13. Kapitel: (Unbekannt)

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Irgendetwas landet auf mir und ich falle bäuchlings hin. Schreiend und in Todesangst versuche ich mich auf den Rücken zu drehen, um mich wenigstens einigermaßen zu Wehr setzen zu können. Ich hätte es ganz bestimmt nicht geschafft, hätte der Angreifer es nicht zugelassen ihn in sein blasses, abgemagertes Gesicht mit diesen grauenerregenden Augen zu blicken.
Zitternd versuche ich etwas zu sagen, mich mit schmeichelnden Worten rauszureden, um doch überleben zu können, obwohl es glasklar ist, dass das nichts bringt. Bildhaft kann ich mir vorstellen wie mich dieses Ungeheuer in Stücke zerfetzt.
Ich hab ganz bestimmt das Pech, wie all die anderen an ein besonders aggressives und brutales Exemplar geraten zu sein. Bald wird mein letztes Stündlein geschlagen haben...
Ich fürchte mich nicht mehr, seinem Schicksal kann man eben nicht entgehen. Um zu zeigen, dass ich mich geschlagen gebe, schließe ich die Augen.
Erschrocken zucke ich zusammen.
Eine eiskalte Hand schiebt sich unter meine Kapuze und berührt beinahe zärtlich meine Wange und meinen Hals.
Dieser hier lässt sich Zeit um meine Todesqual zu verlängern! Seine Hand will nur die geeignete Stelle finden um seine Zähne in die perfekte Stelle zu bohren!
Trotzdem habe ich ein seltsames Gefühl.
Dieses Zeit lassen ist keinesfalls normal, ich habe genügende gesehen die durch einen schnellen Genickbruch ums Leben gekommen sind.
Das macht mir noch größere Angst! Seltenheiten bedeuten bei denen ganz bestimmt größere Gefährlichkeit!
Mir wird die Kapuze vom Kopf gezogen und mein hässliches, entstelltes Gesicht kommt zum Vorschein.
Wimmernd beklage ich meinen Untergang.
Warum tötet er mich nicht einfach?! Zu verlieren habe ich sowieso nichts mehr...
"Töte mich doch endlich!"
Panisch kreischend und gleichzeitig resigniert spreche ich diese Worte.
Erstickt aufschreiend werde ich an die Wand gepresst.
Mein Schatten wird verdoppelt an die Steinmauer geworfen. Das Mondlicht hätte mich geblendet, hätte ich nicht mit der Vorderseite zur Wand gestanden.
Er hat mich in die nächstgelegene Gasse geschleppt.
Am ganzen Leib zitternd frage ich:
"Was willst du von mir?"
Kurz zieht er sich zurück, seine Hand hängt unbenutzt an seiner Seite, und mustert mich eindringlich. Sacht tritt er einige Schritte zurück und lässt mich einsam an der hintersten Wand der Sackgasse kauern, wo er mich hat hinfallen lassen. In Tränen aufgelöst versuche ich einen Sinn hinter all dem Getue zuerkennen, leider ist alles in meinem Kopf völlig blockiert.
Er macht einige Schritte auf mich zu und geht vor mir in die Hocke. Als der Vampir wieder seine eiskalte Hand nach mir ausstreckt drehe ich instinktiv meinen Kopf zur Seite und schließe meine Augen. Wie auch nachdem er mich umgeworfen hat berührt er meine Wange und streicht dann bis zu meinem Hals. Meine Halsschlagader pocht in seine Hand.
Er hingegen hat keinerlei Puls, nichts deutet daraufhin, dass er leben könnte. Trotz all der Theorien, dass das unmöglich sei, steht bzw. kniet er vor mir.
Jetzt erst kann ich die alte Frau verstehen, Vampire haben wirklich etwas Faszinierendes an sich. Allein schon wie er sich bewegt, wie er mich anschaut und wie er sich gegenüber mir verhält ist er immer noch menschlich, obwohl meine Bewegungen im Vergleich mit seinen plump und schwer erscheinen.
Sind wirklich alle so wie dieser hier? Kann es sein, dass wir uns geirrt haben? Wieso dachten wir es seien blutrünstige Monster? Weiter komme ich nicht und werde schlagartig daran erinnert WARUM wir dieses Bild von ihnen haben: Ein weiterer Blutsauger kommt dazu. Er hetzt einen in Todesangst rennenden Jungen.
Der, der mich in diese Gasse verschleppt hat, stürzt sich auf mich und deutet an mich beißen zu wollen. Der andere deutet es aber keineswegs nur an: es war nur ein Spiel, klar ist der Verfolger schneller als das Kind und hat ihm nur zum Schein Vorsprung gelassen, um ihn in die Falle zu locken. Mit einem Satz reißt er den Kleinen zu Boden und schlägt ihm noch im Fallen seine Zähne in die Kehle.
Blut spritzt auf die Wände.
Immer noch die Zähne in seiner Beute versenkt springt der Untote auf die Mauer und bringt somit Vorrat mit nach Hause.
Scheinbar konnte er weder seinen Artgenossen noch mich sehen oder hören, denn ich schreie wie am Spieß.
Alles ist eine irreale Hölle!
War das Teil des Plans den mein Angreifer hatte?! Erst mich innerlich zerstören und dann töten?! Ich habe mich blenden lassen! Wahrscheinlich hat er mich unter Hypnose gesetzt damit ich mich willig von ihm beißen lasse!
Es stimmt, die Alte ist völlig verrückt!
Wie kann man denken, dass so ein Teufelsgeschöpf noch irgendwie etwas von der Gutherzigkeit oder des Mitleids eines Menschen in sich hat?! Die Alte ist ganz bestimmt ein Spion, um uns alle zu töten! Sie wird für unseren Untergang verantwortlich sein, jawohl! Sie mit ihren heuchlerischen Worten. Ganz bestimmt will sie uns in die Irre führen damit wir uns ergeben und den Widerstand beilegen.
Niemals werden wir das tun!
Dafür werde ich sorgen.

Seelengift *komplett fertig/wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt