3. Kapitel: (Das Mädchen)

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Benebelt und mit schmerzendem Kopf wache ich auf. Was ist bloß passiert? Auf meiner Zunge liegt ein salziger Geschmack, wahrscheinlich wegen der vielen Tränen die mir in den Mund gelaufen sind...
Als ich mich aufzusetzen versuche explodiert ein nie gekannter Schmerz in meinem Kopf. Als ich ihn berühre klebt Blut an meinen Fingern. Schnell ziehe ich die Hand zurück. Anfangs habe ich völlig vergessen wo ich bin oder was passiert ist...
Als ich mich umschaue ist alles angenehm dunkel und still. Kein Wunder, dass ich mich hier her geflüchtet habe. Aber was um Himmelswillen ist passiert?!
Zwar tut mein Kopf immer noch höllisch weh, aufstehen muss ich aber trotzdem. Nach mehreren Anläufen klappt es endlich. Wankend und mit weichen Knien schaue ich mich um: Die Einrichtung des Hauses ist größtenteils alt, zerfallen und mit Staub bedeckt. Dem Boden geht es nicht anders, deshalb sind meine Klamotten ganz verstaubt. Erschrocken quietschend springe ich einige Meter in die Luft.
Da liegt etwas!
Mit beschleunigtem Herzschlag und Atem mache ich einige Schritte nach vorne, also in die Richtung wo dieser Körper liegt. Es ist ein sehr blasser Knabe der weder Puls noch Atmung hat, kein sichtbares Lebenszeichen. Das Einzige, was darauf hindeutet dass er keine Leiche ist, ist der fehlende Geruch nach Tod und Verwesung. Beweglich ist er auch noch..., keine Leichenstarre...
Wenn ich die Polizei rufen würde, würden sie mich finden und wieder zu dieser schrecklichen Familie bringen! Genauso ist es mit dem Krankenwagen oder sonst irgendeiner öffentlichen Notrufzentrale...
Ich kann ihn doch nicht sterben lassen!
Aber was soll ich tun? Ganz klar: erste Hilfe! Aber was kam nochmal als erstes? Mund-zu-Mund-Beatmung oder stabile Seitenlange? Wann kam die Herzrhythmusmassage? Ehrlich gesagt wäre es mir lieber Abstand zu halten. Der Körper strahlt etwas dunkles und kaltes aus. Als ich die Haut des Jungen berühre durchläuft mich ein Schauer. Für kurze Zeit gefrieren meine Finger und erwachen prickelnd aus ihrer Starre.
Was ist das für eine Kreatur?
Ein Mensch höchstwahrscheinlich nicht.
Seine Augen sind geschlossen, wie friedlich schlafend sieht er aus..., jedoch befällt mich eine unerklärliche Angst als ich ihn von Bauch in Rückenlage drehe. Mit Gänsehaut überall betrachte ich ihn genauer: Seine Kleider sind teilweise zerfetzt und ebenfalls mit Staub bedeckt, so als wäre er jahrelang Teil der Einrichtung gewesen. Hat er die ganze Zeit geschlafen? Was ist passiert?
Die Wunde an meinem Kopf hat aufgehört meine Haare rot zu färben, trotzdem hört sie nicht auf sie weiter zu verkleben. Das wird Jahre dauern es rauszukämmen... Resigniert wünsche ich mich in ein warmes Badezimmer mit einer vollen Badewanne heißen Wassers..., wie schön das jetzt wäre...
Hat er sich bewegt?
Erschrocken zucke ich zusammen. Mein Fluchtinstinkt regt sich. Adrenalin wird freigesetzt...
Kann ich hier weg?
Schnell schaue ich mich nach einem Fluchtweg um. Die Tür steht noch offen! Soll ich fliehen? Wird er ohne meine Hilfe sterben? Was für eine Hilfe?! Die meiste Zeit stand ich sowieso nur wie angewurzelt da und habe ihn angestarrt. Eine große Hilfe war ich ihm bisher nicht. Ein irrwitziges Lachen will sich raus schleichen. Jetzt schon wieder! Er hat sich bewegt!
Wieder durchläuft mich ein Schaudern. Alte Geschichten von Vampiren und Werwölfen spuken durch meinen Geist... Es sind nur Geschichten! Keine Panik! Trotzdem will ich weg, einfach nur weg! Aber es geht nicht! Meine Füße scheinen auf dem staubbedeckten Boden festgefroren zu sein..., alles scheint eiskalt geworden zu sein. Fröstelnd schlinge ich mir die Arme um den Leib, doch alles ist wie erstarrt, keine Wärme dringt in mich, alles bleibt kalt. Meine Angst wächst, droht in Panik umzuschlagen... Bewegen kann ich mich aber immer noch nicht. Anstatt meiner rührt er sich. Erstickte und zischende Laute sind zu vernehmen! Ich will schreien, kreischen bis ich keine Stimme mehr habe, jedoch jagen mir nur weitere Schauer über den Rücken.
Diesmal mischt sich kalter Schweiß dazu.
Weitere erstickte Laute zerreißen die Stille. Die Stimmung ist unheimlich, alles an diesen Räumlichkeiten und dieser Person ist unheimlich! Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein hier her zu kommen!?

Seelengift *komplett fertig/wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt