Kapitel 24 ✔️

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Ich war schon lange vor meinem Wecker wach und stand gerade vor dem Spiegel im Bad, als der Alarm los ging. Ich ignorierte es und stellte mich schnell unter die Dusche. Die Stirn angelehnt an die kalten Fliesen, während das Wasser auf mich prasselte. Mein Haar fiel mir in nassen Strähnen ins Gesicht und die Wassertropfen vermischten sich mit den einzelnen Tränen, die meine Wangen hinunter liefen. Ich drehte das Wasser ab und wickelte ein weiches Handtuch und meinen Körper bevor ich mir meine Haare föhnte. Heute war es mir egal, ob ich zu spät zum Unterricht kam oder nicht. Auch heute machte ich mir nicht dir Mühe um mein elendig es Aussehen zu verbessern, sondern schon die Badezimmertür beiseite und trat hinaus. Ich tapste durchs Zimmer, doch ich hielt mitten in der Bewegung inne und erschrak.

"Scheiße!", stieß ich erschrocken aus und rang nach Luft. Zarek saß aus heiterem Himmel in einem der Sessel und musterte mich. "Was machst du hier?", fragte ich und umklammerte das Handtuch um meinen Körper fester. Als keine Regung von ihm kam schnappte ich mir meine Klamotten und flüchtete wieder ins Bad, um mich anzuziehen. In dunkelblauen Jeans und schwarzem Top trat ich wieder heraus und suchte mir einen Cardigan, während ich auf eine Antwort von Zarek wartete, der mich bei jedem meiner Bewegungen beobachtete.
"Wirst du mir jetzt antworten?", fragte ich und zog den dünnen, weinroten Cardigan über. Meine Sandalen standen unten neben der Tür, weswegen ich nur noch schnell meine Schultasche packte und dann zur Treppe ging.
"Mel, warte.", hielt er mich zurück und kam auf mich zu. "Du könntest mich in deinen Gedanken hören?"
"Ja.", antwortete ich und hoffte auf eine Erklärung.
"Fuck!", stieß er aus und ich hatte die Befürchtung, dass er gleich auf etwas einschlagen würde. "Seit wann?"
"Freitag. Bei Mr. Thorne im Unterricht. Du hast mich in meinen Gedanken als Lügnerin beschimpft. Nur wusste ich bis gestern nicht, dass du es warst."

"Das hättest du gar nicht hören dürfen.", sagte er mehr zu sich selbst als zu mir. "Shit!"
Das war das letzte was er sagte, bevor er an mir vorbei stürmte und das Haus verließ. Kate sah mich fragend an, als ich die Küche erreichte.
"Frag einfach nicht, ich hab selber keine Ahnung.", gab ich von mir und schnappte mir ein Brötchen, dass ich mit Nutella bestrich und aß. Kate nickte nur verstehend und schnitt mir dann etwas Obst für die Schule klein.
"Bist du sicher, dass du heute in die Schule willst?", fragte sie, als ich meine Sandalen anzog.
"Ja. Wenn ich mich jetzt verkrieche, ist das ein stummer Zuspruch auf die Anschuldigungen, dass ich eine Mörderin bin.", antwortete ich und war erstaunt wie sicher diese Worte klangen. Ich hatte fast die Vermutung, dass Zarek mir irgendwie das Gefühl von Selbstsicherheit übermittelte, aber etwas an der Art, wie er plötzlich die Flucht ergriffen hatte, war merkwürdig.
"Okay, wenn irgendetwas ist Liebes, ich bin zu Hause.", sagte sie und verabschiedete sich mit einer festen Umarmung von mir.

Die Schüler schienen heute noch aggressiver und wütender als gestern. Wie hätte es auch anders sein sollen? Ich ignorierte alle und machte mich auf dem Weg zu meinem ersten Kurs heute. Französisch. Ich freute mich wirklich, denn in den letzten Jahren hatte ich gelernt, fließend französisch zu sprechen. Der Raum war noch fast leer, als ich eintrat. Lynn entdeckte mich und deutete auf den Platz neben sich, in der hintersten Ecke, bei den Fenstern. Ich zwang mich zu einem kleinen Lächeln und ließ mich auf den Stuhl sinken.
"Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du heute kommst.", gestand sie, was ich nur mit einem Schulterzucken quittierte. Der Raum füllte sich langsam mit Schülern, die mich alle mit wütenden Blick anstarrten. Ich starrte zurück. Lukas und Zarek kamen gleichzeitig in den Kalssenraum und setzten sich an die Bank neben uns, doch leider folgte Victoria den beiden wie ein Schoßhund und ließ sich vor Lukas auf den Stuhl sinken.

"Wen haben wir den da!", rief sie gehässig aus. Jedes Gespräch im Raum verstarben sofort und alle sahen mich an. "Die Mörderin ist ja wieder da. Na, hat es dir Spaß gemacht Malia zu zerstückeln? Hat es genau so viel Spaß gemacht, wie bei Tobias? Oder war es besser, weil sie schwächer war und sich nicht wehren konnte? Sie war dreizehn. Dreizehn! Und du widerliches Monster traust dich auch noch, dich hier wieder blicken zu lassen. Ich fasse es nicht!"
"Victoria!", mahnte Lukas. "Wir wissen nicht, ob sie es war, okay? Also bleib ruhig!"
"Wie bitte?", fragte ich sichtlich aus der Bahn geworfen. "Das ist ein Scherz, Lukas!"
Er sah mich nicht an.
Bleib ruhig, sprach Zarek zu mir, aber das konnte er vergessen. Lukas hatte mich Freitag noch nach einem Date gefragt und nun, glaubte er tatsächlich, dass ich vielleicht sogar was mit den ermordeten Lykanern zu tun hatte?
"Klasse! Du denkst ich bin vielleicht doch schuld an dem Tod von Tobias und dem Mädchen? Warte, das ist dein voller Ernst!", stellte ich fest.
Lynn legte mir eine Hand auf die Schulter um mich zu beruhigen, doch das Half rein gar nichts. Die Ruhe von vorhin war wie weggeblasen und fühlte mich gerade wie eine tickende Bombe.

Wolfsblut - GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt