75) Freiheit

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Endlich hatte das Klingeln an der Tür aufgehört. Willow fragte sich ob es Steve war, aber sie war zu kraftlos um nach zusehen, also blieb sie einfach im Bett liegen und starrte aus dem Fenster wie die letzten Tage zuvor auch.

Ihr Hund treu an ihrer Seite hatte seinen Kopf an ihre Hüfte gelegt und sie gewärmt. Nur für das Nötigste war Willow die letzten Tage aus dem Bett aufgestanden. Ihre Mom hatte sich sogar nach ihr erkundigt warum es ihr nicht gut ginge als sie bemerkte das Willow offenbar seit Tagen nicht in der Schule war.

Doch mit tränenden Augen hatte sie weiter aus dem Fenster gestarrt und ihrer Mom keine Antwort gegeben. Sie hatte noch keine Kraft ihr zu sagen, dass sie bald Oma werden würde. Ihren Termin beim Gynäkologen hatte Willow am Mittwoch gehabt und sie weinte als der Arzt ihr bestätigte das sie Schwanger sei, bereits in der Sechsten Woche, wie Willow es vermutet hatte. Der Arzt hatte ihr Weinen falsch aufgefasst und wollte sie über einen Abbruch unterrichten, ehe sie ihm ins Wort fiel:,, Das Baby bleibt bei mir."

Auch wenn sie seltsamerweise wirklich glücklich war, war sie unfassbar traurig. Traurig ihre Große Liebe verloren zu haben, wegen etwas, was sie liebte und er nicht... Sie streichelte über ihren flachen Bauch und hing ihren Gedanken nach. Ob es wohl ein Junge oder ein Mädchen wird? Wie er/sie aussehen wird? Dieses Baby kann einfach nur wunderschön werden...

Es läutete wieder die Klingel und Willow schrak zusammen. Exakt dreißig Minuten lang hat jemand immer wieder die Klingel betätigt, doch sie verblieb in der Position bis ihr auffiel das es Zeit für Prinz Charmings Runde war. Das war einer der wenigen Gründe weswegen sich Willow aufraffen konnte.

Ein letztes Mal presste sie ihr Gesicht ins Kissen und sog den Geruch ein - den Geruch von ihm. Ihr Herz schmerzte vor Sehnsucht und ständig sah sie ihn vor sich. Sie träumte sogar von ihm. Langsam setzte sie sich an die Bettkante und trank erst einmal was ehe sie das Geschirr ihren Hund anlegte und die beiden langsam das Haus verließen.

Die Sonnenbrille war ihr stetiger Begleiter sobald sie das Haus verließ, sie erschrak sich selbst jedes Mal wenn sie einen Blick in den Spiegel warf, dass ihre Augen überhaupt noch geöffnet waren, so rot und geschwollen waren sie vom ständigen Weinen.


,, Chichi!" Resigniert schüttelte sie den Kopf, ständig hörte und sah sie ihn. Wie oft sie sich vorgestellt hatte seinen blauen Camaro vor der Tür zu sehen wenn sie mit ihrem Hund das Haus verließ. Wie oft sie ihn schon nach ihr rufen hören hatte, unbeschreibliche quälende Illusionen ihrer Hoffnung. Sie hörte ihn seinen Namen immer wieder rufen.

,, Jetzt komm!" herrschte sie Prinz Charming an der nicht wie gewohnt bei Fuß lief. Ehe sie noch einen Schritt nach vorn setzen konnte, stieß sie mit jemanden zusammen.

,, Entschuldigung!" murmelte sie, ehe sie erschrocken innehielt. Gegen diesen Oberkörper war sie bereits so oft gestoßen das sie sofort aufsah und in das ernste Gesicht ihres Traummannes sah.

,, Honey?" Es war ein Flüstern, war das jetzt eine neue Art von Halluzinationen die ihr Hirn ihr vorspielt um sie weiter zu quälen?

,, Chichi." Entgegnete er und ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.

,, Das - nein, dass kann nicht sein." Willow sprach eher zu sich selbst. ,, Was tust du hier?"

,, Happy Birthday." Entgegnete er und sie wurde immer Fassungsloser.

,, Was?" Ein heiseres Lachen drang aus seiner Kehle.

,, Pack deine Tasche, ich werde dich entführen."

,, Was?" wiederholte sie.

Er berührte ihre Hand und entnahm ihr die Leine von Prinz Charming:,, Du gehst jetzt hoch, packst deine Tasche was du alles über ein Wochenende brauchst während ich mit ihm spazieren gehe."

,, Ich verstehe nicht...?"Irritiert sah sie zu ihm auf und sachte zog er ihr die Sonnenbrille runter und sie sah den Schock in seinen blauen Augen. Ja, sie sah wirklich scheiße aus.

,, Pack einfach alles ein was du und Prinz Charming braucht, dann fahren wir los." wiederholte er erneut. ,, Und am besten heute noch Chichi." fügte er ungeduldig hinzu und legte sanft seine Hand auf ihre Wange und ihr Herz füllte sich wieder mit Leben. Was diese simple Berührung dieses Mannes in ihr auslöste.

Langsam setzte sich Willow in Gang und drehte sich immer wieder herum um wirklich sicher zu gehen das er hier war. Das er tatsächlich ihren Hund hatte. Mit Freude im Herzen die gerade  ihren Körper wieder belebte eilte sie hoch und sprang erst einmal unter die Dusche. Das Wasser erweckte ebenfalls ihre Lebensgeister und im Handtuch gehüllt, packte sie ihre Tasche. Sie packte genügend Futter für ihren Hund ein, ein paar leichte Sachen aber auch dickere, sie wusste ja nicht was er vor hatte.

Frisch geduscht und mit gepackter Tasche stürmte Willow die Treppen hinunter und ein Lächeln bildete sich als sie ihn mit ihrem Hund vor seinem Camaro stehen sah. Er eilte auf sie zu und nahm ihr die schwere Tasche ab. Sie musste Schmunzeln als eine alte Decke auf seiner Rückbank ausgebreitet war und Prinz Charming sich darin einkuschelte.

,, Hast du deiner Mom einen Zettel hinterlassen?" richtete er sich fragend an sie, aber sie ertrank in seinen blauen Augen die sie so vermisst hatte. Fragend zog er seine Augenbrauen zusammen.

,, Hast du deinem Dad Bescheid gegeben?" Lachend startete er den Motor und die ersten Stunden schwiegen die beiden.

Sie war glücklich das er hier bei ihr war, dass er sogar an ihren Geburtstag dachte und offenbar etwas plante. Doch was genau hatte das alles zu bedeuten?

,, Ich spüre das du mich anstarrst." murmelte er und hatte gewohnt nach seinen Zigaretten gegriffen als er innehielt und seine Hand zurück ans Lenkrad führte.

,, Ich habe dich vermisst." offenbarte sie und konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. Da ergriff er plötzlich ihre Hand, führte sie zu seinen Lippen und drückte ihr einen Handkuss auf.

Dann trat das Schweigen wieder auf, aber es war kein unangenehmes Schweigen. Die ganze Fahrt hatte er ihre Hand fest in seiner gehalten und Willow konnte nur hoffen, dass sie gerade nicht einfach in ihrem Bett eingeschlafen war und alles nur träumte. Billy hatte angehalten und holte ein Tuch hervor.

,, Ab hier ist es für dich ein Blindflug." informierte er sie und verband ihr die Augen. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, es hätten Minuten aber auch Stunden des Unwissens sein können, als der Wagen endlich zum Stehen kam.

Er öffnete ihre Tür und sie hörte es bereits... ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Er umfasste ihre Taille und sie hörte das Klimpern von Prinz Charmings Geschirr, er führte also mit der anderen Hand ihren Hund. Sie liefen ein Stück als er ihr half ihre Schuhe auszuziehen und dann spürte sie es. Sie spürte den Sand unter ihren Füßen und sie spürte diese Freiheit.



Billy Hargrove - Hold my HandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt