Ungewissheit

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***Tylers Sicht***

Als Daniel erneut angefangen hatte zu krampfen, war ich total in Panik verfallen. Ich konnte ihn unter keinen umständen gehen lassen. Wir waren doch erst 17! 17! Ein Alter, in dem man sicher nicht das erlebt haben sollte, das wir erlebt hatten. Nein ganz sicher nicht.

Ich hatte Scott anschließend nach hause geschickt und mich entschieden, die Zeit die Danny im Krankenhaus verbringen sollte, ebenfalls hierzubleiben. Ich hätte heute nachhause gehen können, doch hier hielt mich mehr. Hier hielt mich der Grund wegen dem ich lebte. Wir waren wie eine Seele. Wir waren eins.

***

Nein!

Wieso taten sie mir das an? Ich zerbrach innerlich doch sowieso schon. Das einzige, das mich aufrecht gehalten hatte, war die Hoffnung, dass es meinem Engel besser ging als mir. Ich hatte gehofft, gebetet ihm das hier ersparen zu können, doch jetzt stand er da. Stand einfach da. Ich war so überrumpelt. Er schien enttäuscht gewesen zu sein, doch darauf konnte ich nicht achten. Alles woran ich denken konnte war: Wann wache ich endlich auf?

Keine Antwort. Auf all diese Fragen in meinem Kopf hatte ich keine Antwort. Er schien zu explodieren. Es gab nur diesen ganzen Schmerz, den ich versuchte zurückzudrängen, so wie ich es damals getan hatte, nur hatte ich jetzt keinen wirklichen Anreiz mehr.

Sie machten sich über mich lustig, aber ich konnte ihnen nicht zuhören. Es tat so weh!

Es überkam mich wellenartig, schlimmer als alles was ich je erlebt hatte. Ich wiegte mich vor und zurück, wobei mich diese beschissenen Seile sehr beeinträchtigten. Mein Blick glitt von meinem Zwilling zu den Männern hinter ihm, die nun auch schafften mich nicht nur zu zerstören, sondern auch in meine persönliche Hölle zu bringen und mein Inneres zu zerreißen. Als meine Augen Aarons trafen, brannte ich innerlich. Das Feuer weitete sich aus. Wo es vorher nur leicht in Teilen meines Herzens gewütet hatte, hatte ich nun das Gefühl zu Johnny Storm zu werden. Die Wut kochte mein Blut und durch meine Muskeln und Sehnen schoss der Schmerz.

Ich dachte immer ich wüsste durch alles was ich durchgemacht hatte, was Schmerz ist, doch jetzt wurde mir bewusst, wie falsch ich lag. Dieser Schmerz war nicht zu beschreiben und jeder der ihn durchmachen musste, wurde sicherlich nie wieder leben wollen.

"Du hast es versprochen." murmelte ich wie ein Mantra vor mich hin, dabei fixierte ich Aaron mit meinem Blick.

Als ich dann auch noch sah wie er langsam etwas schuldbewusst wurde, stieg mir das Blut in den Kopf, ich hörte meinen Puls in meinen Ohren pulsieren und wand mich mit einer Kraft, die ich aus meiner Wut und Verzweiflung schöpfte, aus meinen Fesseln, die ich teilweise auch zerbiss.

Völlig verschwitzt schreckte ich aus meinem Albtraum hoch und sah wie mein Bruder neben mir wieder anfing zu schluchzen. Er hatte die Augen geschlossen und schlief. Als er dann anfing zu zittern und würgende Geräusche von sich zu geben überrannte mich erneut die Panik und ich betätigte den Knopf in der Hoffnung ihm so helfen zu können. Ich hatte solche Angst um ihn. Alle meine Gedanken um mein eigenes Wohlbefinden oder Ähnliches schaltete ich ab. Er ging vor.

Ein paar Ärzte, wie ich mittlerweile wusste, kamen hereingestürzt und zogen mich von Daniel weg, oder sie versuchten es zumindest, doch ich war voller Adrenalin und Tatendrang, meinen Zwilling mit meinem Leben zu beschützen. Ich ließ keinen an ihn heran, so viel sie auch versuchten mich zu beruhigen, sie scheiterten. Tränen rannen mir in Bächen die Wangen hinab und verschwommen meine Sicht, doch darauf achtete ich gar nicht.

Plötzlich griff eine zierliche Hand nach meiner und drückte diese fest. Ich wusste was er mir damit sagen wollte und trat schweren Herzens einen Schritt zurück.

Die Ärzte machten sich sofort an ihm zu schaffen und schlossen ihn an viele Geräte an. Eins davon piepte nerv tötend, doch als dieses Piepen dann unregelmäßig wurde, brach die blanke Hektik aus. Sie schoben das Bett mitsamt Daniel aus dem Zimmer und ich blieb verängstigt, verwirrt und verzweifelt zurück. Was würden sie nun mit ihm machen? Was passierte mit ihm? War das meine Schuld? Weil ich ihnen nicht sofort Platz gemacht hatte?

Mein Inneres brodelte wie ein aktiver Vulkan und ich heulte wie ein armer Schoßhund. Ich ließ alles raus, was raus musste. Ich schrie, ich weinte, ich schluchzte und ich bekam nichts um mich herum mit. Ich war in meiner eigenen Hölle gefangen. Diese Ungewissheit hatte ich schon einmal und es war viel schlimmer, als die ganzen 11 Jahre. Doch dieses Mal war es noch ein Zacken schärfer, denn es kam ein Schuldbewusstsein dazu. Wenn er jetzt sterben würde, könnte ich mir das niemals wieder verzeihen. Es wäre mein Untergang soviel war klar!

Ich bemerkte nicht, wie mich meine Mom weinend in den Arm nahm und uns vor und zurück wiegte. Wie gefangen starrte ich in die Leere. Meine Gedanken ganz bei Daniel. Ich konnte ihn nicht verlieren.

Wieso passiert mir das alles? Wieso? Wieso muss gerade ich diesen ganzen Schmerz erfahren, das war nicht fair!  Niemals hatte ich jemandem etwas böses getan, wofür man mich bestrafen müsste. Naja außer wo ich abhauen wollte, mit 10.

Jede Sekunde die ohne Daniel verging fühlte sich wie eine Stunde an. Sein 4 Stunden saßen meine Eltern und ich einfach auf dem Boden des Krankenzimmers und sagten kein Wort. Wir saßen einfach, umarmten uns fest und schauten in die Ferne, jeder in seinen eigenen Gedanken und darauf wartend das es eine Veränderung geben würde.

Sorry, dass es so kurz ist! Wie wird es Daniel gehen? Was meint ihr, wird er wieder?

Habt ein schönes Wochenende! Eure Pia

Stiller Schmerz (BxB) *Überarbeitung pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt