11. Kapitel: (Menschen der Stadt)

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Die Zeit scheint überall in diesem Land stehen geblieben zu sein. Die Stadt und deren Bewohner sehen aus wie im Mittelalter. Nichts hat sich seitdem geändert, abgesehen von den Menschen die altern und irgendwann sterben. Zusätzlich wurden Häuser abgerissen und wieder aufgebaut, sonst bleibt alles gleich.
Alles ist so wie immer.
Keiner weiß wer diesen Fluch ausgesprochen hat.
Sie wissen nicht einmal, dass sie verflucht sind.
Die Bewohner außerhalb sind die einzigen, die diese Stadt sehen können. Die einfache Erklärung ist, dass auch sie nicht verschont geblieben sind. Sie sind zeitlos wie alles in dieser Gegend, sie werden nicht älter und sterben auch nicht.
Es ist nicht genau bekannt was passieren würde wenn der Fluch, der dies alles hier gefangen hält, gebrochen wird.
Keiner weiß das.
Es kann sein, dass sie dann einfach nicht mehr existiert und alles erbarmungslos vernichtet wird.
Wer weiß das schon?
Vielleicht hat der oder diejenige, der des Rätsels Lösung finden wird, schon ein Schlupfloch in diese Welt gefunden.
Besteht Hoffnung für so viele unschuldige Seelen?
Bald wird es passieren, die Karten werden offen gelegt und aller Schwindel kommt ans Licht.

Es ist Vollmond.
Die Menschen haben mehr Angst als je zuvor.
Alle außer einer älteren Witwe, die seelenruhig in ihrem Schaukelstuhl sitzt.

Die Menschen verlieren sich in hektischer Panik, jeder versucht sich in Sicherheit zu bringen oder zu fliehen

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Die Menschen verlieren sich in hektischer Panik, jeder versucht sich in Sicherheit zu bringen oder zu fliehen. Feiglinge lassen alles hinter sich, sogar ihre Familien.
Nur nicht diese seltsame Alte.
Wartet sie etwa darauf von diesen abscheulichen Kreaturen zerfetzt und ausgesaugt zu werden?
Im Allgemeinen lebt sie eher alleine, zurückgezogen und verschlossen. Die Menschen meiden sie, irgendwie ist sie wie eine Fremde, denn keiner kennt ihren Namen. Hier ist sie schlicht und ergreifend „die merkwürdige Alte". So verwunderlich ist dieser Titel gar nicht, schließlich gelten ältere Menschen sowieso als verwunderlich.
Die Tore sind immer noch nicht offen, niemand hat seitdem die Stadt verlassen. Die Menschen schreien unablässig:
„Das ist unser Untergang! Das ist unser Untergang!"
Es nützt nichts, die Zahl der Einwohner schrumpft jedes Mal rapide. Keiner kann sich verstecken, es ist reiner Zufall wer überlebt und wer stirbt.
Von der anderen Möglichkeit weiß die Menschheit gar nichts, denn diejenigen, die als Lebendtoter zurückkehren, sind nicht am Plaudern interessiert um ihre Erfahrung mitzuteilen. Ihre ehemaligen Freunde und Angehörige erkennen die Zurückgekehrten nicht einmal, andersrum ist es genauso.
Die "Schutzbunker nützen nichts, jeder Versuch ist für die Katz, keiner kann sich verstecken. Sie kommen näher, ein Warnhorn ertönt:
„Sie kommen, die Vampire kommen!"
Die Schreie werden lauter, die Panik steigert sich. Verzweifelt hämmern Bewohner an das alte Holztor das sie von der "Freiheit" trennt. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie sich dadurch in nicht geringere Gefahr begeben.

Die Jagd hat begonnen.
Schreiende Opfer werden bei lebendigem Leibe aufgeschlitzt, viele Knochen knacken lautstark und brechen letztendlich. Wenige versuchen sich vergeblich zu verteidigen. Das Ende vom Lied: am nächsten Morgen werden sie mit ihrer eigenen Waffe im Leib, tot und nicht weniger verstümmelt als die restlichen Leichen, gefunden. Der Tod ist das Schicksal aller, egal ob sie wieder auferstehen oder nicht.
Aber diese seltsame Frau überlebt jedes Mal, es ist nicht vorgesehen, dass jemand ihr Alter erreicht und trotzdem ist sie schon stolze 80 Jahre alt. Das sind sehr viele Jahre in denen es unzählige Angriffe auf die Stadt gegeben hat.
Es waren aber nicht nur Vampirangriffe, in dem Fall sind sie faire Jäger die es zulassen, dass sich ihre Beute regeneriert und fortpflanzt, Menschen jedoch sind grausamer als die Kreaturen der Nacht, denn Menschen lassen sich keine Chance zu Erholung. Viele Kriege zerstörten ihre Heimat, auch sie verfiel oft in Panik, jetzt jedoch, im Laufe des Alters, hat sie gelernt ruhig und gelassen zu bleiben.
Die Vampire scheinen sie gar nicht zu bemerken, sei es weil sie nicht schreiend um ihr Leben rennt (was ihr im Übrigem gar nicht mehr möglich ist) oder weil sie seelenruhig zuschaut wie ihre Mitbewohner abgemurkst werden.
Die Augen der Frau sind vortrefflich trainiert, denn sie kann die schnellen Bewegungen der Vampire in normaler Geschwindigkeit oder fast schon in Zeitlupe sehen. Sie betrachtet die geschmeidigen, katzenartigen Bewegungen der "Angreifer" und kennt inzwischen jeden einzelnen von ihnen, einige sogar bei ihren alten, längst vergessenen Namen.
Jedoch diesen einen, den sie zu sehen begehrt, war nie dabei, höchstwahrscheinlich auch jetzt nicht.
Sie hat viel durch ihre Beobachtungen gelernt, beispielsweise dass alle von dem Oberhaupt gesteuert werden oder nur die Erwachsenen als Nahrungsquelle dienen und Jugendliche in ihre Reihen aufgenommen werden. Außerdem gibt es bei ihnen seltsame Rituale, beispielsweise viele verschiedene, kunstvolle oder einfache Arten zu töten.
Schon allein die Kommunikation und die Verhaltensweise zwischen den Vampiren sind höchst interessant.
Eigentlich müsste man sich vor diesen Kreaturen gar nicht fürchten, auch sie müssen irgendwie überleben.
Die alte Frau hat oft versucht den Menschen der Stadt die Angst zu nehmen, kurz darauf erfolgte ein Angriff und alle Mühe war mal wieder umsonst. So kam es, dass ihr keiner mehr zuhören wollte und man sie für verrückt erklärt hat.
Aber wieso?
Die Frau ist doch ganz klar im Kopf, wie kommt es, dass man sie so nennt, obwohl sie als einzige die Wahrheit, das Leid dieser gequälten Geschöpfe, kennt?
Verächtlich hätte das Weib gekrächzt:
„Sie lassen sich von ihren Ängsten blenden und vergessen somit, dass manch einer einst zu ihrer Familie oder ihren Freunden gehört hatte. Sie sind bloß von den Toten auferstanden und nichts anderes als verlorene Menschen ohne Seelen und Moral.
Viele Menschen handeln nicht besser, mit einem entscheidendem Unterschied: Menschen werden nicht gezwungen, aber diese armen Kreaturen werden es. Die Menschen jedoch werden es keineswegs, obwohl sie dies stets behaupten. "
Das ist zumindest die Meinung der alten Dame.
"Wie kann man diese armen, gequälten Seelen "Monster" nennen? Jeder hat doch irgendetwas, dem man entfliehen, dass man vergessen will. Was ist daran so verwerflich und unverständlich"
Ihrer Meinung nach könnte es durchaus sein, dass die Menschen neidisch auf die Ruhe und die Gleichgültigkeit sind, die sich die Blutsauger angeeignet haben.
Vielleicht jedoch sind sie in den Augen der Menschen Teufelsboten, die die begangenen Sünden rächen und die Sünder bestrafen sollen.
Menschen haben eine grenzenlose Fantasie.
Böses ist in ihren Augen auf ewig böse.
Zu viele Angehörige und Freunde wurden vor ihren Augen wegen den Vampiren zu entstellten Opfern.
Sie können nicht vergeben und nicht vergessen.

Seelengift *komplett fertig/wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt