#60 - Zerfetzt

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Ohne einen Blick in Richtung Bett zu werfen, ging ich zu meinem Fenster und schloss das Rollo und den Vorhang davor. Dann drehte ich mich um – und hätte beinahe aufgeseufzt.

Harry schlief.

Wie ein kleiner Engel. (Naja, klein....)

Einerseits war ich froh und andererseits enttäuscht. Ich war froh, dass ich jetzt nicht entscheiden musste, wie ich jetzt reagieren sollte, aber andererseits ... – er schlief einfach. Anscheinend war das Ganze dann doch nicht so wichtig, als dass er mit mir reden wollte.

Ich blieb dort stehen neben dem Fenster, wo ich mich befand, und betrachtete ihn mehrere Minuten einfach nur. Ich hätte hier noch Jahre stehen bleiben können, wenn ich nicht total fertig mit der Welt wäre und endlich schlafen gehen wollte. Ich war froh, wenn Janas Geburtstag morgen vorbei war.

Langsam ging ich auf das Bett zu. Schritt für Schritt. Mein Herz pochte wie verrückt. Es fühlte sich an, als hätte ich schon seit Monaten nicht mehr neben ihm gelegen. Hatte ihn schon ewig nicht mehr beim Schlafen angeschaut.

Lautlos kroch ich unter meine Bettdecke und drehte Harry den Rücken zu. Ich schloss die Augen.

Er war sicher einfach nur todmüde gewesen. Deswegen war er eingeschlafen. Ich wusste ja, dass er einen absoluten Knochenjob hatte und die Jungs eindeutig zu wenig Schlaf bekamen. Wenn sie überhaupt schlafen konnten und das Gekreische der Fans vor ihren Hotelfenstern sie nicht wach hielt.

Beneidenswert war das wirklich nicht.

Und morgen würden wir den ganzen Tag lang Zeit haben, alles auszudiskutieren, schließlich durfte er das Haus ja nicht verlassen. Wie ein Käfig.

Ich zog mir die Decke bis zum Kinn hoch und atmete tief durch. Ich war so sehr in Versuchung, mich umzudrehen und ihn weiterhin anzuschauen. Das war schöner als Schlafen.

Aber ich war zu müde, viel zu müde...

Kurz bevor ich endlich in einen seichten, unruhigen Schlaf glitt, spürte ich einen Arm, der sich um meinen Bauch schlang und mich sanft gegen einen warmen Oberkörper drückte, was mir noch eine letzte Gänsehaut über den Rücken liefen ließ...

~~~

Ich schreckte auf und saß senkrecht.

Meine Augen waren weit aufgerissen. Ich starrte in mein dunkles Zimmer, aber konnte nichts erkennen, das mich geweckt hatte. Ich drehte mich zur Seite – aber Harry war verschwunden. Ich lag alleine in meinem Bett.

Ein komisches Gefühl machte sich in meinem Magen breit.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

„Sam."

Mein Kopf schoss wieder nach vorne und ich starrte zu Tode erschrocken in die braunen Augen von Caro.

Was machte sie denn hier? Mitten in der Nacht?

„Sam, hör mir zu."

Caros Stimme war ruhig. Unheimlich ruhig. Sie ließ mich leicht erzittern und ich schluckte schwer. Die Alarmglocken in meinem Kopf fingen an, laut Alarm zu schlagen.

„Sam, du musst Harry aus deinem Leben verbannen."

„Was?", keuchte ich und starrte meine beste Freundin an.

Auf einmal wurde es ganz kalt in meinem Zimmer und ich begann zu frieren. Der Vorhang wehte wild durch die Gegend und ich konnte Schatten draußen vor meinem Fenster erkennen.

Ich verfiel in eine Art Panik, in der ich nicht mehr atmen konnte. Ich schnappte nach Luft, aber ich konnte nicht atmen.

„Sam, schau mich an."

HeartthrobWo Geschichten leben. Entdecke jetzt