Seite. Ich will bei dir sein, Louis, will mein Leben mit dir verbringen".
Louis merkte, wie sein schmerzendes Herz begann zu schlagen. Die Scherben sammelten sich wie von alleine wieder auf und auch wenn Louis sauer sein sollte, verletzt und wütend, so keimte in ihm wieder einmal die Hoffnung auf ein Happy End auf.
Erneut machte Harry einen Schritt auf den Lehrer zu, stand nun unmittelbar vor ihm und sah ihm tief in die Augen. Seine Hände legten sich auf die Wangen seiner großen Liebe, strichen sanft über die stoppelige Haut und bescherten Louis ein unglaubliches Gefühl.
"Verzeih mir, dass ich so überreagiert habe.", flüsterte Harry, legte seine Stirn gegen die von Louis und schloss seine Augen. "Bitte glaube mir, wenn ich dir sage das ich dich liebe und bei dir sein will".
Louis schluckte. Er wusste nicht was er machen sollte.
Konnte er Harry das alles glauben?
Er wollte es so sehr, aber er hatte auch seine Zweifel. Wer garantierte ihm, dass er es sich erneut anders überlegen würde?
Harry, der Louis' Zögern bemerkte löste seine Stirn von Louis' und sah ihm wieder in die Augen.
"Ich werde es Jane sagen, sofort, wenn du das möchtest. Ich werde noch heute Abend meine Frau verlassen, so wie wir es geplant hatten".
Louis zögerte noch immer.
Wenn Harry sich das alles erneut anders überlegen würde, würde er das nicht überleben.
Wie oft kann ein Herz brechen, ohne das man davon Schaden trägt?
"Bitte, Louis, gib mir noch eine Chance. Ich werde es dir beweisen".Seufzend schloss Louis seine Augen. Er liebte diesen Mann wie keinen anderen und seine Gefühle waren das reinste Chaos.
Dennoch nickte er, öffnete seine Augen und sah Harry mahnend an. Er hatte keine andere Wahl, denn sein Herz handelte in diesen Augenblick und nicht sein Kopf.
"Ich gebe dir noch genau diese eine Chance. Verbock es nicht".Überglücklich nickte Harry, wollte Louis vor Freude küssen, doch der Lehrer wich zurück und schüttelte seinen Kopf. "Beweis mir, wie Ernst du es meinst".
~~**~~
Harry war noch nie so schnell bei seinem Haus angekommen wie in dieser Nacht.
Eilig lief er die Einfahrt entlang, öffnete die Tür und ging in das Wohnzimmer, wo seine Frau auf dem Sofa saß und telefonierte. Als sie ihn sah, beendete sie das Gespräch und war verwundert über das Erscheinungsbild ihres Mannes.
Hatte er geweint?
Und wieso sah er eigentlich so zerzaust aus?
"Wir müssen reden", begann Harry und setzte sich seiner Frau gegenüber in den schicken Ohrensessel, der vermutlich teurer war als das Auto.
Jane hob eine ihrer Augenbrauen, sah ihren Mann wachsam an und ahnte, dass das jetzt kommende ihr nicht gefallen würde. Dennoch setzte sie ein liebliches Lächeln auf, nickte verstehend und deutete ihrem Mann an, zu sagen, was er zu sagen hatte.
Harry atmete tief durch, ehe er seiner Frau direkt in die Augen sah und das aussprach, was er schon so lange hätte sagen sollen."Ich liebe dich nicht mehr".
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Animus
FanfictionLouis und Harry haben Eins gemeinsam. Sie haben beide jeder eine fünfjährige Tochter. Der Eine lebt mit seiner Frau das Leben in einer angesehen Gesellschaftsschicht, der andere kämpft sich als Lehrer und alleinerziehender Vater durch die Mittelschi...