***Jack***
Es ging so schnell, doch nahm ich alles wie in Zeitlupe wahr. Tyler hatte wieder den verletzten Blick auf dem Gesicht, den er immer gehabt hatte, wenn er an die Werter dachte, doch jetzt war etwas anders. Ich wusste, dass er nicht an die Werter dachte. Es lag Hass, Trauer und Anschuldigung in seinem Blick. Er hasste mich. Gerade als ich das realisiert hatte, sauste von der Seite eine Hand auf mich zu und schnellte klatschend auf meine Wange. Mein Kopf flog nach rechts und knackte einmal. Der Schmerz durchzuckte meinen Nacken und zog sich dann an meinem Rücken hinab. Laut stöhnte ich einmal und krümmte mich etwas, während ich meinen Nacken hielt. Ich wusste ohne hinzusehen, dass es Nikolas gewesen war.
Ich wandte meinen Kopf in seine Richtung und brachte dann gequetscht hervor: "Du trainierst noch. Das ist schön!" Seine Augen waren hasserfüllt. Ich konnte sie nicht verstehen. Warum hassten sie mich? Aber er sah definitiv auch verzweifelt aus.
"Wieso kommst du gerade jetzt hierher? Wieso tauchst du einfach wieder auf? Wieso hast du Tyler das angetan? Du warst mein Held! Sag mir wieso?" schrie er mir verzweifelt und fast schon panisch entgegen. "Ich werde alle Fragen beantworten, aber bitte nicht im Eingang." sagte ich bittend zu ihnen. Nikolas Blick schoss kurz zu Tyler und wurde dann sofort weicher als er Tyler Augen begegnete. Da hatte wohl jemand einen Narren an dem schmächtigen braunhaarigen Jungen gefressen. So wie ich damals.
Nikolas Augen richteten sich wieder auf mich und wurden sofort wieder hart und unnahbar, was mir unglaublich zusetzte. Wie ein Messer rammte sich dieser Blick in mein Herz und riss die Wunden erneut auf, die nie wirklich verheilt waren. Aber ich musste jetzt stark sein! Ich hatte mich dazu entschieden, diesen Weg zu gehen, also musste ich es auch durchziehen. Ein Zurück gab es nun nicht mehr. Niko nickte, nahm Tylers Hand, drehte sich um und verschwand ins Wohnzimmer. Wie gern hätte ich Tys Hand genommen, wie gern hätte ich ihn in meine Arme geschlossen, doch diese Chance hatte ich schon vor vielen Jahren verspielt. Angespannt folgte ich den beiden und sah sie nah nebeneinander auf der Couch sitzen. Erneut fühlte ich den Stich im Herzen. Ich liebte beide, doch sie hassten mich. Wieso? Was hatte ich so falsch gemacht um diesen Hass zu verdienen?
Ich setzte mich ihnen gegenüber und beobachtete wie Fynn mit einen mir unbekannten Jungen Hand in Hand zum Sessel ging. Auch ein Mädchen gesellte sich zu uns, doch ich hatte nur Augen für Nikolas, Tyler und Fynn.
"Wieso jetzt?" eröffnete Niko die Fragerunde.
"Als ich aus dem Keller entkommen bin, habe ich mich nicht in der Lage gefühlt euch zu begegnen. Ich wollte immer stark für euch sein und das hätte ich nicht gekonnt. Ich war ein Wrack, das bin ich noch immer, doch komme ich jetzt besser damit klar. Außerdem habe ich mich um die anderen gekümmert, dass sie ihre Familien finden und ähnliches.-" Während ich dies sagte, sah ich Tyler schuldbewusst an, der sehr verletzt wirkte. "-Als ich dann endlich zu euch wollte und mich bereit dazu gefühlt habe, wart ihr weggezogen und ich habe euch nicht gefunden. Auch habe ich dich gesucht, Tyler, aber du warst ebenfalls wie vom Erdboden verschluck-" Meine Stimme brach und ich suchte den Blickkontakt zu Tyler, welcher mir diesen aber verweigerte, was mich sehr traurig machte. "-Durch das Video habe ich erfahren das du noch lebst, diese Qualen noch so lange durchhalten musstest und auch das Aaron sein Versprechen gebrochen hat. ... Es tut mir so leid, wegen Daniel! Ich wusste nicht, dass du nicht entkommen bist!" Ich war den Tränen nahe und versuchte mich einigermaßen zurückzuhalten.
***Tyler***
Ich konnte immer noch nicht fassen, dass er lebte. Einerseits freute ich mich, andererseits hasste ich ihn dafür, mich einfach allein gelassen zu haben! Als er dann auch Daniel ansprach rissen bei mir alle Dämme und die Tränen quollen nur so aus mir heraus. Mein verurteilender Blick setzte Jack sichtlich zu, doch wollte und konnte ich jetzt keine Rücksicht darauf nehmen.
"Du weißt gar nichts! Du hast nicht ansatzweise das erfahren und gespürt was ich durchlebt habe. Nachdem ich mich damals von Aaron losgerissen hatte, war ich die Treppe nach oben gesprintet, wie du es sagtest. Dann bin ich aus dem Fenster gesprungen, wo ich mir den Fuß verstaucht habe, aber ich musste weiterrennen. Als ich dann kurz vor der Siedlung war, hat Aaron mich erwischt. Der, von dem du behauptet hattest, er würde mir helfen, doch er sagte, dass du mich nur als Ablenkung gewollte hattest, um mit den Anderen fliehen zu können. Du kannst dir nicht ausmalen wie die Bestrafung, nicht nur für meine versuchte Flucht, sondern auch eure gelungene aussah. Du weißt nicht, was für Qualen das waren und du wirst es dir niemals vorstellen können. Als dann mein Engel kam, habe ich ihn verloren. Jede Sekunde hatte ich mehr gesehen, wie das Funkeln in seinen Augen erlosch, jede Sekunde habe ich nur darauf gewartet, dass er tot zusammenbricht, aber er hat mich weiter hoffen, weiter leiden müssen! Du weißt nicht ansatzweise wie das ist! Und du hast mich da allein gelassen! Eine Woche war ich dort alleine. Niemand der mir helfen konnte, niemand der mich beschützt hat. An meinem 10 Geburtstag! Ich war ein Kind! Wieso hast du mich allein gelassen! Wieso?" Anfangs redete ich nur mit tränenerstickter Stimme, doch zum Ende hin konnte ich mich nicht mehr halten und schrie ihn an. Ich schrie es mir von der Seele. Kurz machte ich nun eine kleine Pause, holte Luft und fuhr dann ruhig weiter: " Du sagtest du warst nicht bereit dazu deiner Familie zu begegnen. Denkst du ich war es? Denkst du ich fühle mich normal? Meine Seele ist zerrissen, nähte, die du gesetzt hattest blutig und schmerzhaft noch weiter aufgerissen. Denkst du ich stehe nicht jeden Tag unter der Dusche und rubble mir die Haut vom Körper um das Gefühl des Drecks, des Blutes und-... loszuwerden? Denkst du ich konnte weiter machen wie zuvor?" Während des Redens hatte ich mein Gesicht nicht einmal verzogen, hatte eine stahlharte Maske aufgesetzt und sah ihm ungeniert in die schuldbewussten schmerzerfüllten Augen.
"Ich bin innerlich tot und du denkst du wärst ein Wrack. Du weißt nichts!" setzte ich spöttisch Lachend und den Kopf schüttelnd hinterher.
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Stiller Schmerz (BxB) *Überarbeitung pausiert*
Fiksi RemajaMit 6 Jahren wurde ich aus meiner kindlichen Realität gerissen und sah eine der schrecklichsten Seiten des Lebens. Dies war mein neues Leben, mein Leben auf dem Sklavenmarkt. Der Kampf ums Überleben fristete mein Dasein 11 lange Jahre lang und mit d...