120. Richtig oder Falsch

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Überrascht sah der Sensei mich an. Es schien ihm nicht wehgetan zu haben.
"Sehr gut, sehr gut.", sagte er lächelnd und kam auf mich zu, "Vielleicht haben Sie ja doch was drauf."

Wütend sah ich ihn an, "Ich habe alles was ich kann von Sensei Kreese gelernt.", ich wollte meinen Vater nicht erwähnen, nicht sagen, dass ich ich vieles von ihm gelernt hatte.
Doch Kreese war auch der Sensei meines Vaters, also war meine Aussage nicht ganz falsch.

Er ließ mich alleine weiter trainieren und kümmerte sich weiter um seine Ausstattung.
Als ich eine Pause macht, holte ich mein Handy aus meiner Tasche.
4 Anrufe und 3 Nachrichten von meinem Vater und eine Nachricht von Miguel.

Wo bist du?
Bobby hat mich angerufen.
Ruf mich an, bitte.

Ich stöhnte genervt und sah anschließend was Miguel geschrieben hatte.

Dein Dad macht sich Sorgen.

Ich verdrehte die Augen und starrte auf mein Handy. Ich guckte mir noch ein Mal die Nachrichten von meinem Dad an.
"Stimmt etwas nicht?", Kreese war aufgetaucht und stand mit verschränkten Armen in der Tür.

Ich blickte auf und sah schnell zur Seite, "Es ist nur...", begann ich zögernd, "Mein Dad. Wir haben Streit. Ich will nichts mehr von ihm wissen.", flüsterte ich.
Er kam langsam auf mich zu, "Was ist passiert?"

Ich wusste nicht, ob ich es dem Sensei erzählen sollte. Schließlich war Robby sein Schüler und mein Vater und ich hatten so gesehen nur wegen meinem Bruder Streit.
Ich sah zu Boden. Kreese stand inzwischen direkt vor mir.

"Du bist wie dein Vater. Du denkst zu viel über Dinge nach, statt dich auf das Wesentliche zu konzentrieren."
Fragend sah ich auf.
"Dein Dad war oft abgelenkt, weil er und sein Stiefvater nicht klar kamen. Doch er hat sich zusammen gerissen und genau das erwarte ich auch von dir."

Ich atmete kurz durch, "Ja, Sensei."
"Also sehe ich dich morgen beim Training?", Kreese sah mich mit einem harten Blick an.
Ich nickte nur, während ich meine Sachen zusammenpackte.
"Vertrag dich mit deinem Dad.", rief er mir hinterher, als ich mich auf den Weg zur Tür machte.

Ich wollte nicht nach Hause, doch ich wusste nicht wo ich sonst hin sollte.
Ich trieb mich also auf den Straßen herum, wie ich es damals gemacht hatte. Beobachtete die Leute und hing in Geschäften herum, bis ich rausgeschmissen wurde.

Plötzlich klingelte mein Handy und riss mich aus meinen Gedanken.
"Was willst du?", fragte ich desinteressiert, als ich abnahm.
"Enna. Bitte komm nach Hause. Lass uns reden. Ich weiß wir sind immer noch dabei dieses Vater Tochter Ding aufzubauen und ich bin noch nicht so gut darin ein guter Dad zu sein. Aber du musst mir eine Chance geben."

Es wurde still auf der anderen Seite. Ich dachte kurz nach, "Wie viele Chancen habe ich dir schon gegeben, Dad? Wie viele brauchst du denn noch?", flüsterte ich verletzt.
"Wie oft hast du scheiße gebaut? Wie oft habe ich dich da rausgeholt? Auch wenn ich es dir nie gesagt habe, ich habe dir auch schon viele Chancen gegeben dich zu ändern. Und ich würde dir immer wieder neue Chancen geben."

Ich ignorierte seinen Einwand, "Wieso geht es dir immer nur um Robby? Was ist mit mir? Für wen würdest du dich entscheiden, wenn du müsstest?", meine Stimme brach ab, denn ich hatte Angst vor seiner Antwort. Was war, wenn er jetzt sagte, dass er Robby wählen würde?

"Du bist meine Tochter. Ich würde mir keine andere wünschen wollen. Wir haben es geschafft eine, wenn auch angespannte, Bindung aufzubauen. Bei Robby habe ich das noch nicht geschafft und ich hoffe, dass es irgendwann klappen wird. Ihr seid mir beide wichtig. Keiner mehr oder weniger als der andere, kapiert?", er klang ruhig, fast ausgeglichen.

Doch ich hatte endlich einen Vater und ich wusste tief in mir, dass diese Eifersucht nur Angst war ihn wieder zu verlieren.
Aber ich war kein Weichei und sprach es nicht an, so etwas tut man nicht.
Er wusste, dass er keine Antwort kriegen würde, "Es ist spät. Kommst du nach Hause?", fragte er nun fast sanft.

Ich starrte nur zu Boden. Ich wusste nicht, ob ich wieder ein Mal geschlagen nach Hause kommen sollte. Immer gewann er, immer kam ich zurück nach Hause, als wäre ich auf ihn angewiesen.
Ich schluckte und atmete tief durch, "Ich will nicht mehr nach Hause, Dad.", flüsterte ich, als wäre ich selbst von meiner Aussage kaum überzeugt.

"Enna, ich will dir nicht drohen oder dich erpressen, aber das Jugendamt wird Wind davon kriegen.", er blieb weiter ruhig.
"Immer das Jugendamt. Immer dieses scheiß Jugendamt, Dad. Es ist mir scheiß egal, sollen sie doch kommen und mich mitnehmen.", ich wurde lauter.

Ich hörte meinen Vater laut seufzen und legte auf.
Als würde ich nicht wissen, wo ich eigentlich war, sah ich mich um und zog die Kapuze tiefer in mein Gesicht, bevor ich mich auf den Weg durch einen Park machte.

Ich dachte viel über das Gespräch nach und wusste einfach nicht mehr was richtig war. War mein Vater nur nervig und bescheuert oder wollte er wirklich nur das beste für mich? War es richtig, dass er sich von Cobra Kai abgewendet hatte oder einfach nur feige?

Mein Telefon klingelte erneut, genervt nahm ich ab, denn es konnte ja nur mein Vater sein.
"Yo, Party unten am Strand, bist du dabei?", rief Kyler mir ins Ohr.
"Geht das auch leiser du Vollidiot?", fuhr ich ihn sofort an, "Wie soll ich bitte dahin kommen?"

Kyler wusste kurz nicht was er sagen sollte, "Warum so genervt, Lawrence? Wo bist du, ich hole dich ab, aber wie du nach Hause kommst ist dein Problem, alles klar?"

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt