#12 - Anton & Steinchen

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„Ist dein Handy eigentlich an?"

Jana saß neben mir auf der Arbeitsplatte in der Küche und sah mir zu, wie ich mir ein spärliches, trauriges Frühstück zusammenstellte.

Ich schüttelte nur den Kopf, ohne den Blick zu heben.

„Solltest du aber vielleicht", meinte sie und griff nach meinem Arm, damit ich sie ansah. Ich hob widerwillig den Blick.

„Komm schon, Sammy, du kannst nicht davor weglaufen."

„Das tue ich überhaupt nicht", entgegnete ich mit belegter Stimme. Ich räusperte mich zaghaft und musste dabei aufpassen, dass mir keine neuen Tränen über die Wangen rollten. „Ich laufe nicht weg, ich bin nur noch nicht bereit, mich der Sache zu stellen. Du weißt, dass ich die letzte bin, die vor irgendetwas davonrennt. Das ist nicht mein Stil. Nur grade...bin ich einfach noch nicht bereit. Ich gehe schon noch irgendwann an mein Handy, wenn er mich anruft. Du kennst mich."

Mein Herz zog sich zusammen.

Falls er nicht irgendwann aufgab und sich gar nicht mehr meldete und die Sache aufgab.

Die Sache.

Was auch immer das für eine Sache da war zwischen uns. Ich konnte es inzwischen selber nicht mehr definieren.

Ich wischte mir über die Augen und schniefte einmal.

„Alles okay, Kleines?"

Zwei Arme schlangen sich von hinten um meinen Bauch und eine Träne löste sich aus meinen nassen Wimpern und rollte nach unten.

Ich lehnte den Kopf rückwärts haltsuchend gegen Leo und schüttelte leicht den Kopf.

„Ich verstehe den Kerl einfach nicht", murmelte er und blies mir dabei eine dünne Haarsträhne ins Gesicht. Die Berührung fühlte sich tröstend an, als würde sie von Leo selber stammen.

Er drückte mich noch fester an sich und Jana schniefte jetzt ebenfalls.

„Wir haben uns so den Arsch aufgerissen für ihn", klagte sie jetzt und warf ihre Hände hilflos in die Luft. „Wir haben die halbe Welt auf den Kopf gestellt – ER hat die halbe Welt auf den Kopf gestellt! Ihr habt beide so gekämpft – und jetzt macht er es einfach so mir nichts dir nichts wieder kaputt?! Das kapiere ich einfach nicht!!"

Ja, das kapierte wohl niemand.

~~~

„Was machen wir heute?"

Jana lag bäuchlings auf meinem Bett, stützte das Kinn in die Hände und sah mich erwartungsvoll an.

Ich saß auf meinem Schreibtischstuhl und zuckte mit den Schultern.

Mit mir war heute eh nichts anzufangen.

Mein Herz schmerzte so sehr. Ich dachte eigentlich, ich hätte das volle Ausmaß an Herzschmerz schon durchgemacht gehabt, aber ich hatte mich getäuscht.

Es ging noch schlimmer.

Es war unbeschreiblich, wie man sich fühlte, wenn man verleugnet wurde. Vom eigenen Freund. Oder auch Nicht-Freund. Wer wusste das schon.

Momentan wohl eher Nicht-Freund.

Beziehungsweise Nochniefreundgewesen-Freund.

Jede Sekunde, jede Millisekunde fühlte sich an wie ein Fluch. Mein Herz wurde immer weiter aufgerissen und das Blut floss in einem stetigen Strom nach draußen. Er war erbarmungslos, dieser Schmerz. Er fraß mich auf. Von innen heraus. Und ich konnte nicht davonkommen.

HeartthrobWo Geschichten leben. Entdecke jetzt