#68 - l.h.

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Dann ließ ich mit einem tiefen Seufzer meinen Kopf auf die Schulter von meiner Lieblingscousine sinken und schloss die Augen.

„Ich mag einfach nicht mehr...", murmelte ich leise.

Im nächsten Moment saß ich schon wieder senkrecht auf der Couch, ohne dass ich mitbekommen hatte, wie ich dort hin gekommen war.

Sam hielt mich rechts und links an den Ellbogen fest und beäugte mich misstrauisch.

„Wie bitte?", hakte sie nach und sah ein wenig sehr alarmiert aus, „so etwas sagst du an deinem Geburtstag? Ich meine, du versinkst ja öfter mal in Selbstmitleid, das kenne ich ja schon zu genüge, aber heute?! Genau heute an deinem sechzehnten Geburtstag? An dem Tag, auf den du dich seit einer Ewigkeit freust?!?"

„Da hat Quirin ja auch noch nicht versucht gehabt, mich zu küssen."

„Waaaaaas?!"

Es fehlte nicht viel und es würde Sam aus ihren schwarzgoldenen Supras heben. Und es fehlte ebenfalls nicht viel und dann würden ihre Augen auf dem Teppich herumkullern, weil sie sie so weit aufriss.

Die Augen blieben drinnen, aber ihr blieb jetzt erst einmal die Spucke weg.

„Ernsthaft?!?", fragte sie und ich nickte nur leicht.

Sie ließ sich wieder nach hinten sinken und zog mich gleichzeitig in ihre Arme. Ich bettete meinen Kopf wieder auf ihre Schulter und schwieg.

Sam strich gedankenverloren mit den Fingerspitzen an meinem Oberarm entlang, und sie wusste gar nicht, was für eine beruhigende Wirkung diese kleine Berührung hatte.

„Einfach so?", stellte sie ihre nächste Frage.

Ihre Stimme klang ein wenig gepresst. Ich wusste, dass sie kurz davor war, zu explodieren.

Ich konnte es ihr nicht verübeln.

„Ich bin ihm heute geschickt aus dem Weg gegangen", erzählte ich, „ich weiß eh nicht, wieso der überhaupt hier auf meinem Geburtstag ist? Ich habe ihn nicht eingeladen!! Naja, ich bin ihm aus dem Weg gegangen, was ich ja sehr gut kann, hab ja Übung darin" – Sam schnaubte – „aber unten beim Tanzen hat er mich plötzlich an der Hand gefasst und mich zu sich gewirbelt. Dann stand ich exakt vor ihm und er meinte, wir hätten uns heute noch gar nicht unterhalten. Gleichzeitig hat er mein Gesicht gestreichelt und ich war ein wenig perplex. Das hat er ausgenutzt und sich zu mir runtergebeugt. Gott sei Dank bin ich im letzten Moment aufgewacht und habe ihn von mir geschoben und gemeint, dass ich weder mit ihm reden noch ihn küssen will."

Ich seufzte.

„Und jetzt hängst du hier auf der Couch mit deiner Cousine, obwohl genau wir zwei diejenigen sein sollten, die da draußen am meisten feiern", fügte Sam hinzu und brachte mich zum Grinsen.

So wie immer, wenn es mir schlecht ging.

Aber eigentlich meinte sie diesen Satz ernst. Es war wirklich so, ausgerechnet wir zwei saßen hier jetzt und waren beide irgendwie nicht so super drauf.

„Weißt du...", setzte ich an und stockte dann. Ich biss mir auf die Unterlippe (inzwischen saß ich wieder aufrecht neben Sam) und sah meine Cousine von der Seite an. Sie erwiderte meinen Blick und spürte, dass ich nicht wusste, wie ich es am besten formulieren sollte.

„Hau es einfach raus", forderte sie mich auf und zuckte dann mit den Schultern. „Und red einfach so lange, bis alles raus ist und du es so gesagt hast, wie du es sagen willst."

Das liebte ich so sehr an ihr. Ich konnte so viel Blödsinn reden, ohne dass ich aufpassen musste, dass jedes Wort passte – sie würde mich trotzdem bis zum Ende der Zeit der Menschheit lieben.

HeartthrobWo Geschichten leben. Entdecke jetzt