Mémoire 37

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"Da vorne ist Licht! Ich kann es sehen!", rief ich und unsere Schritte wurden schneller. Wir hatten es aus den Katakomben hinausgeschafft. Mittlerweile war die Sonne wieder aufgegangen und das zwitschern der Vögel sowie die Glocken der Kirche waren klar vernehmbar gewesen.

Mit aller Kraft stießen wir gegen ein Metalltor, welches die Katakomben von einer Straße unter einer Brücke abtrennte und fielen zusammen mit diesem in die Freiheit.

"Endlich draußen!", keuchte Vanitas.
"Frische Luft!", keuchten wir alle drei erleichtert.

Langsam richtete ich mich vom Boden auf und Vanitas tat es mir gleich, während sich Noé am Boden voran zog.

"Meinst du das war die richtige Entscheidung?", fragte Noé.
"Also das wir Roland den Rest überlassen haben."

Vanitas zuckte mit der Schulter. "Was weiss ich? Aber das mit den Fluchträgern hat sich hier ja erledigt. Mein Interesse an dem Fall hat sich damit verabschiedet."

Während die beiden sich unterhielten zog ich so tief Luft wie ich konnte und versuchte meine Augen an die herrschende Helligkeit zu gewöhnen. In den Katakomben war die Luft dünn und von Staub belastet gewesen. Wieder frische Luft schnappen zu können war daher eine willkommene Abwechslung gewesen. Ich betrachtete meine Reflektion im Wasser, welche direkt unter der Brücke entlang floss. Mein Gesicht war von Staub und Dreck geziert und auch die Klamotten die ich trug sahen nicht besser aus. Ein ordentliches Bad hatte ich mir mehr als nur verdient.

Als ich mich umdrehte, um zu Noé und Vanitas blicken zu können, weitete ich meine Augen.
Vanitas spielte an seinen Haaren herum, bis er letztendlich sein Haarband packte und es von seinen Haaren riss. Die Haare die er zu einem Zopf gebunden hatte lösten sich und flogen zusammen mit dem Wind umher.

Ich betrachtete diesen Anblick wie paralysiert und beobachtete wie sich Vanitas gegen Noé's Rücken mit seinem eigenen lehnte, als beide Rücken an Rücken auf dem Boden saßen.

"Man bin ich müde.", murmelte Vanitas als er seine Augen schloss und Noé lächelte.
"Das überrascht mich nicht. Mir geht es genau so. Nicht wahr, (Y/N)?"

Ich blickte mit großen Augen zu Noé und nickte.

"Ja... Ich bin auch unfassbar müde. Wir haben uns alle eine ordentliche Mütze schlaf verdient, hm?", sagte ich mit einem leichten lächeln auf den Lippen.

Ich gesellte mich zu Noé und Vanitas und lehnte mich mit meinem Rücken gegen beide, meinen Blick auf das Wasser vor mir gerichtet, bis auch meine Augen nachgaben und ich sie langsam schloss.

"Du hast wirklich großartige Arbeit geleistet. Ich weiss nicht ob ich in deiner Situation so viel Mut bewiesen hätte. Du hast mich wirklich überrascht, (Y/N).", sagte Noé mit ruhiger Stimme. Schwach öffnete ich meine Augen und legte meinen Kopf zur Seite um ihn sehen zu können.

"Ohne dich hätte ich das niemals geschafft. Du bist wirklich eine großartige Hilfe, Noé. Ich glaube ich verstehe jetzt weitaus besser was es bedeutet ein Vampir zu sein und das nur dank dir. Danke Noé, wirklich... Ich meine es aus tiefstem Herzen."

Noé weitete überrascht seine Augen und eine leichte röte schlich sich auf seine Wangen. Noé mochte Komplimente mehr als jeder andere Vampir auf dieser Welt, er konnte es nur schlecht verbergen.

"Und was Vanitas anbelangt...", ich wandte meinen Kopf nun zur anderen Seite um den Schwarzhaarigen zu sehen, welcher seine Augen einen Spalt öffnete und mich aus dem Augenwinkel heraus betrachtete.

"Ich bin wirklich fasziniert von dir und deiner Arbeit. Am Anfang dachte ich du wärst selbstgefällig und egoistisch, doch über die Zeit in den Katakomben habe ich gemerkt das dies nicht stimmt und ich ein total falsches Weltbild von dir die ganze Zeit über hatte. Du denkst mehr an andere als es zu wirken scheint und versuchst wirklich immer anderen zu helfen, auch wenn es aussichtslos scheint und du einen ansporn brauchst. Diese Art macht dich wirklich einzigartig und besonders."

Ich lächelte breit mit geschlossenen Augen und Vanitas weitete seine Augen überrascht.
Er zögerte, presste seine Lippen zusammen und überlegte was er sagen sollte, bis nach einigen Sekunden seine Stimme die herrschende Stille durchbrach.

"Du bist auch nicht übel.. oder so ähnlich..."

Es waren nur wenig Worte, doch dieser Satz hatte mehr Wert als tausend Worte. Er wandte seinen Blick ebenfalls mit leicht geröteten Wangen ab und ich lachte.

Langsam rappelte mich auf und umarmte die beiden Männer. "Ich bin wirklich froh euch zu kennen.", murmelte ich mit einem seufzen.

"Vielen Dank für alles."

Ich ließ von ihnen ab und verneigte mich etwas.
"Ich würde euch gerne weiterhin gesellschaft leisten, aber ich muss schauen ob alles in Ordnung mit meinem Geschäft ist. Ruht ihr euch ordentlich aus, ja? Wir sehen uns!"

Noé winkte mir lächelnd zu, während Vanitas Hand sich nur leicht in der Luft befand und sich ein wenig von links nach rechts bewegte, während er seinen Kopf an Noé's Rücken abgestützt hatte und mich keines Blickes mehr würdigte.

Meine Beine setzten sich in Bewegung und ich lief die Straßen Paris entlang. Die Sonne knallte mir auf die Haut und sofort wurde mir angenehm warm. Ich hatte die Sonne, die Luft und die Wärme wirklich ein wenig vermisst.

"Endlich kann ich wieder meiner Arbeit nachkommen!", sagte ich zufrieden.

Durch Gassen, Straßen und schmalen Gängen hindurch rannte ich durch Paris, bis die Straßen vertrauter waren und ich an meinem Ziel angekommen war.

Doch was ich vorfand war nicht das was ich mir erhofft hatte, ganz und gar nicht.

Geschockt weitere ich meine Augen und meine Beine gaben unter mir nach. Ich sackte zusammen und starrte auf das was ehemalig mein Geschäft war.

Es brannte! Es brannte vor meinen Augen nieder!

"Meine Schneiderei!"
Dicke Rauchschwaden zogen zum Himmel hinauf und einige Menschen hatten sich einige Meter entfernt um das Geschäft herum versammelt und tuschelten aufgeregt. Viele von ihnen waren selbst Kunden gewesen, welche ich schon einige Male selbst bedient hatte.

Und nun war alles niedergebrannt. Meine Hoffnungen, meine Träume und auch meine einzige Zuflucht. Der Traum die bekannteste Schneiderin Paris zu werden war zerbrochen.

"Mademoiselle (Y/N)!", eine Stimme rief nach mir und langsam blickte ich in die Richtung aus welcher sie kam. Es war mein Lehrling gewesen.

"Ist alles in ordnung?", fragte ich als ich mich sofort aufrappelte und ihn besorgt mit beiden Händen an der Schulter packte.

"Mir ist zum Glück nichts passiert, ich war außerhalb des Geschäfts.", erklärte er.

"Wie ist das Feuer entstanden?", fragte ich doch er schüttelte mit dem Kopf. "Ich weiss es nicht. Als ich wiederkam brannte bereits alles. Irgendwer muss dafür verantwortlich sein, da bin ich mir sicher!"

Ich nickte und meine Augen fielen wieder auf die Flammen. Zusammen mit meinem Lehrling sah ich dabei zu wie das Gebäude in sich zusammenstürzte und wirklich nichts mehr übrig blieb.

Dies war der schlimmste Tag meines Lebens.

Bloodbound (Vanitas x Reader) [Vanitas no Carte/The case study of Vanitas]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt