Am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich saß immer noch auf der Bank, das Telefon immer noch in keiner Hand. Ich war in der Nacht davor dich noch eingeschlafen, nachdem ich lange mit Noah telefoniert hatte.
Als wir schon nicht mehr miteinander gesprochen hatten, hatte ich noch in die Sterne gesehen und war dabei wohl eingeschlafen.
Ich hörte, wie sich die Tür öffnete und Jan heraus trat. "Alia, es gibt Frühstück"
Ich nickte und stand auf. Ich streckte mich, mein Nacken war nach einer Nacht auf einer Holzbank sehr verspannt.
Ich dachte daran, dass ich morgen früh entschieden haben musste, ob ich hier bleiben oder zurück fahren würde. Ich wusste es nicht!
Ich setzte mich an den Tusch. "Wo ist Mama?", fragte ich Jan. "Sie möchte nichts essen. Ich glaube, wir müssen uns gut um sie kümmern"
Ich nickte. Jan sah nicht gerade gut aus. Er hatte wohl nicht geschlafen. "Wie geht es dir?", fragte ich vorsichtig. Er zuckte mit den Schultern. "Ich muss mich entscheiden. Entweder Internat oder euch helfen. Jan, ich weiß nicht, was ich tun soll! Mama erwartet, dass ich hier bleibe."
"Und was willst du?"
"Das weiß ich ja eben nicht."Jan zuckte daraufhin nur wieder mit den Schultern, nahm seinen Teller mit dem ungegessenen Brot und stellte ihn in die Spüle. "Vielleicht solltest du dir einfach mal nicht nur um dich Gedanken machen", murmelte er und verschwand.
Ich saß mit offenem Mund da. Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, wie Jan sich immer fühlen musste. Meine Eltern kratzten all ihr Geld zusammen, nur damit seine Schwester auf ein teures Internat gehen konnte. Jan dagegen ging zur Schule und blieb den ganzen Tag über zuhause. Weil unsere Eltern es sich nicht leisten konnten, ihm ein Hobby zu bezahle.
Kein Wunder, dass es ihm so scheiße ging.Ich stand ebenfalls auf und lief Jan hinterher. Er saß auf der Bettkante von Mama und sprach mit ihr. Es war dunkel im Zimmer. Ich schloss die Tür wieder, bevor die beiden mich bemerkten.
Ich holte meinen Rucksack und packte meine Sachen aus. Mein altes Zimmer war eingestaubt und ich erkannte, dass einige Sachen fehlten. Zum Beispiel ein Regal.
Als ich meine Laufhose sah, die ich unnötigerweise eingepackt hatte, wusste ich, dass meine Entscheidung schon längst gefallen war. Egal, wie sehr ich Steffan, Selene und das Internat hasste, das Sprinten war doch meine Leidenschaft und mein Leben.
Ich würde ja damit auch Geld verdienen, dass ich der Familie geben könnte.Ich stand auf und ließ die geöffnete Tasche einfach liegen. Stattdessen zog ich mir meine Schuhe an und ging raus. Ich wollte mich im Dorf umsehen, ich wollte wissen, was sich alles verändert hatte.
Ich lief also los, den Kopf voller Gedanken, das Herz voller Gefühle.
Ich achtete nicht darauf, wo ich hin lief, meine Beine trugen mich einfach.
Am Spielplatz vorbei, über den Platz vor der Kirche bis hin zum Rathaus. Ich erinnerte mich, wie ich früher, als ich noch klein war, mit Jan und meinem Vater hier lang gegangen war. Immer auf den Spielplatz, als wir älter wurden auch mal in die Kirche. Und dann natürlich die Dorffeste, bei denen wir Kinder herum liefen und spielten und die erwachsenen Bier tranken und feierten.All die schöne Zeit! Ich wischte mir die Tränen weg und setzte mich auf eine Bank. Ich sah nur noch verschwommen. Papa war einfach nicht mehr da.
Weil ich mit weinen beschäftigt war, merkte ich nicht, wie jemand hinter mich trat.
Erst als die Person mich ansprach, fuhr ich herum. "Bist du das Alia?"
Ich konnte die Stimme nicht zuordnen, aber sie kam mir bekannt vor.
Auch als ich den jungen Mann ansah, wusste ich bei bestem Willen nicht, wer es war."Weißt du nicht mehr? Ich bins, Leo."
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Bis zum Ziel
Teen FictionRun. Bis zum Ziel. Nicht aufgeben. Sonst bist du raus. Ich rannte. Meine Spikes Nägel gruben sich in die Tartanbahn, ich stieß mich ab und flog mit einer perfekten Technik über die Hürde. Weiter. Ich spürte das Brennen in meiner Lunge. Weiter. ...