Mémoire 66

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Etwas mehr als 10 Tage waren nun schon seit meinem letzten Besuch bei Vanitas und Noé vergangen. Mein Arm hatte sich mittlerweile fast vollständig wieder erholt, Vampir sei dank. Dennoch musste ich mich noch ein wenig schonen, konnte nun aber schon wieder fast ein normales Leben genießen.

Die Tage hatte ich damit verbracht zu genesen und das Buch zu lesen, welches ich mittlerweile in dieser Zeit um die drei Mal komplett verschlungen hatte.
Auch konnte ich einige Dinge für Louanne flicken, wie kleinere Löcher oder rausgezogene Nähte aus ihren Kleidern. Mit einer Hand war es zwar schwer, aber nicht unmöglich.

Louanne hatte mich dennoch strickt an das Bett gebunden, damit ich mich schnell wieder erholen konnte. Sie wollte nicht das ich mich überanstrengte und dafür war ich ihr sehr dankbar.

"Dennoch tut es gut mal wieder die frische Luft und die Sonne zu genießen.", seufzte ich zufrieden als ich mich ausgiebig streckte. Ich war auf einer kleinen Einkaufstour, um für Louanne und mich Lebensmittel zu besorgen. Am Abend wollten wir einen leckeren Quiche Lorraine zubereiten, daher konnte ich es kaum abwarten alle nötigen Sachen dafür zu besorgen. Mein Magen war genau so erfreut gewesen wie ich, das spührte ich.

Während ich wie viele anderen Menschen durch Paris ging, fiel mir eine Person in der Masse besonders auf. Weißer Hut, weißer Mantel und dazu weiße Haare. Es war fast wie ein Déjà-vu unserer ersten Begegnung, wo mir an Noé die selben Sachen aufgefallen waren.

"Hey, Noé–", ich hob grüßend meine Hand, doch verharrte in meiner Position, als ich bemerkte wie Noé sich auf den Boden hockte und etwas zu beobachten schien. Meine Augen folgten der Position seines Kopfes und ich erkannte ein kleines Café mit mehreren Tischen und Stühlen im Freien. An einen von ihnen befanden sich drei Männer.

"Das ist doch... Vanitas! Und da ist ja auch Roland! Aber wer ist dieser dritte Mann? Den habe ich noch nie zuvor gesehen... Immerhin ist Vanitas wieder auf den Beinen und—"

"Na, weil es widerwärtig wäre! Wer könnte sich jemals... in jemanden wie mich verlieben?"

Ich vernahm Vanitas Stimme und weitete geschockt meine Augen. Auch Noé zuckte kurz zusammen, doch sein Gesicht konnte ich leider nicht erkennen, da ich einige Meter hinter ihm stand.

"Bitte... was? Verlieben? Redet er etwa von... Jeanne?"
Mein Atem stockte und ich legte eine Hand auf meine Brust.

"Kein Grund zur Sorge!", rief Roland als er Vanitas Hände in seine nahm, welcher erschrocken aufschrie.

"Selbst wenn du dich nicht liebst, du kannst dir Gewiss sein das meine selbstlose Liebe zu dir wesentlich stärker ist und ausreichend für uns beide sein wird! Und auch wenn du Gottes Liebe nicht wahrnehmen kannst, so wird diese Liebe uns allen gleichermaßen zu Teil! Lieben und geliebt zu werden ist nichts wovor man sich fürchten muss!"

"Also gerade fürchte ich mich nur vor dir!", rief Vanitas als er sich von Roland losriss.

"Das war ein Fehler! Zu glauben mit jemanden wie dir Reden zu können! Du Strohkopf! Strohkopf sage ich! Bleib mir bloß vom Leib, sonst stecke ich mich noch an!", rief Vanitas als er so schnell er konnte das Weite suchte. "Vogelscheucheeee!"

"Was... war das denn?", hauchte ich erstaunt als ich Vanitas in der Ferne nicht mehr erkennen konnte.

"Na los, beeil dich und renn ihm hinterher.", hörte ich Roland sagen. Er sprach mit Noé, welcher sich aufrichtete und Vanitas hinterher rannte.

"Mach' ich! Wir sehen uns, Roland!", sagte Noé als er verabschiedent seinen Hut abnahm und ebenfalls in der Distanz verschwand.

Enttäuscht verließ ich den Ort des Geschehens.
Ich versuchte nicht mal den beiden hinterher zu rennen.

"Wer könnte sich jemals... in jemanden wie mich verlieben?"

Vanitas Worte schossen mir wieder in den Kopf, als ich in der Masse der Menschen verschwand.

"Warum bringen mich diese Worte so zum Nachdenken? Habe ich irgendetwas komisches getrunken als ich mich an Vanitas Blut gelabt habe?"

Ich began zu überlegen.
"Warum... hasst er sich so? Er sieht sich selbst als etwas abstößiges... aber warum nur?"

Irgendwie freute ich mich nicht mehr auf den Quiche. Meine Stimmung - die so gut angefangen hatte - war im Keller. Diese Begegnung traf mich härter als ich es mir gewünscht hätte und sie erinnerte mich an Vanitas Worte Wochen zuvor im Gévaudan.

"Warum nur nimmt mich das so mit? Es ist doch Vanitas Angelegenheit. Verdammt..."

Ich spührte wie meine Kehle trocken wurde und meine Augen begannen vor Schmerzen zu brennen.

"Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Das ist alles deine Schuld, Vanitas..."

Ich erledigte den gesamten Einkauf trotz meiner Gefühle und inneren Schmerzen. Mein Herz fühlte sich so an, als würde es sich immer weiter und weiter zusammenziehen, wie eine Weintraube, welche langsam zu einer Rosine verkam.

Mein Einkauf schien länger gedauert zu haben als Louanne es sich erhofft hatte. Kaum hatte ich ihr Haus betreten kam sie zu mir und nahm mir die Einkäufe ab.

"Hey, ist alles in Ordnung, Liebes?"

Ich spührte wie ihre Augen besorgt auf mein Gesicht schauten, doch ich würdigte ihr keines Blickes und schüttelte stattdessen mit dem Kopf.

"Nein...", flüsterte ich als ich mich langsam mit meinem Kopf auf ihre Schulter lehnte, so wie Noé es bei Dominique auf dem Maskenball tat.

Louanne stellte die Einkäufe neben sich auf einer kleinen Sitzbank ab, ehe sie mich so fest umarmte wie sie nur konnte.

"Du musst nicht darüber reden wenn du nicht willst. Aber solltest du dir alles von deinem Herz schütteln wollen werde ich dir zuhören.", flüsterte sie und ich nickte.

Mit einem traurigen Lächeln ließ sie von mir ab.
"Leg dich ein wenig ins Bett, ich schaffe den Quiche auch schon alleine, hm?", sie strich mir mit dem Rücken ihres Zeigefingers über meine Wange und ich nickte.

"Danke..."

Damit ließ ich sie alleine im Eingangsbereich des Hauses zurück und verkroch mich ohne weitere Umwege in mein Bett. Ich drückte das Kopfkissen auf meinen Kopf und began zu schluchzen. Ich konnte mir nicht genau erklären woran es lag, doch eine böse Vermutung baute sich in mir auf.

"Warum nur Vanitas? Warum...? Wieso tut das so weh? Was ist das nur für ein Gefühl? Wieso hört es nicht auf? Warum musste das nur mir passieren?"

Von dem Quiche hatte ich an diesem Abend kein Stück gegessen.

Bloodbound (Vanitas x Reader) [Vanitas no Carte/The case study of Vanitas]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt