Irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Auf einmal ist sie blass und kalt, beinahe so, als wäre sie von jetzt auf gleich einfach so gestorben. Panisch suche ich nach irgendeinem Anzeichen von leichtem Pulsschlag, spüre aber kaum etwas. Schlaff und mit geschlossenen Augen hängt sie in meinen Armen und zeigt kaum Lebenszeichen, sogar ihr Atem ist viel zu flach. Verzweifelt versuche ich sie wachzurütteln. Keine Reaktion. Panik und unbändige Wut ringen in mir und bringen mich fast um den Verstand. Was ist los mit ihr?!
Mit Leichtigkeit hebe ich sie hoch und trage sie auf meinen Armen. Wohin kann ich sie bringen? Sie braucht Hilfe!
Unbekannte und wahrscheinlich menschliche Gefühle verschleiern mir die Sicht und lassen mich taumeln.
Gedächtnisverlust und wirre Fetzen von Erinnerungen, die kaum sichtbar und dazu noch undeutlich sind, führen zusätzlich zu Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Ich kann nicht genau sagen, welche Momente die schlimmsten sind: das Nichtwissen oder die pseudo Erinnerungen.
Ich nehme kaum etwas wahr, wanke einfach nur wie ein Betrunkener durch die Gegend.
Als wäre ich gestolpert, falle ich nach vorne, schaffe es aber noch rechtzeitig sie von meinen Armen sanft auf den Boden rollen zu lassen, bevor mein Gesicht ein weiteres Mal im Laub landet. Mit unendlicher Anstrengung gelingt es mir, meinen Kopf zu heben. Wie vorprogrammiert fällt mein Blick auf zwei schwarze Punkte mit weißer Mitte an ihrer entblößten Kehle. Wie kleine Zielscheiben zeigen sie mir die Stelle in denen ich meine Zähne diesmal tiefer versenken soll. Die Bewegung in die Richtung dieser Punkte fällt mir auf einmal sehr leicht und geschieht beinahe schon von selbst. Als ich mich aufsetze lege ich das Kind in meinen Schoß und lege ihren Kopf an meine Brust. Um dem Drang zu widerstehen, sie sofort zu beißen, schließe ich meine Augen. Mir ist bewusst, dass jede Sekunde zählt, um ihr schwindendes Leben zu retten, zusätzlich, dass ich ihr so gar keine Wärme geben kann. Also bleibt nur noch eine Lösung...
Wahrscheinlich ist das alles ein Teil des Plans des Monsters. Sie will doch nur, dass ich zu ihr zurückkomme!
Gut, sie soll ihren Willen haben. Ich muss das Mädchen retten, koste es was es wolle. Aber eines unterschätzt sie, die Liebe zu dem Kind.
Allein schon der Gedanke, dass mein Gift meine Kerze nun doch durchdringt und mein Plan möglicherweise nicht aufgehen könnte, und somit mein Licht in der Dunkelheit endgültig erlischt, bringt mich fast um.
Langsam nähern sich meine Lippen den Punkten und berühren letztendlich ihre kalte Haut. Wieder entblöße ich meine spitzen Eckzähne, die sich dann doch tief in ihre Halsschlagader bohren. Augenblicklich fühle ich, wie ihr Blut gegen meine Zähne brandet. Tränen rinnen aus meinen Augen und verätzen meine Haut auf ihrem Weg nach unten.
Ich muss, was auch immer sie gerade umbringt, aus ihr herausholen und auf mich übertragen, denn ich halte das definitiv besser aus als sie.
Es scheint zu helfen, ihre Wangen werden rosiger, ihr Herzschlag kräftiger.
Mich kostet es eine heiden Anstrengung mein Gift zurückzuhalten und dafür dann ihr Blut von dem Unbekannten zu reinigen. Als immer mehr davon in mich strömt, merke ich, wie es mehr und mehr an meinen Lebensreserven zehrt, es ist wirklich stark, aber ich bin stärker!
Sobald sich ihr Zustand stabilisiert hat ziehe ich meine Zähne aus ihrem Hals und halte das Kind fest.
Mit ironischer Zärtlichkeit flüstere ich in die Dunkelheit: "Du bist als wieder da. Ich wusste, dass du mich nicht lange allein lassen wirst, obwohl es nur ein winziger Teil deiner Selbst ist, der in mir gewachsen ist. Aber ich werde es zu verhindern wissen, dass du dich weiter in mir ausbreitest und wieder die Kontrolle über mich erlangst. Darauf kannst du Gift nehmen!" Nur leise und undeutlich kann ich das unheilvolle Kichern vernehmen.
Das Mädchen öffnet ihre Augen. Sie scheinen aber nichts zu sehen und nichts wahrzunehmen. Sie zeigen weder Emotion noch Leben. Sie sind blau, aber nicht ausgefüllt wie die Meinen damals, der schwarze Punkt der Pupille sticht klar heraus.
Ihr Gesicht verzieht sich zu einer hässlichen, abstrakten Fratze. Am liebsten hätte ich diesem Ebenbild ins Gesicht geschlagen, aber es wäre das Falsche gewesen, das ich verletzt hätte.
Wie mechanisch legt das Mädchen ihre Hand an meine Wange, verdeckt die leeren Augenhöhlen mit ihren Lidern und legt ihre Lippen auf die Meinen.
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Seelengift *komplett fertig/wird überarbeitet*
VampireAnfangs bin ich wie tot, ausgelaugt und geschwächt von den Kämpfen zwischen mir selbst und der Macht, die in mir haust und mich zu dem gemacht hat wer bzw. was ich jetzt bin - ein Vampir. Doch dann kam sie, meine Kerze, mein Licht in der Dunkelhei...