#4 - Papierflieger im Treppenhaus

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Harrys Stimme verlor sich kraftlos, nachdem er meinen Namen ausgesprochen hatte, und er strich mir mit der Hand über die Wange.

Shit, jetzt war es zu spät. Jetzt liefen die Tränen.

„Nicht weinen, Baby... bitte..nicht weinen..."

Ich konnte aber nicht anders. Ich konnte die Tränen nicht aufhalten.

Ich lachte leise auf und sah ihm in die Augen.

„Eigentlich sollte ich hier stehen und strahlen", meinte ich mit leiser Stimme. Harry seufzte und zog mich an sich. Ich vergrub mein Gesicht in dem Stoff seines Sweatshirts und schloss die Augen. Er hatte die Arme um mich geschlungen.

„Harry, du musst jetzt wirklich los", versuchte ich ihn halbherzig, zum Taxi zu bewegen.

Er löste sich von mir und atmete einmal tief durch.

Er nahm mein Gesicht in beide Hände und sah mich gerade heraus an.

„Sam, ich liebe dich. Ich würde dich so gerne mitnehmen, aber du weißt, dass es nicht geht. Du hast dein Studium und ich hab meinen 24-Stunden-Job... Ich vermisse dich jetzt schon und es tut so weh, dass ich dich hier zurücklassen muss... Aber ich rufe dich jeden Tag an, ob du willst oder nicht", er grinste mich aufmunternd an, „und ich komme auch bald wieder her. Oder du nach London."

„Jetzt geh erstmal und flieg zurück", unterbrach ich ihn unwirsch.

Es waren wunderschöne Worte, die er da gesagt hatte – aber sie schnitten mir in mein eh schon schmerzendes Herz wie rasierklingenscharfe Messer.

Sie schlitzten mich auf.

Ich lechzte mich nach ihnen, aber gleichzeitig brachten sie mich um.

Die Beziehung würde mein Untergang sein, schoss mir unwillkürlich durch den Kopf.

Sie würde mein Ende bedeuten, das wusste ich und genau davor hatte ich Angst. Und dagegen würde ich ankämpfen. Harry und ich konnten es schaffen. Es würde gehen. Ich glaubte fest daran. Auch wenn einfach alles dagegen sprach...

Ich drückte meine Lippen sanft gegen seine und murmelte: „Ich liebe dich."

Ich konnte spüren, wie meine Wimpern über Harrys Wangen strichen, als er diesen süßen, unschuldigen Kuss vertiefte.

Ich wusste nicht, was es war, aber dieser Moment brannte sich in mein Gedächtnis ein und ließ meine Knie weich werden. Irgendetwas an dieser zufälligen, unbeabsichtigten Geste machte den Moment perfekt, so schmerzhaft er auch war.

Er war perfekt.

Bis auf die Tatsache, dass Harry jetzt gehen musste.

„Vergiss mich nicht", hauchte ich, als er mir einen federleichten Kuss auf die Stirn drückte.

Er strich mir ein letztes Mal über meine Wange und drehte sich dann um.

Schneller, als ich schauen konnte, saß er auch schon im Taxi ...und war weg.

Er war weg.

Weg.

....verdammte Scheiße, wie oft das schon passiert war!!

Ich drehte mich um und zog die große Tür des Penthauses hinter mir zu.

Dann blieb ich auf der Stelle stehen und schloss die Augen. Reglos verharrte ich hier, während mir die Tränen in Strömen über die Wangen liefen.

Ich hasste Fernbeziehungen.

Die erste und letzte Fernbeziehung, die ich gehabt hatte,... okay, ich denke nicht, dass ich darüber jetzt reden wollte. Jeder wusste, dass sie damit geendet hatte, dass Nico mich mit allem, was die Beine breit machte, in Texas betrogen hatte.

HeartthrobWo Geschichten leben. Entdecke jetzt