Kapitel 16 - 'Aish, du hast mich ganz genau verstanden!'

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Ein schief grinsender Ji-Hu steht angelehnt an der Wand, nachdem ich endlich aus meinem Klassenzimmer entlassen werde. Als er mich sieht, stützt er sich von dieser leicht ab und kommt auf mich zugelaufen.

"Annyeong Ji-yun, wie waren deine ersten zwei Stunden?"

Behutsam zieht er mich an meiner Schulter nahe an seinen Körper heran, um mich zu umarmen. Leicht erwidere ich seine Umarmung, indem ich meine Hände an seinen Rücken lege. Ich löse mich relativ schnell wieder von ihm und sehe, dass er immer noch grinst. Dieser Junge hat eindeutig immer zu gute Laune, vor allem schon um so einer Uhrzeit.

"Wie immer, ziemlich anstrengend. Und bei dir?"

Meine restlichen Mitschüler kommen nun ebenfalls aus dem Klassenzimmer herausgeschlendert. Ich bin meistens die erste die die den Unterricht verlässt. Ich will immer so schnell wie möglich weg von dieser Klasse. Wie schon erwähnt, habe ich nicht wirklich viele Freunde und bin froh, wenn ich Ji-Hu endlich sehen kann.

Ein paar der Mädchen werfen mir abwertende Blicke zu, die ich allerdings gekonnt ignoriere. Man gewöhnt sich daran. Damit muss man wohl leben, wenn der beste Freund, der Schwarm vieler Mädchen ist. Ihnen passt es nicht, dass wir uns so nahe stehen. Als würden sie ihn besitzen, richtig gruselig. Dabei brauchen sie sich gar keine Gedanken machen, denn wir sind nur Freunde, mehr nicht.

"Ah, es ging. War relativ langweilig." antwortet er mir gelassen.

Ich nicke leicht und habe mich nun von ihm anstecken lassen, auch etwas zu grinsen. Zwar nicht so breit wie er, aber immerhin ein wenig.

"Lass uns zu unserem Baum gehen." beschließt der Koreaner.

Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, umschließt er mein Handgelenk mit seiner Hand und zerrt mich aus dem Schulgebäude hinaus. Etwas überfordert von seiner plötzlichen Tat, stolpere ich ihm unbeholfen hinterher. Draußen angekommen lässt er mich dann irgendwann los, als er merkt, dass ich ihm sowieso folge.

An dem besagten Baum lassen wir uns nebeneinander auf der darunter stehenden Bank nieder. Hier hat man seine Ruhe von allen anderen. Den Ort kennen nur wir beide, worüber ich echt froh bin. Wenn man mal eine Auszeit von allem braucht, ist man hier genau richtig.

"Wie war es eigentlich gestern? Dein Bruder wollte dir doch seine Freunde vorstellen." ertönt seine tiefe, aber angenehme Stimme.

"Ganz gut eigentlich. Sie sind zwar etwas merkwürdig, aber auf irgendeine Weiße liebenswürdig." erzähle ich amüsiert.

Fragend schaut er mich an.

"Liebenswürdig?"

"Ja. Ich weiß nicht wieso. Irgendwie waren sie mir sofort sympathisch, sie scheinen echt nett zu sein."

Kurz zucke ich mit meinen Schultern.

"Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass es nicht schlimm wird." gibt er triumphierend von sich und plustert sich dabei etwas auf.

Ja, das war immer so wenn Ji-Hu Recht hatte. Er ist dann immer ganz besonders stolz darauf. Man kann sich dann immer Ewigkeiten anhören, wie toll er doch ist. Manchmal hat er echt zu viel Selbstbewusstsein. Klar, Selbstbewusstsein ist gut, zu viel davon ist allerdings unattraktiv.

Genervt rolle ich mit meinen Augen, was ihn allerdings keineswegs stört. Immer noch sichtlich von sich selbst überzeugt, hebt er leicht sein Kinn.

"Los, sage es schon." befielt er mir.

Zähne knirschend weiche ich seinem
Blick aus. Jedes Mal das gleiche mit ihm....

"Sage es. Sage, dass ich recht hatte."

Da ich Ji-Hu jetzt schon eine ganze Weile kenne und deswegen weiß, dass er den restlichen Tag mich sonst nur nerven würde, gebe ich mich geschlagen. Er kann ein ziemlicher Sturrkopf sein.

"Du hattest Recht." knurre ich leise.

"Wie bitte? Ich habe dich nicht verstanden. Was hast du gesagt?"

Er versucht todernst zu klingen, allerdings kann ich deutlich das Lachen hören, dass er versucht zu verkneifen.

"Aish, du hast mich ganz genau verstanden!"

Wütend funkele ich ihn an, woraufhin er mir lachend meine Haare zerzaust und nickt.

"Ich liebe es, dich zum Ausrasten zu bringen, das weißt du doch. Das geht einfach so leicht bei dir."

Annyeong, i'm G to the D.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt