Kapitel 108

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Als ich in meinem Zimmer angekommen war, ließ ich meine Tasche auf den Boden fallen. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, sie aufzuhängen. Alles lag einfach in meinem Zimmer. Ich ließ mich auf mein Bett fallen. Ich konnte mich erst wieder aufraffen, als ich dachte, dass ich nun so viel Zeit mit Noah wie möglich verbringen musste!

Schnell lief ich in den anderen Teil des Gebäudes in sein Zimmer. Doch er war nicht da, auch nach dem dritten Mal Anklopfen öffnete er nicht die Tür. Ich überlegte, wo er sein könnte und beschloß, dass ich bei Basta klopfen würde. Ich wusste nicht genau, wo sein Zimmer lag, deshalb lief ich nach unten, wo eine Übersicht mit allen Zimmern und deren Bewohnern hing. Nach kurzem Suchen fand ich Bastis Namen dann. Ich musste die Treppe gar nicht nach oben laufen, denn Basti hatte ein Zimmer im Erdgeschoß. Als ich anklopfte, hörte ich schon die Stimmen der Jungs durch die Tür. Sie lachten laut und ich war froh, dass es Noah nicht so schlecht ging, dass er nicht mehr lachen konnte.

Als ich klopfte, öffnete Basti die Tür. "Hey, Alia. Ihr seid wieder da!" Ich nickte und fragte oben ich rein kommen konnte. Er trat zur Seite und meinte, dass ich gerne reinkommen könnte. Noah saß auf dem Bett und schaute mich erwartungsvoll an. "Hey, ich habe vorhin mit Stefan und Herrn Esser geredet."

"Ja, ich weiß, dass ich gehen muss." "Es tut mir so Leid! Ich habe es wirklich versucht!", mir kamen fast die Tränen, als ich das sagte. "Hey, du kannst da ja nichts für. Niemand kann etwas dafür. Und außerdem weiß ich ja selber, dass es halt ein bestimmtes Leistungslevel gibt, das ich nunmal nicht erreichen kann." In dem Moment fing ich wirklich an zu heulen. Es war mir auch egal, dass Basti noch im Raum war. Noah tröstete mich und als ich mich wieder beruhigt hatte, blieb ich noch eine Weile bei den Jungs. Es war dann trotz allem eine gute Stimmung und ich merkte, dass ich die letzten Tage mit Noah nicht heulend verbringen, sondern dass ich sie lieber genießen sollte.

In den nächsten Tagen hatte ich leider kaum Zeit, mit Noah zu sprechen. Entweder hatte ich extra Training oder es war normales Training oder es war immer irgendetwas. Ich hatte mir allerdings fest vorgenommen, mit ihm zu reden, seit Noah mitgeteilt worden war, dass er am nächsten Samstag, also in drei Tagen, fahren musste. Drei Tage. Das war nicht viel Zeit, um mit ihm über all das zu sprechen, das in meinem Kopf herumschwirrte. Ich wollte so vieles ansprechen, unsere schöne, gemeinsame Zeit noch einmal Revue passieren lassen.

Irgendwann am Freitagabend, als Noah dabei war, seine Sachen zu packen, lief ich zu ihm rüber. "Hey",begrüßte er mich, als er die Tür öffnete:"Ich wollte auch noch zu dir kommen. Fühlt sich echt komisch an, von hier gehen zu müssen"

Ich nickte. Mit eine Mal wurde mir erst bewusst, dass Noah wirklich gehen würde. Und dass wir uns erst einmal nicht wieder sehen würden. Für mindestens ein Jahr. "Ich wollte dich etwas fragen. Im Sommer, wenn wir nach Tokyo fliegen, darf ich zwei Personen mitnehmen. Meine Mutter nehme ich ganz bestimmt nicht mit! Und deshalb dachte ich, du und Jan, ihr könntet mitkommen. Ich würde mich sehr freuen!"

Noah fing an zu lächeln. "Das wäre sehr schön". Ich merkte, dass er sich wirklich freute. Wir hatten uns auf sein Bett gesetzt und als er mich anlächelte, berührten sich unsere Hände. Ich dachte an alle Momente, die wir gemeinsam erlebt hatten. Wie wir telefoniert hatten, als mein Vater gestorben war. Wie er mir geholfen hatte, als mein Leben ein einziger Scherbenhaufen gewesen war. Diese Erinnerungen mit Noah lösten eine Sehnsucht in mir aus, die ich nicht beschreiben kann.

Und wie von selbst passierte es dann. Ich glaube, er hatte genau so an unsere gemeinsame Zeit zurück gedacht, wie ich.
Wir küssten uns.

Bis zum ZielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt