Mir ging es gut. Bis es passierte.
Es war ein ganz normaler Tag, ich machte mich gerade fertig zum Nachmittags Training. Als es klopfte. Ich hatte sofort ein schlechtes Gefühl. Normalerweise klopfte niemand bei mir.
Wer konnte das sein?
Noah, dem ich wieder in den Sinn kam?
Oder Steffan? Hatte ich wieder irgendwas angestellt?Ich ging mit zitternden Knien zur Tür und öffnete sie. Als ich sah, wer davor stand, verflog die Stimmung, die ich die letzten Tage gehabt hatte mit einem Mal.
Es war Selene.
Bevor ich irgendwie reagieren konnte, stellte sie ihren Fuß in meine Tür.
"Was willst du?", fragte ich unfreundlich.
"Was wohl? Die letzten Tage war ich gnädig, aber Steffan hat mich schon ermahnt. Du kommst jetzt mit. Wir gehen zusammen zum Training.", sagte sie unfreundlich und ohne irgendwelche Widersprüche zu dulden.Ich verdrehte die Augen. Allerdings war mir bewusste, dass Selene jederzeit zu Steffan und Herrn Esser laufen konnte und dann wäre ich am Arsch! Und zwar gewaltig!
Ich schnappte mir also meine Sachen und wir gingen schweigend nebeneinander her zum Sportplatz.
Noah sah uns, doch er ignorierte mich weiterhin.
Als das Training zu Ende war, lief Selene wieder neben mir her zu unseren Zimmern. "Alia, ich ziehe in ein paar Tagen neben dir ein, Dina zieht aus.", damit ging sie weg.Wer war Dina? Verwirrt schaute ich ihr hinterher. Dann fiel es mir ein. Das war das Mädchen, das neben mir wohnte. Erschrocken stellte ich fest, dass ich nicht einmal wusste, wer in meinem Flur wohnte.
Nachdenklich schloss ich meine Tür auf und ging duschen. Meine Hochstimmung war inzwischen vollständig verflogen.
Ich spürte ein grummeln in meinem Bauch. Eine dunkle Vorahnung, dass bald etwas passierte, tauchte in meinem Kopf auf. Ich hatte keine Ahnung, was.
Die Angst tauchte auch wieder auf. Die große, schwere Wolke, die sich durch meinen Körper zog und sich ständig vergrößerte.
Und dann war da noch die Einsamkeit. Ich spürte sie nun so stark wie noch nie, vor allem beim Essen, wenn ich Basti, Selene und Noah zusammen bei den anderen sitzen sah.
Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, sie zu sehen und hörte auf zu essen. Ich ging einfach nicht mehr in die Mensa.
Einmal am Abend, als wir uns dem Ende des Trainings näherten, warf Noah mir einen langen Blick zu. Wir machten gerade ein paar Hürden Übungen und als ich seinen Blick bemerkte, stolperte ich über die Hürde und fiel hin. Mein Knie waren auf geschlagen.
Es blutete heftig und während Steffan los ging, um ein paar Pflaster zu holen, sollten die anderen weiter machen.Die drei machten auch ganz brav weiter, während ich am Rand saß und ihnen zusah und mir wünschte, Noah nicht angeschaut zu haben. Was dachte er sich jetzt? Dass ich nicht ohne ihn leben konnte? Das sollte er sich bloß aus dem Kopf schlagen! Ich brauchte niemanden!
Steffan kam wieder und gab mir ein Pflaster. Ich trainierte weiter, es tat zwar ein wenig weh, aber niemals so doll, dass ich nicht weiter trainieren konnte!
Nach dem Training musste ich Selene helfen, all ihre Sachen in das Zimmer neben mir zu tragen. Fehlte nur noch, dass eine Tür zwischen den Zimmern eine angebaut wurde, damit sie mal eben Nachts herein schauen konnte, ob ich noch da war!
Als die Sachen von Selene fertig eingeräumt waren, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Selene könnte mich jederzeit gegen irgendetwas verpfeifen, das ich gar nicht getan hatte, sodass ich von der Schule flog!
So wie ich Herrn Esser kannte, würde er Selene alles glauben, ohne nachzufragen...
Plötzlich ergab nichts mehr einen Sinn.
Warum war ich Sprinterin? Warum ging ich nicht einfach auf eine normale Schule so wie jeder andere auch?
Warum lebte ich überhaupt? Ging es im leben nicht nur darum, die Schule erfolgreich abzuschließen, etwas zu studieren und eine Familie zu gründen? Und dann Geld heran schaufeln, damit es der Familie gut ging?
Und am Ende zu sterben, ohne irgendetwas erreicht zu haben?
Warum starb man nicht einfach früher?
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Bis zum Ziel
Teen FictionRun. Bis zum Ziel. Nicht aufgeben. Sonst bist du raus. Ich rannte. Meine Spikes Nägel gruben sich in die Tartanbahn, ich stieß mich ab und flog mit einer perfekten Technik über die Hürde. Weiter. Ich spürte das Brennen in meiner Lunge. Weiter. ...