Kapitel 33

77 10 2
                                    

Als das Frühstück zu ende war, verschwanden Noah und ich in die Stadt. Erst um vierzehn Uhr sollten wir wieder am Hotel sein, um zum Stadion zu fahren.

"Na ja, ich würde sagen, irgendwann kommst du ja nach Hause. Spätestens, wenn du dein Abi in der Tasche hast. Dann schaust du dir diesen Gus mal an, falls sie mit ihm noch zusammen ist, und dann redest du mit ihr. Aber wenn du mich fragst, verdient sie dich nicht. Wenn die dich einfach so ab schreibt, dann weiß sie nicht, wie toll du eigentlich bist.",sagte Noah verständnisvoll.

Als er über Gus redete, musste er sich das Lachen verkneifen.
Ich auch. Aber bis ich Diana wieder sehen würde, würde es mindestens noch ein Jahr dauern.

Wir schleuderten wieder durch Rostock, die Aufregung im Bauch.

Zwischendurch knufften oder kitzelten wir uns gegenseitig freundschaftlich.

Dann war es auch schon wieder Zeit, zum Hotel zurück zu kehren.
Dort schnappte ich mir schnell meine Sachen und lief nach unten, wo die anderen schon warteten.

Wir fuhren zum Stadion, wo ich ausstieg und mich ersteinmal über gab.
Die Aufregung.

Ich zog mich um, das Trikot der Schule leuchtete, es fiel auf zwischen den anderen.

Als wir begannen, uns waren zu machen, schoben sich plötzlich dicke Wolken vor die Sonne. "Na toll! Hoffentlich regnet es nicht", dachte ich laut und Selene warf kir nur einen giftigen Blick zu.

Sie war launischer als sonst.
Kurz vor dem Rennen, als wir in den Callroom mussten, verschwand sie auf der Toilette. Was sollte das, sie war doch gerade erst gegangen?

Ich machte mir aber keine weiteren Gedanken über sie, sondern konzentrierte mich.

"Das A-Finale: Hannah Jahn?"
"Ja"
"Selina Böge?"
"Ja"
"Anna Schmidt?"
"Ja"
"Selene Hoester?"
"Ja"
Wo war sie denn jetzt so schnell hergekommen?
"Alia Beiter?"
"J-ja", meine Stimme zitterte.

Wir gingen raus auf die Bahn. Ich stellte meinen Startblock ein. Dieses mal war die Routine wie aus dem Kopf gewischt.
Einfach weg.

Ich machte ein paar Probe Starts.
Diesmal konnte Noah leider nicht zuschauen, weil er selber im Callroom saß.

Wir waren fertig.
Alle bereit.

Der Starter pfiff.
Ich hüpfte auf und ab.
"Auf die Plätze"

Ich stieg in meinen Startblock. Ich klopfte mir meine Oberschenkel aus.
Nervös atmete ich einmal tief durch.
Dann schoss mir ein wahnsinniger Gedanke durch den Kopf.

Die EM-Norm.
Ich wollte zur Europameisterschaft.

Um den Gedanken aus zu reifen war nicht genug Zeit.

"Fertig"
Kein Zurück.
Einfach rennen.

"Los"
Die Pistole schoss. Zweimal.
Fehlstart.

Mit zitternden Händen hoffte ich, dass ich es nicht gewesen war.
Nein. Es war Selina gewesen.
Doch sie durfte weiter laufen.

Noch einmal das ganze.
Diesmal war der Gedanke ausgereifter. Ich wollte es probieren.

Doch dafür musste ich schnell sein. Sehr sehr schnell.

Wieder in den Startblock.
Noch einmal.

"Fertig"
Konzentrieren.
Starten.
Rennen.

"Los"
Und es ging los. So schnell wie noch nie.
Über die Hürden.
Weiter.
Bis zum Ziel.
Über das Ziel hinaus.

Weiter. Über die nächste Hürde.
Meine Technik war perfekt. Einfach gut.
Ich flog über die Hürde, konnte nicht denken. Es wurde langsam schwarz vor meinen Augen.
Ich hörte nichts mehr.
Spürte nichts mehr.

Sah nur die Hürden. Weiter.
Nicht stürzen, einfach schneller laufen. Tja, so einfach ging das nicht.

Schnellere Bewegungen. Beine in den Boden drücken. Und wieder abstoßen.

Über die nächste Hürde.
Weiter.
Immer weiter.

Ich bekam keine Luft mehr. Aber das war nicht so wichtig.

Weiter, immer weiter. Schneller, immer schneller!

Und die letzte Hürde. Über, schnell wieder runter und weiter. Alles geben, ins Ziel hinein stürzen.

Ich wusste nicht, welchen Platz ich hatte. Ich wusste auch die Zeit nicht.
Ich wusste nichts.

Bis zum ZielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt