Kapitel 61 ✔️

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Zarek

Wie sie mich ansah, ließ mich für einen Augenblick vergessen, was ich ihr eigentlich angetan hatte. Wieso konnte sie mir verzeihen und sich jetzt so unbeschwert mit mir unterhalten?
"Zarek.", hauchte sie meinen Namen und zog mich zurück ins hier und jetzt. "Hör endlich auf, darüber nach zu denken!"
"Das kann ich nicht.", gestand ich und rollte mich von ihr. Mein Wolf jaulte und wollte weiter ihre Nähe und Wärme spüren, doch ich hatte für mich eine klare Grenze gezogen. Sie drehte sich auf die Seite und legte ihren Kopf auf meine Brust. Mein Wolf freute sich wieder, doch ich hielt ihn im Zaun.
"Dann lass uns über etwas anderes sprechen.", schlug sie vor und rutschte noch etwas zu mir.
"Und worüber willst du dich unterhalten?", fragte ich und schlang einen Arm um sie.
"Keine Ahnung.", gab sie von sich und brachte mich zum Lachen. "Warum bist du in der Schule und allen anderen immer so verschlossen und grummelig?" Ich brauchte einen Moment und darüber nachzudenken. Doch ich war schon als kleiner Junge so gewesen. Verschlossen und immer auf andere wütend.
"Als ich sechs Jahre alt war, haben einige ältere Schüler, mich immer gehänselt.", begann ich. "Die Gemeinheiten, die sie sich für mich überlegten, wurden immer schlimmer und grausamer und je mehr sie mich leiden sahen, desto schlimmer wurde es. Mein Leid hat ihnen große Freude bereitet, aber nach zwei Jahren, als mein Dad mich begann zu trainieren, hatten sie den Bogen überspannt. Sie hatten mich auf den Schulklo abgepasst und mich hinaus auf den Schulhof gezerrt. Zuerst beleidigten sie mich nur, dann begannen sie mich zu verprügeln, aber sie wurden erst so richtig wütend, als sie merkten, dass ich nicht schrie."
"Was ist dann passiert?", fragte Mel und setzte sich auf, um mich ansehen zu können. Aber ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, nicht bei dem, was ich ihr gleich erzählen würde.
"Mein Dad hatte mir gezeigt, wie man kämpfte. Nur erst einmal die Grundlagen, aber es war mehr, als die meisten in meinem Alter hätten können dürfen.", erzählte ich weiter. "Jedenfalls, als sie gemerkt haben, dass ich nicht schrie, ließen sie kurz von mir ab um sich an alle Schaulustigen zu wenden. Bis dato hatte ich mich nur Zuhause verwandelt. Niemand kannte meine Gestalt bis dahin und das war ihr Fehler. Sie haben mich aus den Augen gelassen, haben mir den Rücken zu gedreht."
"Man dreht seinem Feind nie den Rücken zu!", sprach Mel und blickte mich wieder an. "Regel Nummer eins im Kampf!" Ich nickte.
"Ich verwandelte mich, ohne das sie es mitbekamen. Erst als einige der anderen Schüler erschrocken aufschrien, drehten sie sich um. Ich war damals schon etwas zu groß und zu stark als Wolf, aber sie waren zwei Jahre älter und waren deswegen gleichrangige Gegner. Dachte ich zumindest. Sie verwandelten sich ebenfalls, aber sie hatten nicht die leiseste Chance. Irgendwann verlor ich die Kontrolle und mein Wolf übernahm. Erst als zwei Lehrer mich zu Boden rangen und ich mich zurück verwandelte, sah ich, was ich angerichtet hatte. Die drei älteren Schüler waren noch am Leben, aber ich hatte sie wortwörtlich zerfetzt. Einer von ihnen hatte nicht einmal mehr die Kraft sich zurück zu verwandeln und ich hatte nur eine winzige Schramme an der Wange. Mehr nicht. Seitdem bin ich so gegenüber anderen. Ich hatte mir geschworen, dass sich nie wieder jemand so ab mir vergehen werden würde, wie die drei Jungen. Deswegen bin ich so verschlossen. Die Leute sollen lieber Angst vor mir haben, als mich verletzten zu können. Aber bei dir ist das anders, denn ich habe mir geschworen, wenn ich jemals meine Gefährtin finden würde, wäre sie das Wichtigste in meinem Leben und ich würde ihr gegenüber nie meine Gefühle verbergen."

Ich drehte den Kopf und sah sie an. Meine Mate. Mein Stern. Mein Mond. Ich wollte anderen gegenüber keine Schwäche zeigen, aber nun saß ich meiner einzigen und größten Schwäche gegenüber. Mel lehnte sich zu mir und hauchte einen Kuss an meine Schläfe.
"Dir wird nie wieder jemand, soetwas antun. Das schwöre ich, Zarek und wenn es jemand versuchen sollte, werde ich ihn mit bloßen Händen in Stücke reißen!" Ich wusste nicht, was ich dazu noch sagen sollte.
"Mel, ich bin so unendlich dankbar, dass du meine Mate bist!", sagte ich und zog sie an mich. Sie schmiegte sich an mich und schlang ihre zarten Arme um mich und vergrub ihr Gesicht in meiner Halsbeuge.
"Hast du einen von ihnen umgebracht?", fragte sie vorsichtig.
"Nein, aber einem habe ich schlimmeres angetan!", antwortete ich und bereute, damals die Kontrolle verloren zu haben. "Ich hab den Sohn des Alphas in den Rollstuhl gebracht."
Mel sog erschrocken die Luft ein.
"Mel, der Tod wäre für ihn eine Gnade gewesen. Ein Lykaner der nie wieder Gebrauch von seinen Beinen machen konnte, ist ein Gebrochener. Der innere Wolf verkümmert, fast genau so sehr, als würde man seine Gefährtin verlieren. Deswegen wurde die Sache auch persönlich für den Alpha. Er verbannte mich und meine Familie aus dem Rudel und jagte uns vom Territorium." Ich hörte, wie sich ihr Herzschlag etwas beschleunigte.
"Zarek, wie lange seid ihr schon hier in Rudel?", wollte sie wissen und ich konnte förmlich sehen, wie ihre Gedanken wild durcheinander kreisten. "Ich bin mit dreizehn hier weg und da wart ihr noch nicht hier."
Ich nickte, denn dann hätte ich sie schon viel früher als meine Mate gefunden und vielleicht wäre sie dann nicht ausgewandert.
"Wir sind einige Jahre bei meinem Onkel untergekommen. Er war wegen seiner Gefährtin in ein anderes Rudel gewechselt und man nahm uns für lange Zeit als Gäste auf.", erklärte ich. "Aber dann hat meine Mum einen neuen Job bekommen und wir sind hier her gezogen. Ich bin erst seit vier Jahren hier."
"Wäre das alles früher passiert, hättest du meine ganzen Pläne über Board geworfen, so wie du es jetzt sowieso getan hast, Zarek Black!", sagte sie und grinste mich an. "Aber ich hätte gerne den kleinen, unbeschwerten Zarek kennengelernt, bevor du das alles hast durchmachen müssen."
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Hii 🐞
Endlich Mal wieder ein Kapitel aus Zareks' Sicht. Leider ist es nicht ganz so schön... Tut mir ehrlich leid was ich euch und meinen Charakteren antue.😕❤ Sorry!
Aber jetzt was anderes, das hier, ist bis jetzt das längste Kapitel (ohne diesen Zusatz hier). 😎 Hätte nicht gedacht, dass ich aus Zarek's Perspektive Mal so viel schreiben würde... Krass😂

LG Jessy 🐞🎀

Ach und noch etwas: wir sind Platz 17 in Werwolfgeschichten ❤❤❤❤ wer will mit mir feiern? Es gibt Torte😂

Wolfsblut - GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt