Kapitel 20 ✔️

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Ich hatte mich das ganze Wochenende über in meinem Zimmer verkrochen. Das Essen, dass Kate mir hoch gebracht hatte, hatte ich keines Blickes gewürdigt. Selbst Lynn und Ashton hatten versucht mich aus dem Bett zu bekommen, doch nach zig tausend Versuchen, hatten sie es aufgegeben. Ich war gerade ein paar Mal aufgestanden um auf die Toilette zu gehen oder zu Duschen, doch den Rest der Zeit hatte ich stumm an die Decke gestarrt. Freitag hatte mich völlig aus der Bahn geworfen. Ich fühlte noch nicht einmal Wut darüber, dass man mich für die Mörderin dieses Lykaners hielt. Ich war einfach leer. Das einzige was mich beschäftigte war die Stimme in meinem Kopf. Ich hatte sie seit Freitag Abend nicht mehr gehört oder gespürt. Wer auch immer in meinen Kopf  eindrang, hatte etwas bei mir gut. Ohne ihn oder sie, wäre ich gestern zusammengebrochen. Das alles, war einfach viel zu viel für mich. Und lange würde ich das nicht mitmachen können.

Wenn mein Handy nicht gleichzeitig auch mein Wecker gewesen wäre, hätte ich es heute Morgen einfach an die Wand geschmissen. Mein Wochenende war schon schlimm gewesen, was würde dann heute in der Schule auf mich warten? Grummelnd stand ich auf und tapste ins Bad, doch ich starrte einer Fremden ins Gesicht, als ich mich im Spiegel betrachtete. Ich sah richtig scheiße aus. Make-up half da auch nicht weiter, weswegen ich nur meine Zähne putzte, mich anzog und mit meiner Tasche nach unten ging. Dad war schon auf Arbeit und Kate saß mit einer Tasse Kaffe an der Kücheninsel und brütete über einem Skizzenbuch.
"Guten Morgen Liebes.", begrüßte sie mich mit einem traurigen Lächeln. "Soll ich dir etwas zum Frühstück machen?" Ich schüttelte den Kopf und holte mir eine Schale für die Cornflakes aus dem Schrank, bevor ich die Milch aus dem Kühlschrank nahm und darüber goss. Kate suchte zum Glück nicht das Gespräch mit mir, sondern ließ mich in Ruhe frühstücken und dann gehen.

Der Parkplatz vor der Schule war schon völlig überfüllt, als ich dort ankam und ausstieg. Alle Augen richteten sich sofort auf mich. Der Tag fing echt super an. Ich knallte die Autotür hinter mir zu und lief über den Platz zum Eingang des Schulgebäudes. Die Schüler standen in Gruppen vor dem Gebäude und tuschelten hinter vorgehaltener Hand. Einige von ihnen knurrten mich sogar an. Ich hielt den Blick starr auf den Eingang gerichtet und bemerkte meinen Bruder und seine Gefährtin erst, als sie auf beiden Seiten neben mir herliefen. Ich war sicher, dass sie das nur taten um mich vor den anderen zu schützen. Als wäre ich das hilflose Schaf unter Wölfen.
Was für eine Ironie.
Ich stieß die Flügeltür auf und zog sofort die Blicke der anderen auf mich. Ich holte kurz tief Luft und lief zu meinem Spint.

"Tobias war unser Freund und du hast ihn brutal hingerichtet.", zischte plötzlich ein Mädchen hinter mir. Lynn knurrte kurz, unternahm aber nichts genau wie mein Bruder. Als ich mich umdrehte, sag ich direkt vor mir das überschminkte Gesicht von Victoria. Die halbe Schule hatte sich sogar hinter ihr versammelt.
"Ich hab Tobias nicht umgebracht.", entgegnete ich. Eigentlich wollte ich überzeugend und sicher klingen, aber dieser Satz hörte sich verzweifelt und kraftlos an.
"Natürlich!", rief sie gehässig in die Runde. "Wer sonst würde sowas denn tun? Du gehörst einem anderen Rudel an und nach dem ersten Tag hier wird einer von uns zerstückelt im Wald gefunden. Ausgerechnet von dir und du willst uns erzählen, damit nichts zu tun zu haben?"
"Verdammt! Ich habe ihn nicht umgebracht!", fauchte ich. "Wisst ihr was? Fickt euch einfach alle!"

Ich zwängte mich an den anderen Schülern vorbei und flüchtete zu den Umkleidekabinen der Mädchen. Niemand folgte mir oder kam mir entgegen. Mir war egal was die anderen jetzt davon hielten oder dass ich die erste Stunde verpasste. In den Umkleidekabinen war niemand, also lief ich zwischen den Schränken hindurch und ließ mich in der hintersten Ecke des Raumes auf eine der Bänke fallen. Ich hätte im Bett bleiben sollen. Ich ließ meinen Kopf in meine Hände sinken und raufte mir die Haare.
Die Tür der Umkleide fiel leise ins Schloss, was mich aufschauen ließ. Zarek lehnte auf einmal, mit verschränkten Armen, an einem der Schränke und sah mich mit undurchdringlicher Miene an. Ich seufzte und sah wieder auf den Boden. Sollte er doch denken was er wollte! Aber er setzte sich nur neben mich und blieb stumm.

Wolfsblut - GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt