Kapitel 13 ✔️

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"Als ich mich vor Jahren dazu entschloss wegzugehen, wusste ich wie schwer es werden würde ohne Rudel auszukommen. Doch wie Sie wissen müssten, war es damals und ist es heute immer noch so, dass man zwar in ein Rudel hineingeboren wird, man aber im Alter von dreizehn Jahren selber entscheiden kann ob man diesem Rudel weiter angehören will oder nicht.", erklärte ich. Meine Hände vergrub ich in den Taschen meines Cardigan, damit die anderen nicht sehen konnten, wie sehr sie zitterten. Doch alle Lykaner im Raum konnten meinen beschleunigten Herzschlag hören und meinen rasenden Puls. Aber ich ignorierte es und sprach weiter, als einige ungläubig zu tuscheln begannen. "Kurz nach meinem dreizehnten Geburtstag entschloss ich mich dazu, wegzugehen und suchte mir dort, wo ich aufs im Internat ging, ein neues Rudel. Der Wechsel war weder einfach noch schön. Aber um ihre Frage zu beantworten, so habe ich überlebt. Ich war nie ohne Rudel. Ich hatte Leute, Familie um mich herum, zu der ich gehörte und die mich so akzeptierten wie ich bin und meine Entscheidung respektierten."

Lügnerin. Ich hörte es in meinem Kopf. Immer und Immer wieder sagte jemand dieses Wort, doch diese Stimme gehörte nicht mir. Mich überzog eine Gänsehaut. Natürlich hatte ich hier gerade das Blaue vom Himmel gelogen, doch die Wenigsten kannten diese uralte Regelung noch und dadurch konnten sie nicht wissen, dass ich erstens nie das Rudel gewechselt hatte noch, dass ich ein Mensch war und keinem Rudel angehörte. Doch der letzte Teil, entsprach wenigstens zur Hälfte der Wahrheit. Ich hatte Freunde in der Schweiz gefunden, die zu meiner Familie wurden. Es waren Leute, denen ich ohne wenn und aber vertraute und die mich so akzeptierten wie ich bin und meine Entscheidung respektierten und sogar sagten, wie mutig ich doch sei. Und obwohl meine Familie dort, genau wie ich, Menschen waren, waren sie wie mein Rudel.

"Interessant.", gab Mr. Thorne auf einmal von sich. "Ich kenne in dieser Stadt niemanden der sich dazu entschieden hatte dieses Rudel, dem er seit seiner Geburt angehört, zu verlassen. Natürlich kennen die Wenigsten diese uralte Regel." Seine Augen verengten sich zu dünnen Schlitzen. "Vor allem weil die meisten hier bleiben und nur wechseln, falls ihr Gefährte einem anderen Rudel angehört. Also erklären Sie mir und der Klasse doch bitte, weshalb sie aus freien Stücken, Gebrauch von dieser Regel gemacht haben." Wie ich ihn hasste.
"Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich glaube nicht, dass das jemanden aus dieser Klasse angeht.", sagte ich etwas zu spitz.
"Ich glaube nicht, dass es ihre Entscheidung ist Ms. Jefferson. Also antworten Sie. Denn unser erstes Halbjahr befasst sich ausschließlich mit alten Regeln und Gebräuchen ihrer Sippe." Ich starrte ihn wütend an. Ein Mensch glaubt besser über die Sitten und Regeln der Lykaner bescheid zu wissen als ein Lykaner selber? Das ich nicht lache. Mein Hände hatte aufgehört zu zittern, weswegen ich sie in den Taschen zu Fäusten ballte. Keine Ahnung weshalb er dachte, er könnte mich zu einer Antwort zwingen aber da hat er die Rechnung ohne mich gemacht. Wenn ich eines gelernt hatte in den letzten Jahren, dann, wie man mit solchen Leuten, vor allem Lehrern, umzugehen hatte.

"Ich werde garantiert nicht als ihr Versuchsobjekt dienen, Mr. Thorne! Ich habe darüber gesprochen wie ich in den letzten Jahren außerhalb dieses Rudels ausgekommen bin und da geht es wirklich absolut niemanden etwas an, weshalb. Und wenn sie wirklich so eine Abscheu für Lykaner empfinden, Frage ich mich wirklich weshalb sie hier - an dieser Schule, wo die Schüler und Lehrer zu 97 Prozent nur Lykaner sind, unterrichten. Vor allem die Geschichte der Lykaner.", ich machte eine kurze Pause um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. "Also noch einmal damit auch Sie es endlich verstehen. Ich habe die anderen gerne auf diese Regelung hingewiesen, doch die Gründe gehen niemanden etwas an! Und ja vielleicht reagiere ich gerade total über, aber nur weil sie mein Lehrer sind, können Sie mich nicht zu bestimmten Dingen zwingen." Die Stimme in meinem Kopf war verschwunden und die Wut, die ich gerade noch gespürt hatte, war ebenfalls weg. So, als wäre nicht ich diejenige gewesen, die das alles gesagt hatte, sondern jemand anderes. Ich schüttelte den Kopf und nahm wieder Platz. Lynn neben mir wartete bis Mr. Thorne sich mit vor Zorn rotem Kopf wieder seiner Liste widmete, bevor sie mir vorsichtig die Hand auf den Rücken legte und fragte ob es mir gut ginge. Ich nickte nur stumm. Ich hatte gerade keine besonders große Lust zu sprechen. Nicht nach diesem verbalen Kampf mit Mr. Thorne.

Wolfsblut - GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt