Kapitel 100

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Einen Monat später fand der Wettkampf statt, bei dem ich mich qualifizieren wollte. Ich hatte einige Extra-Trainings hinter mir, die letzten Wochen hatte ich so viel Trainiert wie noch nie.
Am Morgen mussten wir früh los, die Fahrt sollte eine Stunde dauern. Meine Sachen hatte ich schon gepackt und ich beeilte mich, nach unten zu laufen. Das Frühstück ließ ich ausfallen, ich schnappte mir nur eine Banane und einen Müsliriegel.
Doch auch das konnte ich kaum herunter bekommen. Das Adrenalin hatte sich schon seit mehreren Tagen in meinem Körper angestaut. Ich konnte kaum klar denken vor Aufregung.

Als wir an dem Platz angekommen waren, legten wir unsere Sachen ab.
Noah kam zu mir und lächelte mich an. "Wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?", fragte er. Ich kickte, er wusste zu gut, wie er  mich ablenken konnte. Zum Glück, denn sonst wäre ich gestorben.

Wir liefen ein wenig weg von den anderen und als uns niemand mehr sehen konnte, nahm Noah meine Hand.
"Du schaffst das!"
Ich lächelte zu ihm auf. Genau so etwas brauchte ich jetzt.

Etwa eine halbe Stunde später begann ich, mich warm zu machen. Ein paar Runden einlaufen und dann ein bisschen Gymnastik. Steffan gab mir Anweisungen,doch ich hörte ihn kaum. Die Welt war wie hinter einer Glaswand.

Steffan stellte ein paar Hürden auf, damit ich mich einarbeiten konnte. Die Bewegungen saßen, ich konnte mich jedoch kaum konzentrieren. Von Innen Fraß mich die Nervosität auf.

Als ich zum Start aufgerufen wurde, zog ich schnell meine lange Hose aus und gab sie Noah. Dann stellte ich mich hinter meinen Startblock.
Der Pfiff.
Die Gegnerinnen.
Das Adrenalin.
Nun konnte ich wieder klar denken, doch nichts und niemand hielt mich von meiner Konzentration ab.

Und dann stieg ich in den Startblock. In meinem Kopf war die letzten Tage immer nur ein Gedanke gewesen: Du musst die Quali schaffen!
Doch nun ließ ich diesen Gedanken los und versuchte, mich auf das Rennen zu konzentrieren.
Die Kommandos.
Der Startschuss.
Die ersten Schritte.
Wie ein Mechanismus funktionierte mein Körper, alles lief wie von selbst und doch musste ich mich anstrengen, nicht aufzuhören. Ich stürmte wie eine besessene die Bahn entlang und die Hürden störten mich kaum.
Es war, als gäbe es sie überhaupt nicht.
Als stünden dort keine Hindernisse, über die ich über musste.

Die Hälfte war geschafft, doch ich realisierte nichts um mich herum. Ich war gefangen in meinem Lauf, ich rannte, als ginge es um mein Leben.
Und irgendwann war ich endlich im Ziel.

Und genau in diesem Moment hörte mein Körper auf zu funktionieren.
Ich fiel unkontrolliert auf das Tartan und röchelte nach Luft.
Schon waren einige Gegnerinnen neben mir und klatschten mich ab.

Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich wieder aufstehen, mit Hilfe von Noah.
Meine Beine zitterten und alle Kraft war ihnen entwichen.

Ich schaute ängstlich zur Anzeigetafel. Der Gedanke der letzten Tage war nun wieder ein meinem Kopf:
Du musst die Quali schaffen!
Und nun wurden die Ergebnisse aufgelistet.
Erster Platz: Selene Hoester
Zweiter Platz: Alia Beiter
Dahinter standen die Zeiten, denen ich angstvoll den Blick abwand. Doch dann zwang ich mich, dort hin zu schauen.
Und dann weiß ich nicht mehr, was passierte.
Ich kann nur noch diese Unglaubliche Freude beschreiben, die meinen Körper durchströmte.
Ich schien zu schweben, ich brüllte mir meine Seele aus dem Leib und ich fing an zu heulen.
Mein Herz raste und ich schmiss mich in Noahs Arme. Auch er schrie und und beiden waren die anderen Menschen völlig egal!
Denn ich hatte es geschafft. Der größte Traum meines Lebens war wahr geworden.
Ich würde zu den Olympischen Meisterschaften nach Tokyo fahren!

Bis zum ZielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt