Kapitel 5 ✔️

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„Ich raff's immer noch nicht." Sam schob sein Tablett von sich und verschränkte die Arme auf dem Tisch. „Ich glaub nicht, dass wir das hier drinnen besprechen sollten. Nicht wenn ein Dutzend Lykaner hier sitzt und alle unmenschlich gut hören können.", sagte ich, stand auf und ging nach draußen. Es war wirklich warm, aber ich behielt meinen Cardigan an. Zum Teil auch aus Gewohnheit. Ich fuhr mit mit den Händen durch mein Haar. Das Haar meiner Mutter, wie ich es gerne nannte. Die dunkelbraunen Naturlocken waren so voluminös und wiederspenstig, dass ich es aufgegeben hatte sie morgens zu kämmen. Aus dem Augenwinkel heraus, erkannte ich wie die anderen auf mich zu kamen. Ashton und Lynn liefen Hand in Hand und Sam trottete langsam hinterher. Ich überlegte krampfhaft, ob ich ihn von damals noch kannte, doch ich konnte mich nicht erinnern jemanden mit rotem Haar zu kennen. Er musste also neu sein. Naja, so neu nun auch wieder nicht. Ich beschloss ihn ein anderes Mal nach seiner Herkunft und so zu fragen, doch jetzt sollte er erst einmal über mich informiert werden.

„Mel ist ohne das zweite Gesicht geboren wurden.", erklärte mein Bruder kurz und knapp. Man konnte die Bitterkeit hinter seinen Worten fast schmecken. Sam's Kinnlade fiel nach unten und jegliche Farbe wich auch aus seinem Gesicht. Keiner sagte etwas. Für eine lange Zeit. „Wie... Also... Wie ist das möglich?", stammelte er. Das hätte ich selbst gerne gewusst. Ich hatte mich zwar mit meinem Schicksal abgefunden, aber das Wie und Warum, waren meine unbeantworteten Fragen. Schon seit Jahren. „Keine Ahnung.", flüsterte ich. „Es ist einfach so. Auch wenn es nicht logisch erscheint." Ich verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Sam abwartend an. Ash und Lynn ignorierte ich dabei. Immerhin wussten sie schon bescheid und waren deswegen nicht diejenigen, die damit konfrontiert wurden. Sam hingegen war geradezu geschockt, doch ich sah auch eine andere Emotion in seinen Augen aufflackern. Angst. Er hatte Angst. Nur war mir nicht klar ob vor mir oder der Tatsache, dass ich in Wirklichkeit keine Lykanerin war.

Ich erwartete nicht, dass er es verstand. Das erwartete ich von niemanden und habe es auch nie getan. Auch wenn Sam es nicht glaubte und auch nicht begriff, war ich ihm irgendwie dankbar, dass er keine unangenehmen fragen stellte. „Naja, hab schon schlimmeres gehört, als das ein hübsches Mädchen keine Wölfin ist.", meinte er nach einer gefühlten Ewigkeit und grinste mich dabei frech an. Dieser Junge war wirklich Gold wert, auch wenn ich ihn noch keine 24 Stunden lang kannte. Auch Lynn war mir sofort sympathisch gewesen und dabei hätte sie mir beinahe die Kehle durch gebissen. Langsam, ganz langsam, kam mir der Gedanke, dass meine Entscheidung vielleicht doch nicht vollkommen bescheuert gewesen war. Obwohl ich bezweifelte, dass jeder die Wahrheit über mich, so locker nahm wie Sam. „Hey! Sie ist immer noch meine Schwester." Applaus. Mein Bruder war doch nicht auf wundersame Weise verstummt.

Die Klingel läutete und Lynn zog mich augenblicklich in Richtung Schulgebäude. Den beiden Jungs schenkte sie keine Beachtung. „Lynn warte!", rief ich und wandt mich aus ihrem Griff. Dieses Mädchen, so zerbrechlich sie auch aussah, hatte wirklich Kraft. „Ich hab nicht einmal eine Ahnung was für Unterricht ich jetzt nicht habe." Bevor sie noch etwas erwidern konnte, kramte ich schon in meiner Tasche nach dem Stundenplan. Ich hoffte wirklich, dass das Schicksal gnädig mit mir war und ich jetzt kein Mathe hatte. Theater. „Und? Was hast du?" Nervös trat sie von einem Bein auf's Andere. „Theater." Ich konnte mich nicht einmal daran erinnern dieses Fach gewählt zu haben. Geschweige denn überhaupt irgend einen Kurs gewählt zu haben. Lynn, die meine Verwunderung nicht bemerkte, hüpfte vor Freude auf und ab.

Wolfsblut - GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt