Raik
Ich wollte nicht wahrhaben, dass unsere gemeinsame Zeit vorbei war. Ich wollte nicht nach Hause gehen. Nicht wenn es bedeutete von Trace getrennt zu sein.
"Das wird schon irgendwie." munterte Dylan mich auf, als mir unbewusst ein wehleidiges Winseln entfloh. Ich verhielt mich wie ein Weichei, dabei hatte ich wichtigere Aufgaben zu erledigen.
Kaum hatten wir unsere Wohngegend erreicht, eilte mein Dad auf mich zu und erklärte mir, dass während unserer Abwesenheit jemand das Rudel angegriffen hatte. Die Leute waren verunsichert und ängstlich, weil ich nicht für sie da gewesen war. Noch dazu kamen etliche Berge an Papierkram, die meine Aufmerksamkeit für sich beanspruchen würden und ich Trottel dachte nur an mich und meine Gefühle.
Ich raffte mich also mental auf und bereitete mich darauf vor, für mein Rudel da zu sein. Es wurde langsam Zeit, dass ich mich wie ein Alpha verhielt und mich nicht nur hinter dem Titel verkroch. Es stimmte, dass ich niemals ein Rudelführer sein wollte, doch das Leben war eben kein Wunschkonzert.
Eilig verstaute ich meine Tasche im Zimmer, ehe ich mich auf den Weg zum Büro machte und an dem Meeting teilnahm, welches spontan einberufen wurde. Die Ältesten und auch mein Dad berichteten von der aktuellen Notlage und das sie befürchteten, die Katzen würden es für sich ausnutzen, dass wir geschwächt waren. Bei dem Angriff wurden einige unserer Kämpfer verletzt und diese mussten sich erst einmal erholen. Ich wollte sie beruhigen und ihnen sagen, dass Trace einen Angriff nicht erlauben würde, doch da wurde mir bewusst, dass es sich um Emron, seinen Vater handelte. Mein Mate war zwar der neue Alpha, doch sein Vater hatte das Rudel in der Hand. Er kontrollierte alles und jeden. Trace war da keine Ausnahme und das versetzte mir einen deftigen Stich. Ich musste ihm helfen. Ich musste meinem Rudel helfen. Ich musste meiner Familie helfen.
Ich musste doch irgendetwas tun können!
Verzweifelt raufte ich mir die Haare, als nach und nach ein riesiger Papierstapel vor meine Nase geschoben wurde. Ich hatte noch so viel zu erledigen.
...
Bis spät in die Nacht hockte ich vor etlichen Unterlagen, Formularen und Dokumenten, die von mir unterzeichnet werden mussten. Von Verträgen, die unser Rudel schützen sollten, bis zu Beschwerdebriefen war alles dabei. Nie hätte ich gedacht, dass Büroarbeit so hartnäckig und anstrengend sein konnte. Schon fast im Takt drückte ich den Stempel auf die Papiere und kritzelte mit dem Kugelschreiber eine unleserliche Unterschrift nach der anderen darunter.
"Hier, das hilft." Der Geruch von frisch gebrühten Kaffee und leckerer Milch stieg mir in die Nase und ich sah müde zu meinem Beta auf, der mir die Tasse mit dem heiligen Elixier auf den Schreibtisch stellte. Ja, es war nun mein Schreibtisch. Der Tisch, an dem sonst mein Dad immer gesessen hatte. Der Tisch, an dem nur wichtige Leute sitzen durften. Der Tisch, der nichts gutes verhieß.
Zufrieden nippte ich an der heißen Tasse und seufzte erleichtert auf. Das erste Mal seit der Ankunft blickte ich auf die Uhr und musste geschockt feststellen, dass es schon nach Mitternacht war. Die Nacht durchströmte uns und ich saß hier wie bestellt und nicht abgeholt.
"Mach mal eine Pause, ich kann dir was abnehmen." beruhigte mich Dyl und nahm mir die restliche Hälfte des Stapels ab.
"Tut mir leid. Ich weiß, du hast dich auf deine Konsole gefreut." entschuldigte ich mich und fühlte mich einfach nur schuldig. Erst die Sache mit Trace und nun half er mir schon wieder.
"Ach halt die Klappe. Das Rudel ist wichtiger. Außerdem bin ich dein Beta, da muss ich eben mit so etwas rechnen."
"Ich weiß echt nicht was ich ohne dich machen würde." gestand ich ehrlich und er grinste verschmitzt.
"Oh ich schon. Du würdest dir immer noch den Kopf darüber zerbrechen, wie du dein Kätzchen zum Schnurren bekommst." witzelte er und ich schlug ihm gegen die Schulter.
"Lass ihn das nicht hören." warnte ich ihn grinsend und gemeinsam arbeiteten wir die Nacht durch.
Das ich eingeschlafen war, wurde mir erst bewusst, als ich mich an einem mir unbekannten Ort wiederfand. Es war alles irgendwie fremd und doch war da diese Präsenz, die ich besser als jede andere kannte.
Trace.
Ohne Vorwarnung überrollte mich ein gleißender Schrei, der mir die Sinne raubte. Schmerzverzerrt presste ich meine Hände auf die Ohren, doch der Schrei kam nicht von außen. Er kam von meinem Herzen. Dieser Schmerz, er war unerträglich. Nie zuvor hatte ich so sehr gelitten. Es war, als wenn man mit bloßen Händen in meine Brust grub und mein Herz Stück für Stück heraus riss, bis es blutüberströmt vor meinem inneren Auge baumelte.
Ich bekam keine Luft mehr und der Schrei wurde immer lauter. Mein Gehirn war kurz vor dem Explodieren, bis der Schmerz hinab zu meinem Schlüsselbein wanderte.
Ich erwachte aus der aufgezwungenen Trance und sprang schreiend vom Schreibtisch auf, auf dem ich eingeschlafen war. Dylan schrak von seinem Platz hoch und musterte mich irritiert, als ich wie von einer Hummel gestochen durch das Zimmer hüpfte.
Ich zerrte wild an meinem Shirt und kreischte laut auf, als ich mit eigenen Augen Zeuge davon wurde, wie sich lange, spitze Linien über das Siegel zogen und es nach und nach abrissen. Das Siegel..,. Trace' Siegel wurde von meiner Haut geschabt und es raubte mir den Verstand. Diese unerträglichen Qualen ließen mich fluchen, schreien, jaulen, wimmern.. aber vor allem ließ es mich verzweifeln.
Denn was auch immer hier mit mir geschah, ich wusste, dass es durch meinen Mate ausgelöst wurde und das bedeutete nichts gutes.
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It Mate Me Fall In Love With Him (Teil 1)
Hombres LoboRaik wartet sehnsüchtig auf seinen Achtzehnten Geburtstag, damit er endlich seine Seelenverwandte finden kann. Leider kommt es anders als Erwartet, denn anstatt einer zierlichen Blondine, die er beschützen konnte, steht ein groß gebauter Muskelprot...