Kapitel 27 - „Schau mal Finn da ist dein Papa."

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Am nächsten Morgen wachte ich ziemlich kaputt auf. Mein Kopf hämmerte wie verrückt. Es War kaum auszuhalten. Langsam erinnerte ich mich an den vergangenen Tag. Alles kam mir wieder in den Sinn. Das Spiel, Raul, die Küsse... und wieder kribbelte mein Bauch leicht. Als meinen Kopfkissen leicht grummelte richtete ich mich schmunzelnd auf. Der Finne lag noch tief schlafend in meinem und hatte noch immer seine Klamotten vom Vortag an. Erst wollte ich ihm einen Kuss geben aber dann schreckte ich doch zurück. Denn irgendwo schwirrte in meinem Kopf der Gedanke herum, was machst du denn wenn du jetzt was mit Raul anfängst und Riku dann ganz plötzlich aufwacht? Einem müsste ich dann definitiv das Herz brechen... und das wollte ich einfach nicht. Also stand ich leise auf und schlich nach unten in die Küche. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits elf Uhr am morgen war. Gegen dreizehn Uhr wollte mein Vater meine Kinder wieder vorbei bringen. Ich machte mir Kaffee und Toast und setzte mich dann ins Wohnzimmer. Irgendwann gesellte sich dann auch Raul zu mir. Zwischen uns herrschte Stille. Sie war leicht unangenehm. Keiner wusste wie es jetzt weiter ging... vor allem mit uns beiden. „Kimberly..." Oh... Ich kniff die Augen zusammen. Mein ganzer Name hatte meist nie etwas gutes zu heißen. „Was ist das mit uns? Wie geht's jetzt weiter?" Mir wurde unangenehm heiß. „Ganz ehrlich? Ich weiß nicht... Ich glaube ich brauche etwas Zeit um darüber nach zu denken." Er räusperte sich. „Oh... Ok. Ich glaub ich gehe jetzt mal besser..." An der Haustür sah er mir noch einmal in die Augen. „Wie lange?" Ich schluckte. „V...Vielleicht so vier Wochen..." Er drückte nochmal ganz kurz seine Lippen auf meine. Es war so schnell, dass ich nicht reagieren mit. Mit einem seufzen sank ich hinter der Tür zusammen, als diese geschlossen war. „Bis dann."
➡Jetzt waren es noch 1110 Tage...⬅

„Du Mama?" Lennja stand mit Lilja an der Hand im Türrahmen. Zwei Wochen waren vergangen seitdem Raul und ich uns das letzte Mal gesehen hatte und ich musste zugeben, dass ich ihn schon irgendwo vermisste. „Was den Mäuschen?" Sie kamen zu mir aufs Sofa. „Schläft Papa eigentlich immer noch?" Mit traurigen Augen nickte ich. „Dürfen wir ihn trotzdem mal besuchen?" Überrascht sah ich sie an. „Seid ihr ganz sicher, dass ihr das wollt?" Beide stimmten sie mir zu. „Na gut. .. Vielleicht nächstes Wochenende?" Lennja fing an zu strahlen. „Jaaa Mama." Schon war sie wieder weg und Lilja hab mir zu verstehen, dass sie auf meinen Schoß wollte. Sie schlang, so gut sie konnte, ihre dünnen Ärmchen um mich. „Ich vermisse Papi." Wieder einmal schossen mir Tränen in die Augen. Es war für alle nicht einfach, aber die Mädchen traf es nochmal auf eine besondere Weise. Sie waren noch so lange und verstanden noch längst nicht alle Gründe dafür, dass ihr Papa nicht da war. Ich nahm den Kopf meiner Tochter zwischen meine Hände. „Ich verspreche dir das alles gut wird Mäuschen." Mut großen Augen sah sie mich an. „Ganz wirklich?" Ich lächelte schwach. „Ja liebes." In dem Moment fing Finn an zu schreien. Er war wohl aufgewacht. „Alsoooo ich geh jetzt mal nach deinem Bruder schauen. Kommst du mit?" Sie verneinte: „Nö. Ich geh lieber mit Lilja spielen." Schon hüpfte sie aus dem Zimmer und ich ging zu Finn, nahm ihm in seinem Zimmer auf den Arm. Seine großen Baby Augen blickte mich neugierig an, dann glückte er fröhlich und fing an nach essen zu verlangen. „Vermisst du Riku eigentlich auch Finn? Ich meine theoretisch kennst du ihn ja nicht, aber du spürst doch bestimmt auch das etwas wichtiges hier fehlt, oder?" Vergeblich auf eine Antwort wartend schüttelte ich meinen Kopf. Jetzt führte ich tatsächlich schon Selbstgespräche.
➡Jetzt waren es noch 1096 Tage...⬅

„Jetzt mach doch mal schneller Mama." Genervt pustet ich Luft aus. Die Woche war viel zu schnell vergangen und heute War der Tag an dem ich den Mädchen das erste Mal Riku besuchen wollte. Die beiden standen schon meterweit vor mir an der großen Tür zum Krankenhaus. Ich war mir immer noch nicht wirklich sicher, ob es richtig war die drei mit hier her zu nehmen. Bei Finn war es praktisch egal, der schlief auch gerade relativ ruhig in seinem Tragesitz aber bei den Mädchen... Ich war mir nicht sicher wie sie auf ihren Vater reagieren würden Sonst bekam man Riku nähmlich eigentlich relativ schnell wach und jetzt... jetzt würde er einfach nicht aufwachen. Bevor wir rein gingen kniete ich mich noch einmal vor sie. „Ihr wisst noch was ich euch gesagt hab?" Beide nickten stolz. „Jap Mama. Ganz leise und lieb sein." Lennja grinste stolz und spazierte dann rein. Lilja ergriff zögernd meine Hand. Sie sah ängstlich aus. Verständlich... Krankenhäuser hatten schon immer eine... Naja sagen wir merkwürdige Atmosphäre. Bis zu dem Zimmer wo Riku lag brauchten wir nur wenige Minuten. Die Krankenschwestern und Ärzte begrüßten uns alle freundlich. Inzwischen mussten mich wohl alle hier etwas kennen. Vor Rikus Zimmer blieb ich einen Moment stehen und schloss meine Augen. Lennja hüpfte ungeduldig von einem Bein auf das andere. „Los jetzt Mama." Ich öffnete meine Augen wieder. Na dann mal los...
Ich öffnete vorsichtig die Tür und schob die beiden mit einer Hand in den Raum, in der anderen hielt ich immer noch Finn. Auf einmal war Lennja nun doch ziemlich ruhig geworden. Finn stellte ich auf den im Raum stehenden Stuhl. Aufmundert sah ich meine Töchter an. Sie standen ziemlich verloren an der Tür. Tief durchatmend dreht ich mich um und ging auf Rikus Bett zu. Langsam setzte ich mich neben ihn und beugte mich nach unten. „Hey mein Schatz." Ich legte meine Lippen auf seine Stirn. „Wie geht's dir? Ich hab dir Besuch mitgebracht." Ich streckte meinen Arm nach den beiden aus und langsam kamen sie auf das Bett zu. Ich hob Lennja hoch unter setzte sie neben Riku auf das Bett. Sie strich gan zaghaft über Rikus Arm. „Hallo Pa...pa." Ich strich über Lennjas Haar. „Schatz Finn, Lennja und Lilja sind mit hier. Sie wollten dich gerne Wiedersehen." Lilja zog vorsichtig an meiner Hose. „Wieso redest du mit Papa, Mama? Er kann dir doch gar nicht antworten." Ich hob sie lächelnd auf meinen Schoß. „Weil die Ärzte gesagt haben, dass es Papa gut tun wenn wir mit ihm reden. Dann wacht er vielleicht irgendwann wieder auf." Sie sah mich mit großen Augen an und kletterte dann neben Lilja. Beide kuschelten sich ganz vorsichtig an Rikus. Wenn ich richtig sah, hatten sie beide wässrige Augen. Lilja hatte ihre winzigen Arm auf Rikus Bauch gelegt. Man konnte ein leises Murmeln hören. „Ich hab dich ganz ganz doll lieb Papa." Ich beobachtete das eine Weile bis ich Finn hoch hob der gerade aufgewacht war. „Schau mal Finn da ist dein Papa." Es war ein wirklich komischer Moment. Wir waren das erste Mal als Familie richtig zusammen und doch war Riku irgendwie nicht da.
➡Jetzt waren es noch 1089 Tage...⬅

Der Tag an dem ich Raul eine Antwort geben wollte rückte immer näher und ich würde immer nervöser. Ich hatte viel nachgedacht und war bis jetzt zu keinem wirklichen Schluss gekommen. Ich wusste nur, dass ich Riku über alles liebte und Raul... Was war eigentlich mit Raul? Ich mochte ihn, sehr sogar, aber ob man da schon von Liebe sprechen konnte wusste ich nicht. Auch war da der Punkt, dass Riku theoretisch jeden Tag aufwachen könnte, auch wenn die Ärzte sagten, dass die Chance dafür von Tag zu Tag geringer wurden. Ich wusste nicht was wollte, konnte mich auch nicht entscheiden. Wenn ich die anderem fragte waren sie alle ziemlich der selben Meinung. Ich sollte wohl mit Raul zusammen kommen, da ich ja nicht ewig allein bleiben konnte und doch dachte ich mir wenn ich mich darauf einlassen würde, würden mich bestimmt ständiges Unwohlsein und ein dauerhaftes schlechtes Gewissen heimsuchen, aber... Ja Irgendwie gab es immer ein aber. Bei Raul fühlte ich mich besser sonst... Irgendwie geborgen. Wenn ich doch nur mit Riku reden könnte... Kurz entschlossen sprang ich auf. Genau das würde ich morgen tun. Ich würde zu Riku fahren und mit ihm reden.
➡Jetzt waren es noch 1086 Tage...⬅

Am nächsten Tag stieg ich wieder einmal am Krankenhaus aus. Ich ging selben Weg wie seit Wochen zu seinem Zimmer, traf die selben Leute. Tief atmend betrat ich das Zimmer. Riku lag wie immer in den letzten Wochen in diesem Bett. Nichts hatte sich verändert. Es sah immer noch so aus als ob er schlafen würde. Wie immer begrüßte ich ihn mit einem Kuss auf seine Stirn und wie immer sagte er nicht, dass ich doch lieber hätte seine Lippen küssen sollen. Ich setzte mich neben ihn auf das Bett und nahm vorsichtig Rikus Hand. „Hey Schatz. Ich bin mal wieder hier. Weißt du es wäre schön, wenn du mir mal wieder antworten könntest. Ich vermisse dich ziemlich. Die Mädchen auch... Das hast du ja letztes Wochenende gesehen. Aber warum ich eigentlich hier bin. Also ich muss dir was erzählen und ich muss dich was fragen. Weißt du auf Samis und Suzannas Hochzeit halt Raul mich geküsst und vor vier Wochen ist es dann wieder passiert. Da war es aber von mir aus. Weißt du ich hab ihn wirklich gern. Ich hab gesagt ich brauch vier Wochen Zeit um zu überlegen was das zwischen mit und ihm ist. Morgen ist die Zeit um... Ich weiß es aber immer noch nicht. Alle meinen ich soll es probieren, aber ich hab Angst, dass du dann aufwachst und dann muss ich einem von euch das Herz brechen und das will ich nicht. Deswegen wollte ich dich fragen was ich jetzt machen soll?" Ich holte einmal Luft und blickte nervös auf Rikus Gesicht. „Weißt du ich hab mir was überlegt... Wenn... wenn du was dagegen hast, dass Raul und ich zusammen kommen dann wach bitte jetzt auf. Wenn du jetzt nicht aufwachst dann seh ich das als Zeichen an, dass ich es einmal mit Raul versuchen soll." Gespannt sah ich Riku weiter an, doch es blieb still. Mir liefen inzwischen Tränen aus den Augen. „Bitte Riku wach jetzt auf. Bitte." Ich saß noch Stunden an seinem Bett und nichts passierte und so kam es schließlich, dass ich sein Zimmer spät Abends verließ. Eine Entscheidung war jetzt also getroffen.
➡Jetzt waren es noch 1083 Tage...⬅

Stormy End (Sunrise Avenue FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt