Trace
Es war inzwischen schon der fünfte Tag des Nachsitzens und das bedeutete, dass das Wochenende bevor stand. Während jeder Schüler sehnsüchtig auf das Wochenende wartete, so hoffte ich stets darauf, dass es bald wieder Montag war. Es graute mir bereits, das Wochenende Zuhause bei meinen Eltern zu verbringen, denn es würde ein Wochenende der reinen Perfektion sein.
Emron und Olivia White hatten uns von Geburt an darauf Trainiert perfekt zu sein. Zumindest in ihrem Sinne Perfekt. Die wenigen Stunden, die sie bei uns verbrachten, nutzten sie um unsere Fehler zu suchen und umgehend auszutreiben. Es hörte sich hart an, doch anders konnte man ihre Vorgehensweise nicht beschreiben.
Ich machte mir im Moment aber mehr Sorgen um Mira, als um mich selbst. Yve schloss sich sowieso immer im Zimmer ein, damit sie erst gar keine Fehler begehen konnte und Brody war übers Wochenende in einem Mathe Camp, welches in einem anderen Bundesland stattfand. Sie würden also damit beschäftigt sein alles an Mira auszulassen, da sie es gewagt hatte sich beim Training zu verletzen und deswegen wertvolle Zeit verlor, um die Beste zu werden.
Es ist offensichtlich, dass sie versagen wird und Vater sie wieder in den Keller sperrt.
Yve's Stimme hallte durch meinen Kopf und erinnerte mich daran, welche Folgen unser Versagen hatte. Unsere Eltern hatten sich ein bestimmtes System ausgedacht, bei dem je nach schwere der Enttäuschung, die wir für sie waren, eine jeweils passende Bestrafung einsetzte. Wir wurden mit unseren größten Ängsten konfrontiert und wenn man keine Ängste hatte, dann erschufen sie eben erst welche, damit sie etwas gegen uns in der Hand hatten.
Bei Mira waren es Spinnen. Versagte sie, so musste sie allein im Keller schlafen. Vater hatte für diese Strafe damit angefangen besonders große Spinnen zu züchten, die zwar nicht gefährlich aber sehr furchteinflößend waren.
Brody hatte panische Höhenangst, was bei unserer Art nicht sonderlich hilfreich war, wenn man bedachte, dass wir viel kletterten.
Yve wurde darauf getrimmt, ob man es glaubte oder nicht, Angst vor der Dunkelheit zu haben. Sie zog sich zwar wie der Tod persönlich an und sprach häufig davon, dass Ihre Seele schwarz wie die Nacht sei, doch sie konnte nicht ohne Licht schlafen. Das war nicht immer so gewesen, doch da Yve einen sehr eigenwilligen Charakter hatte, mussten unsere Eltern ihr eben beibringen, sich zu fürchten.
Natürlich hatte ich, wie meine Geschwister auch, etwas vor dem ich mich fürchtete, doch ich sprach mit niemanden darüber. Von uns allen hatte Caleb es jedoch immer am schwersten gehabt. Er war das erste Kind. Unsere Eltern waren damals noch sehr jung gewesen und wussten noch nicht, wie man ein Kind effektiv zu der Marionette machen konnte, die sie haben wollten. Caleb war dazu nie ein einfaches Kind gewesen. Er war ein sturkopf und ein Freigeist zugleich. Früher hatte ich wegen diesen Eigenschaften zu ihm aufgesehen, doch mit der Zeit hatte ich gemerkt, dass er einfach nur selbstsüchtig und Lebensmüde war.
Es gab eine Zeit in der wir uns sehr nahe gestanden hatten. Damals als es nur ihn, Yve und mich gab. Nachdem Brody dann kam, wurde mir immer mehr bewusst, dass wir nicht so leichtsinnig leben konnten, wie es uns beliebte. Ich musste auf meine jüngeren Geschwister aufpassen und gleichzeitig darauf achten selbst keinen Fehler zu begehen.
"Wer ist das?" Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich abrupt aus meinen Gedanken und Erinnerungen gerissen wurde. Ich brauchte einen Moment um zu realisieren, dass ich mich beim Nachsitzen befand. Ich saß wie immer ganz vorne beim Pult und war wieder einmal damit beschäftigt gewesen, etwas auf ein Blatt zu kritzeln. Dieses Mal war es jedoch anders als die letzten Male. Raik hatte sich mit einem Stuhl neben mich gesetzt und musterte neugierig mein Bild, welches ich unbewusst zustande gebracht hatte.
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It Mate Me Fall In Love With Him (Teil 1)
WerewolfRaik wartet sehnsüchtig auf seinen Achtzehnten Geburtstag, damit er endlich seine Seelenverwandte finden kann. Leider kommt es anders als Erwartet, denn anstatt einer zierlichen Blondine, die er beschützen konnte, steht ein groß gebauter Muskelprot...