Noch bevor ich meine Augen an diesem Morgen aufschlug, roch ich den mir altbekannten und verhassten, ekligen Geruch der an den Betonwänden haftete. Er erinnerte mich jeden Morgen daran, wo ich war und dass ich keine Chance hatte zu entkommen.
Jeden neu angebrochenen Tag machte er meine stillen Hoffnungen zunichte, dieser Tag wäre nicht wie all die anderen zuvor, etwas würde sich ändern oder gar ich könne entkommen.
Und jeden neuen Tag rief ich mir in Erinnerung, dass ich stark sein musste, für die Anderen, denn sie sahen mich als Vorbild und schauten zu mir auf. Ich durfte nicht zeigen, dass sie mich brechen konnten, musste den Anderen eine Konstante geben, die ihnen etwas von ihrer Angst nahm, von der ich wusste, dass sie in jedem von uns schlummerte, wie sehr er sie auch zu verstecken versuchte.
Ich saß in dem mir bekannten Raum ohne Fenster, dessen Wände bröckelten und dessen Boden mit Staub überzogen war. Er war meine Heimat für mich geworden, seit ich erkannt hatte, dass mich eine andere für immer verloren hatte. Ich konnte nicht sagen, wie spät es war, denn ich hatte schon lange mein Zeitgefühl verloren. Ich lebte von Tag zu Tag und versuchte die Anderen vor dem Schlimmsten zu bewahren, denn niemand verdiente das, was wir ertragen mussten.
In einem stetigen Abstand saßen wir alle voneinander entfernt. Seile schnitten sich in unsere Handgelenke und hielten uns an unseren Plätzen. Nackt saßen wir in diesem dunklen, stickigen Raum fest, ob Sommer oder Winter, die Werter schien es nicht zu kümmern. Hauptsache wir waren am Leben, was für sie nur bedeutete, einen Puls zu haben. Ihnen war die Tatsache egal, dass Brian bereits einmal fast gestorben wäre, aufgrund der Kälte und Erschöpfung. Die Wände des Raumes, an dessen Wand ich mich befand, waren feucht und rissig. Alles in Einem, kein sonderlich einladendes Ambiente. Hob ich meinen Blick, so konnte ich direkt auf die Tür sehen, was manchmal vorteilhaft und manchmal grausig war.
Seit Tagen hatte keiner von uns eine Dusche gesehen und so rochen wir auch. An unseren Körpern, bei einem mehr, bei dem anderen weniger, waren frische Wunden und verheilte Narben zusehen. Getrocknetes Blut hatte sich an unseren Körpern festgesetzt und erzeugte einen unangenehmen Juckreiz auf der Haut, aber das Schlimmste war das Sperma, das uns alle erst wirklich schmutzig fühlen ließ. Wir waren Gefangene, Dreck, an dem niemandem etwas lag und mit dem man umgehen konnte, wie auch immer man wollte.
Der Ort, der in gewisser Weise mein Zuhause war, war ein Sklavenmarkt für Schwule. Es waren hier also nirgends weibliche Wesen zu sehen und ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals eines außer meiner Mutter zu Gesicht bekommen zu haben. Die jedoch, die es wie wir leider bis in diesen Keller „schafften", standen nicht zum Verkauf. Wir waren die Goldstücke der Sammlung und waren zur Vergnügung der Sklavenmarkthändler da, die wir auch Werter nannten. Dies war nichts, worauf man stolz sein konnte oder wo man sich glücklich schätzen konnte. Wir alle warteten nur auf den Verkauf, der auch für uns irgendwann kam, nur eben wesentlich später. Viele von uns waren eigentlich schon längst verkauft, doch wollten unsere zukünftigen Besitzer, dass wir zuvor gebrochen werden sollten. Allerdings sagte man uns das nicht.
Momentan aber waren wir 5 Jungen, dennoch könnte jeden Moment ein neuer kommen. Wir alle waren immer im Alter von 17 bis 21 Jahren und somit war ich der Jüngste, den sie sich je geholt hatten.
Zum Glück wusste niemand von den Jungs, wie lange ich schon hier war. Die Anderen alle waren noch nicht so lange hier. Brian war mit 4 Jahren mit Abstand der, der am längsten in diesem Keller hocken musste. Sobald einer verkauft wurde, kam ein neuer, das war das Konzept und alle durften irgendwann von hier weg. Alle außer mir. Da ich der Jüngste war, den sie je entführt hatten, sollte ich bleiben, bis ich starb.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als die schwere Eisentür aufgestoßen wurde und ein Muskelprotz, der den kompletten Türrahmen füllte, eintrat. Sein perverses Grinsen, dass wie an jedem anderen Tag perfekt saß und keinen einzigen Millimeter verrutschte, war mir so bekannt, doch ich kannte Michel noch aus einer Zeit, in der das Grinsen zu wanken geriet, wenn er auf uns, vor allem mich, sah. Vor 5 Jahren kam er hier her, als Austausch für einen Werter. Er war neu und nicht auf den Anblick eines 12 jährigen vorbereitet, da man ihm, wie jedem anderen neuen Werter, nur von 17 bis 21 jährigen erzählt hatte und nicht von Kindern.
DU LIEST GERADE
Stiller Schmerz (BxB) *Überarbeitung pausiert*
Teen FictionMit 6 Jahren wurde ich aus meiner kindlichen Realität gerissen und sah eine der schrecklichsten Seiten des Lebens. Dies war mein neues Leben, mein Leben auf dem Sklavenmarkt. Der Kampf ums Überleben fristete mein Dasein 11 lange Jahre lang und mit d...