Es wird wieder, Fynn.

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Also wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, findet ihr George (der Sänger) in der Rolle von Tyler nicht gut, also nicht. Ich fand eigentlich, dass er super passt. Also vom äußeren. Ich habe jetzt irgendwie von ein paar gehört er passt nicht, von ein paar er passt. Jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll.
So jetzt geht es aber weiter. Ich hoffe es gefällt euch.

***Tyler***

An Nikolas Tür angekommen atmeten wir noch einmal tief ein und aus und gingen dann hinein. Da lag er. Angeschlossen an eine Infusion und diverse Geräte. Ihn hatte es sehr viel schlimmer erwischt als mich!

Seine Haare waren leicht von Blut verklebt, er hatte Schrammen im ganzen Gesicht, seine Lippe war aufgeplatzt und er hatte eine Platzwunde auf seiner Stirn. Außerdem war sein Bein eingegipst und das war nur das was man sah. Eine Nasensonde zierte sein Gesicht. Ich ging etwas näher zu ihm. Ihn so zu sehen erinnerte mich so an Daniel!

All der Schmerz, den ich damals bei meinem Engel empfunden hatte, kehrte zurück. Es überrollt mich. Bei den wellenartigen Schmerzschüben dachte ich sofort an das Wort, welches meinen Rücken zierte. Welle. Sie kamen wie eine Welle in mein Leben und rissen alles mit sich. Nun hatte ich Tag für Tag Angst, sie würden, wie eine Welle es nun mal tat, zurückkehren, wenn ich dachte, alles wäre wieder super. Ich hatte Angst, ich könnte nochmal in diesem Keller mit diesen Leuten landen. Keinem wünschte ich das, was ich hatte durchmachen müssen!

Ich konzentrierte mich wieder auf das wunderschöne sonst so makellose Gesicht meines Freundes, welches jetzt von dieser Nasensonde verunstaltet wurde. Näher trat ich an sein Bett, streckte meine Hand nach ihm aus. Sein Gesicht war so ebenmäßig! Es quälte mich, nicht in seine hypnotisierenden Augen gucken zu können. Den Glanz in ihnen nicht zu sehen, der ihn sonst so erstrahlen ließ, wenn er mich ansah. Ich strich eine seiner losen Haarsträhnen aus seinen Augen, bewunderte seine Schönheit, die auch die schwersten Wunden nicht vertreiben konnten.

Nachdem ich Minuten nur auf ihn fixiert gewesen war und meine eigenen Tränen, die meine Wange hinab flossen, nicht wahrgenommen hatte, hörte ich jetzt ein Schluchzen neben mir. Ich sah von Nikolas Gesicht auf und erblickte das seines Bruders, der ihm so ähnlich war. Beide hatten sie das gleiche schwarze Haar, die gleichen unergründlichen Augen, doch natürlich fesselten mich Nikolas mehr, und das gleiche Lächeln, welches aber sehr selten zum Vorschein kam.

Fynns Blick war auf seinem Bruder verankert. Tränen flossen über seine Wangen und Schluchzer erschütterten seinen schmalen Körper. Die Statur der beiden unterschied sich komplett. Fynn war eher wie eine Bohnenstange. Er war dieser eine Kumpel den jeder hatte, der essen könnte, wie er wollte und doch nie zunahm, wogegen man selbst immer aufpassen musste, nicht aus allen Nähten zu platzen, wenn man mal etwas mehr zu sich nahm, was bei mir seit meinem 6. Geburtstag sowieso nicht der Fall war. Ich hatte eher darauf acht geben müssen, nicht vom Fleisch zu fallen. Oftmals war mir damals schwarz vor Augen geworden und ich war kurz davor gewesen umzukippen. Nicht nur wegen den Schmerzen und der Dauerbelastung.

Ich legte einen Arm um Fynn und zog ihn zu mir. Ich nahm ihn fest in den Arm, schenkte ihm die Geborgenheit, von der ich wusste, dass er sie momentan mehr als nötig hatte. Ohne ein Wort zu sagen, hielten wir uns gegenseitig. Stützten uns. Gaben uns Halt.

"Es wird wieder, Fynn." sagte ich zuversichtlich flüsternd. Augenblicklich schoss sein hoffnungsvoller Blick zu mir und fixierte mein Gesicht prüfend. "Woher bist du dir da so sicher?" Seine Stimme war nicht mehr, als ein Krächzen. Leicht lächelte ich und blickte in seine Augen, welche mich an Nikolas erinnerten. "Vor nicht allzu langer Zeit war ich in genau der gleichen Situation wie du. Nur lag dort mein Zwilling im künstlichen Koma. Ich hatte Angst, er würde nicht mehr aufwachen und ich könnte nie mehr seine Augen sehen, die so anders waren als meine Eigenen. Im Nachhinein wünschte ich, er wäre nicht aufgewacht." Ich lächelte ihn traurig an, während er die Informationen in sich aufsog. "Wieso hast du ihn mir nicht.." abrubt hörte er auf zu reden und starrte mich mit großen Augen an. Man sah förmlich, wie die Zahnräder in seinem Gehirn klackernd ineinander griffen und er verstand, was ich ihm gerade offenbart hatte. Schwungvoll schlang er seine Arme um mich und drückte mich an sich, während er irgendwas von 'Es tut mir so leid!' murmelte.

"Ist schon okay. Ich komme damit klar. Dein Bruder ist ein Held! Er hat mich gerettet." flüsterte ich beruhigend und beobachtete weiter Nikolas Gesicht. Langsam löste ich mich bin dem Schwarzhaarigen und zog ihn näher an das Bett. Ich setzte mich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand, und zog Fynn auf meinen Schoß. Er kuschelte sich an mich und ich vergrub mein Gesicht in seinem Nacken. Er sollte nicht sehen, dass ich nicht so stark war, wie er es dachte. Er sollte mich als Vorbild ansehen.

"Es ist okay, wenn du mal zusammenbrichst. Hauptsache du stehst wieder auf." hauchte ich ihm zu. "Danke." hörte ich ein leises Flüstern. Dann merkte ich nur noch, wie er mehr und mehr gegen mich sackte und immer gleichmäßiger atmete. Er war eingeschlafen und das war meine Chance zusammen zu brechen, ohne seine Illusion von mir zu zerstören.

Ich fing an zu heulen, fühlte mich so jämmerlich, aber stoppen hätte ich es eh nicht mehr gekonnt. Und ich wollte es auch ehrlich gesagt nicht. Ich ließ alles hinaus, was mich schon so lange zerfraß. Seit Daniels Beerdigung hatte ich mich immer versucht zusammen zu halten. Niemals hatte ich mir erlaubt einfach loszulassen und mal eine Runde zu heulen. Nun konnte ich einfach nicht mehr. Die Emotionen überschwemmten meinen schwachen Körper. Alle Erinnerungen sprudelte auf mich ein. Keine ließ mich verschont. Es war als würde ich mein gesamtes Leben erneut durchleben. Ich brannte, brannte von den Schmerzen, die ich all die Jahre in mich hineingefressen hatte. Es war, als würde ich in Säure baden, mit einer Kettensäge zerhackselt und mit einer Flamme ausgebrannt werden. Alles zur selben Zeit. Da war sie also. Die Rückkehr der Welle.

Stiller Schmerz (BxB) *Überarbeitung pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt