#59 - UND sie ist stur

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Das hatte er jetzt nicht ernsthaft gesagt, oder?!

Eine Sekunde lang bewegte sich niemand in der Küche, nicht einmal Jana, die vor Spannung fast zu platzen schien. Jeder hier im Raum spürte, dass die Luft kurz vor dem Explodieren war.

Entschuldigung, ich korrigiere: Dass Sam kurz vor dem Explodieren war.

Dann lachte Harry sein weltberühmtes Lachen, kniff dabei die Augen zu und warf den Kopf in den Nacken.

„Habt ihr wirklich gedacht, dass ich den Zorn der großen, unglaublichen Samantha Ferroni auf mich ziehe?", lachte er und die Luft wich aus meinen Lungen.

Puh, da hatte er aber noch einmal Glück gehabt.

Ich warf ihm einen finsteren Blick zu, aber das störte ihn herzlich wenig. Caro neben mir verdrehte die Augen.

„Du bist doof", grummelte Jana und schob schmollend die Unterlippe vor.

„Ich weiß", entgegnete Harry leichthin und suchte meinen Blick, aber ich wich ihm aus. Ich war sauer auf ihn für diesen wahnsinnig blöden Schock – und ich war sauer auf mich selber, wieso ich das geglaubt hatte. Er würde mir niemals so eine Wahnsinnsüberraschung für Jana zerstören, aber ich hatte es ihm zugetraut.

Du solltest wirklich ein wenig an deinem Vertrauen in andere Menschen arbeiten, Sam.

Jaja, das wusste ich schon. Aber ich konnte nicht anders. Wenn man schon so viel im Leben durchgemacht hatte wie ich, dann vertraute man den Menschen nicht mehr so leicht. Viele, die mich neu kennen lernten, konnten das nicht verstehen, aber andere, die mich schon ewig kannten – wie zum Beispiel Caro – , die wussten, wie es in mir aussah. Dass es schwer war, dass ich jemandem traute. Das war alles reiner Selbstschutz. Deswegen hatte ich auch Harry erst nie geglaubt, dass er mich liebte und dass die Presse nur Bullshit verzapfte, als sie meinten, ich wäre ja eh nur eine unter vielen (als damals die nichterkennbaren Bilder in München geschossen wurden nach dem Konzert).

Es war schwierig für mich, aber ich lernte dazu. Es war nicht einfach, aber ich gab mir Mühe. Ich gab mir wirklich Mühe.

„Wieso willst du das denn überhaupt wissen?!", fragte Caro, während sie gefühlte zwanzig Kilo Tomaten klein schnitt. Wir mussten jetzt natürlich, da fünfmal so viele Menschen morgen kamen, wie wir erwartet hatten, dementsprechend auch mehr zu essen machen. Ich war schon kurz davor, Jana zu Fuß loszuschicken, damit sie noch einiges einkaufte, aber so fies war ich dann doch nicht.

Auch wenn ich ihr das ups-es-kommen-ungefähr-fünfundzwanzig-Leute immer noch richtig übel nahm.

„Weil ich es nicht mehr aushalteeee!!", erklang die quengelnde Antwort, aber Leo schnitt ihr das Wort ab: „Aber dann ist das doch morgen total langweilig!"

„Nö."

„Doch, klar!", bestätigte Harry, „dann macht Geburtstaghaben doch gar keinen Spaß mehr."

„Soll ich dich trösten, Jana?", kam jetzt von Manu, der mit verschränkten Armen in der Küchentür lehnte.

Sie sah ihren großen Bruder neugierig an und zog fragend die Augenbrauen hoch.

„Ich weiß auch nicht, was Sam dir schenkt", erklärte er und warf mir einen verärgerten Blick aus seinen zu Schlitzen verengten Augen zu.

Das ließ mich aber völlig kalt.

„Ich auch nicht."

Tja, Leo.

„Und ich schon", sagte Caro in Leos und Manus Richtung und streckte ihnen lachend die Zunge raus. Es stimmte, ich hatte den beiden Jungs nichts erzählt. Sie hatten beide nicht gefragt, also hatte ich es auch nicht für nötig gehalten, es ihnen zu erzählen, wenn es sie nicht interessierte.

HeartthrobWo Geschichten leben. Entdecke jetzt