Kapitel 14 ✔️

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Eine halbe Stunde nachdem Mr. Thorne mit der Anwesenheitsliste durch war und er uns noch einmal kurz erzählt hatte, wie die Lykaner entstanden waren, klingelte es. Plötzlich fühlte ich mich um einiges leichter, so als hätte die Klingel eine unsichtbare Last von mir genommen. Aber vielleicht bildete ich mir das alles nur ein. Die meisten Schüler verschwanden sofort aus den Klassenraum, sodass nur noch Lukas, Zarek, Lynn und ich mit Mr. Thorne im Raum waren. Ich schnappte meine Tasche und wollte nur so schnell wie möglich fort von hier. Weg von diesem Mann. Doch als ich hinter Zarek und Lynn aus der Tür gehen wollte, rief Mr. Thorne noch einmal nach mir. Lynn meinte nur schnell, dass sie vor der Tür warten würde, bevor ich zu dem Lehrertisch ging.
"Ms. Jefferson. Ich will ihnen nur mitteilen, dass ich so ein Verhalten in meinem Unterricht nicht dulde. Vor allem nicht von Leuten ihrer Art. Aber Sie sind die erste, die sich Mal getraut hat sich zu wehren, weswegen ich heute eine Ausnahme machen und Sie nicht zum Direktor schicke.", erklärte er ohne aufzusehen.

"Meiner Art?", fragte ich gereizt. "Hören Sie Mr. Thorne, es ist mir ehrlich gesagt egal, wie sehr Sie Lykaner verabscheuen oder warum Sie ihnen so ablehnend gegenüber stehen, aber Sie sollten mich nicht mit denen in eine Schublade stecken. Vor allem nicht mich."
Ich hatte es geschafft, dass er von seinen Unterlagen aufsah und mich kritisch musterte.
"Wenn Sie mir einen Grund nennen können, werde ich Sie nicht mit den anderen ihrer Rasse in eine Schublade stecken, aber bis man mir das Gegenteil beweist, ist jeder für mich gleich. Das sollten Sie vielleicht wissen bevor Sie diesen Raum verlassen." Ich zögerte nicht sondern verließ den Raum so schnell ich konnte. Draußen wartete wie versprochen Lynn, doch zu meinem persönlichen Pech, was heute immer größer zu werden schien, hatte sie zusammen mit Lukas und Zarek auf mich gewartet und Ashton hatte sich ebenfalls dazugesellt.
"Alles okay?", fragte mein großer Bruder. Natürlich hatten alle vier das Gespräch zwischen mir und Mr. Thorne mithören können. Was hatte ich anderes erwartet. "Lass dich von ihm nicht einschüchtern. Er ist schon immer so gewesen.", meldete sich Lukas zu Wort. "Aber jetzt wissen wir wenigstens, warum du nicht in unser Rudel möchtest." Ich beobachtete, wie mein Bruder etwas verwirrt eine Augenbraue nach oben zog und uns musterte. Immerhin wusste er nicht wovon wir sprachen, da er nicht in unserem Kurs war, weswegen Lynn ihm die Kurzfassung erzählte.

"Du hast was?", fragte er plötzlich ungläubig. "Mel, sag mir nicht, dass du das wirklich gesagt hast."
"Doch.", erwiderte ich schulterzuckend. "Ist jetzt auch egal."
"Nein ist es nicht.", zischte er. Mein Bruder war wütend auf mich. Lynn legte ihm zum Glück beruhigend eine Hand auf den Arm. "Was hast du dir denn bitteschön dabei gedacht?"
Ganz genau wusste ich das selbst nicht. Ich musste schnell eine Lösung für meine Situation finden, ohne mich zu verraten. Anscheinend verstand Ashton mich nicht. Das tat wahrscheinlich niemand. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und starrte auf den Boden, bereit mit seine Moralpredigt anzuhören. Doch es kam nichts. Als ich wieder aufsah, war er schon den halben Flur entlang gegangen während Lynn ihm folgte und noch einmal kurz nach hinten zu mir sah. Der Tag konnte doch nicht noch schlimmer werden.

"Was war das denn ebend?"
Ich drehte mich um und sah in Luka's Augen, die mich verwirrt ansahen. Zarek lehnte wie beim letzten Mal, neben ihm an den Spinden. Zur Antwort schüttelte ich den Kopf und machte mich auf den Weg, meine Sportsachen aus dem Spind zu holen. Meine Laune war im Keller und ich würde mich gerne einfach nur noch in eine dunkle Ecke verziehen wollen, in der ich alleine sein konnte.
Als ich in der Mädchenumkleide ankam, war es, als würde ich in eine andere Welt eintauchen. Der Flur des Hauptgebäudes war leer und ruhig gewesen, doch hier drinnen herrschte reges Stimmengewirr. Für meine Verhältnisse war es schon übertrieben laut, doch für Lykaner war es bestimmt noch schlimmer. Jedoch schien es niemanden zu stören. Ich hielt Ausschau nach Lynn und als ich sie in einer der hinteren Ecken fand, war ich irgendwie erleichtert, mich nicht mitten im Raum umziehen zu müssen.

Wolfsblut - GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt