Kapitel 8

105 9 1
                                    

Am nächsten Tag stand ich mit Kopfschmerzen auf.
Mein Magen krampfte, doch ich ignorierte es, so gut es ging.

Beim Training ließ ich mir nichts anmerken. "Hat Dr. Phillies gesagt, dass du normal trainieren kannst?", fragte Steffan mich. Ich nickte und hoffte, dass man mir meine Lüge nicht ansah.

Wir machten 10 fünfzig Meter Sprints, danach bekam ich Bauchkrämpfe, so heftig, dass ich mich an die Seite setzen musste. " Alles okay?",fragte Selene mich. Ich nickte, doch ich sah in ihren Augen, wie sie sich freute, dass ich anscheinend aussetzte.

Ich seufzte und stand auf. Die Blöße wollte ich mir nicht geben, ich musste weiter trainieren!

Abends ließ ich mich erschöpft auf mein Bett fallen. Zum essen wollte ich nicht. Ich hatte zwar riesig großen Hunger, doch ich hatte Angst, dass mein Magen das nicht vertragen würde.

Ich schlief unruhig, wegen Bauchschmerzen wachte ich in der Nacht immer wieder auf. Am Morgen hatte ich dunkle Augenringe.
Ich nahm mir vor, in die Stadt zu laufen, um meine Eltern an zu rufen.
Dafür wollte ich Deutsch schwänzen, einfach sagen, dass ich eine Trainingseinheit oder so hatte.
Das würde zwar nach geprüft werden, doch den Ärger lohnte es sich, mit meinen Eltern oder meinem Zwillingsbruder zu reden.

Sonst war keine Zeit und auch keine Erlaubnis in die Stadt zu gehen. Klamotten wurden vom Internat gesponsert und etwas anderes brauchten wir nicht aus der Stadt.

Ich machte also das morgentlich Training mit, aß ein sehr kleines Frühstück und lief dann hochbin mein Zimmer, während die anderen in den Klassenraum gingen.

Ich schnappte mir mein Portemonnaie, denn obwohl wir nichts kaufen konnte , bekamen wir jeden Monat fünfzig Euro Taschengeld.

So leise und unauffällig wie möglich ging ich durch das Wohnhaus und hin Baus auf den Hof.
In der Hoffnung, dass keiner aus dem Verwaltungstrakt mich sehen würde, rannte ich über den Schulhof.
Als ich an der kleinen Straße ankam, die am Internatsgelände vorbei führte, ging ich erst einmal eine Weile.
Die Straße führte ein Stück durch den Wald und ich fing wieder an zu laufen.

Als ich aus den Wald trat, konnte man schon im Tal die kleine Stadt erkennen. Davor lagen allerdings noch einige Felder und ich beeilte mich, sie zu über queren.

Als ich irgendwann außer Atem in der Stadt ankam, fragte ich mich, ob es damals wirklich eine gute Entscheidung gewesen war, auf das Internat zu wechseln. Wir durften nicht einmal in die Stadt, nichts, was andere Jugendlich in unserem Alter getan hätten.

Damals schien es wie ein großes Ziel, es auf dieses Internat geschafft zu haben.
Hier könnten die Leute mein richtiges Potential entdecken, dachte ich.

Doch sie hinterfragten mein Potential gar nicht. Sie taten so, als wäre ich talentiert genug, allein schon die Tatsache, dass ich auf das Internat ging, war Grund genug, uns alle hart trainieren zu lassen.

Ich lief zum nächst besten Café, um dort nach einem Telefon zu fragen. Es war ein altes Fachwerkhaus, doch als ich eintrat, war alles sehr modern eingerichtet.

Ich ging zur Theke und fragte dort eine Kellnerin:"Hallo, könnte ich einmal ein Telefon benutzen?"
Die Frau nickte und antwortete:"Sie können dort ins Büro gehen. Ich kann leider nicht mitkommen, Sie sehen ja, wie voll es ist"

Ich nickte. In der Tat, obwohl es noch ziemlich früh am Morgen war, saßen sehr viele Menschen an den weißen Tischen.

Ich verschwand also in das kleine Büro, wo dann auch ein Telefon neben dem Computer lag. Ich atmete einmal tief aus. Was wollte ich meinen Eltern eigentlich sagen? Dass sie mich abholen sollten? Das war doch Schwachsinn, sie konnten nicht einfach quer durch ganz Deutschland fahren, um mich abzuholen, nur weil ich ein bisschen Heimweh hatte. Ich war immerhin kein Kind mehr...

Ich beschloss also, meine beste Freundin anzurufen. Ich hatte zwar seit dem letzten halben Jahr keinen Kontakt zu ihr gehabt, doch ich war sicher, dass ich mit ihr über alles reden konnte.

Bis zum ZielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt