Kapitel 15 - „Danke Samu. Danke. Danke. Endlich geht sie mal ein bisschen raus."

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Ich schüttelte den Kopf. „Nein Liebling. Er kann nicht." Sie zog an meinem Hosenbein und ich hin sie wieder hoch. Lilja war inzwischen wieder in den Armen meiner Mutter. „Warum denn nicht Mama? Hat er uns nicht mehr lieb?" Ich schluckte schwer. Wie konnte sie bloß so etwas denken? „M...maus... Natührlich hat Papa uns noch lieb. Es geht ihm bloß nicht so gut und er schläft jetzt erstmal." Sie hörte mir aufmerksam zu. „Wie lange denn Mama?" Ich strich ihr über ihre Wange. „Ganz lange Maus. Ganz lange..." Nur ein paar Sekunden später hörte ich sie laut schluchzen und spürte wie mein Shirt nass wurde. Auch Lilja weinte wieder. „Weißt du Mäuschen. Er muss sich ausruhen, damit er wieder gesund wird." Länge könnte ich die beiden nicht beruhigen, meine Mutter ebenfalls nicht. Spät Abends kamen wir dann bei meinen Eltern an. Die Kleinen hatten so viel geweint und dabei so viel Kraft verloren, dass sie sofort einschliefen. Nachdem ich sie zu Bett gebracht hatte sank ich kraftlos neben meiner Mutter auf das Sofa im Wohnzimmer. Ich legte meinen Kopf auf ihren Schoß und weinte wieder. Sie strich mir unaufhörlich durch meine Haare. Wie froh ich doch damals war,  dass meine Mama für mich da war.

Die nächsten Wochen kamen mir unendlich vor. Kaum gingen sie vorbei. Kaum konnte ich es ertragen bei meinen Töchtern zu sein, zu sehr erinnerten sie mich an Riku. Ich wohnte wie abgemacht bei meinen Eltern in meinem alten Kinderzimmer. Die Tür hatte ich die ganze Zeit geschlossen und die Vorhänge waren zu gezogen. „Kim komm schon. Lass uns mal reden." Es klopfte an meine Tür. „Du brauchst ein bisschen frische Luft Maus. Lass uns ein wenig rausgehen." So viele Male. „Liebes. Bitte. Die Kleinen fragen schon ob ihre Mama sie nicht mehr lieb hat." Jedes Mal ignorierte ich die Stimmen. „Glaubst du Riku würde das wollen? Dass du dich zu feritg machst." Jedes mal lag ich mit dem Kopf im Kissen vergruben im Bett und weinte Stunden lang. Wieso verstanden sie alle nicht wie ich mich fühlte? Wieso konnte sie nicht verstehen, dass ich allein sein wollte? Am liebsten wollte ich nie wieder jemanden sehen oder mit irgendwem reden, bis Riku wieder wach wurde. Doch das War nicht möglich, denn auch der Tag der Geburt meines Sohnes rückte immer näher. Wieder einmal klopfte es. Ich zog mir das Kissen über den Kopf, hoffte dass es einfach aufhörte. Ich wollte nicht raus. Dabei wusste ich, dass dieser Termin bei meinem Arzt so wichtig war. Für mich und auch für das Baby. Es klopfte wieder und dann öffnete sich, ohne eine Antwort von mir, langsam die Tür.

Ein blonder Wuschelkopf schob sich durch die Tür. Verwundert sah ich zu ihm. „Was machst du denn hier Samu?" Er sah mich schwach lächelnd an, mit den Händen in seinen Hosentaschen. „Ich dachte ich schau mal nach dir und außerdem hast du doch heute den Arzt Termin." Er ging auf das Fenster zu und zog die Vorhänge auf. „Du kommst mit?" Er nickte und lies sich neben mich aufs Bett fallen. Einen Arm legt er um meine Schultern, drückte mich so ein wenig an sich. „Wie geht's dir so Kimie?" Seufzend vergrub ich meinen Kopf an seinem Hals. „Scheiße... Richtig Scheiße..." Er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. „Kann ich verstehen. Mir geht's nicht besser. Weißt du wenn ich damals nicht im Krankenhaus gelegen hätte wäre das alles nicht passiert und Riku..." Mahnend schlug ich leicht auf seine Schulter. „Hör auf dir dafür die Schuld zu geben Samu. Du kannst nichts dafür. Niemand..."

Samu fuhr sich durch seine blonden Haare. „Ich weiß... aber... Ich will ihn doch einfach nur zurück." Jetzt zog ich ihn zu mir, drückte seinen Kopf an mich. „Ich vermisse Riku... Kimie." Ich krallte mich an ihn fest und konnte spüren wie meine Wangen wieder einmal feucht wurden. „Samu... W...wo ist eigentlich V...vivi?" Er löste sich verzweifelt von mir. „Sie ist für ein paar Wochen weg... Hat wohl irgendeinen  wichtigen Job bekommen... Mir fällt zu Hause momentan einfach die Decke auf den Kopf." Plötzlich ließ er sich zurück fallen und zog mich mit sich. Kurz quiekte ich überrascht auf. Samus Herzschlag beruhigte mich dann aber relativ schnell wieder. Das erste Mal seid ein paar Wochen fühlte ich mich ein winziges Stückchen besser.

Eine Weile blieben wir dort einfach so liegen, keiner von uns sagte ein Wort, bis Samu sich räusperte. „Wie spät ist es?" Ich hob meinen Kopf leicht und sah auf die Uhr. „Kurz nach 13 Uhr... Wieso?" Er richtete sich nun auf, sodass ich ebenfalls wieder aufrecht saß. „Dann sollten wir gleich los. Dein Termin ist doch um 14 Uhr oder?" Zögernd nickte ich und starrte für einen Moment auf Samus Hand, welche er mir gerade entgegen hielt. Letztendlich ergriff ich sie dann doch, obwohl ich eigentlich immer noch nicht raus wollte. Aber es musste ja sein. Auch während wir nach unten gingen hielt er weiterhin meine Hand fest und wurde dort von meiner Mutter in die Arme geschlossen. „Danke Samu. Danke. Danke. Endlich geht sie mal ein bisschen raus." Sie entließ ihn aus der Umarmung und strich sanft über meine Wange. „Lasst euch ruhig Zeit. Du kannst ein bisschen Ablenkung gut gebrauchen... Aber nachher würde ich gerne nochmal mit dir reden, Kimberly." Innerlich zuckte ich etwas zusammen. Es war nie gut wenn sie mich bei meinem vollen Namen nannte. So wusste ich, dass sie es absolut ernst meinte und ja, irgendwo könnte ich mir denken, worüber sie sprechen wollte.

Stormy End (Sunrise Avenue FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt