Kapitel 5 (!)

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Ich kam ins Ziel und brach fast zusammen.
Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Sie zitterten. Ich wusste nicht, ob ich vor Selene ins Ziel gekommen war.
Ich wusste auch nicht, welche Zeit ich gelaufen war.
Ich wusste nur, dass ich nicht gestürzt war und dass ich im Ziel war.

Steffan kam auf uns zu u d hatte fast so etwas wie ein Lächeln auf dem Gesicht.
Der Lauf musste also gut gewesen sein, denn Steffan lächelte nie.
Oder er kniff einfach die Augen vor der Sonne zu.

Nach einem Rennen fühlt man sich,als würde man gerade sterben. Alles tut weh, man bekommt kaum noch Luft und möchte einfach nichts mehr tun.
Ich röchelte, ich holte tief Luft, doch es klang als würde ich mich gleich über geben.

Die anderen Gegnerinnen kamen auf mich zu, wir umarmten uns gegenseitig.
"Gut gemacht", flüsterte ich Selene ins Ohr.

Das liebte ich an Leichtathletik. Man gratulierte sich gegenseitig zum Sieg. Bei anderen Sportarten waren die Verlierer schlechte Verlierer und traurig oder wütend. Beim Leichtathletik war man natürlich auch traurig, wenn man eine bestimmte Zeit nicht geschafft hatte oder so. Doch dann ließ man das nicht an seinen Gegnern aus, sondern beruhigte sich irgendwie anders.

Wir mussten von der Bahn runter, denn der nächste Vorlauf stand an.
Die Mädchen standen schon hinter ihren Startblöcken, bereit zu kämpfen.

Wir tauchten unter der Bande durch. Nun mussten wir, immer noch außer Atem, auf den Fersen laufen. Das war normal bei Leichtathleten. Die Spikes durften nur so wenig wie möglich den Beton berühren, denn die Nägel wurden dadurch stumpf.

Wir setzten uns auf die Tribüne, Steffan reichte uns etwas zu trinken. "Alia, deine Technik müssen wir verbessern. Dann wärst du schneller. Selene, bei dir hakt es etwas an der Kraft." Wir nickten, waren schon daran gewöhnt dass wir kein Lob bekommen würden.

Als alle Vorläufe durch waren, wurden die Leute, die im Endlauf waren, durch das Mikrofon angesagt.
Insgesamt fünf Läuferinnen. Zu den Namen wurden auch noch die Zeiten gesagt.

Meine Zeit war okay. 14,73 s. Damit war ich zwölfte deutschlandweit.
Selene war schneller als ich gewesen. 14,72 s. Das war "nur" eine Millisekunde schneller als ich. Und ich würde ich sie noch schlagen, diese Saison.
Das nahm ich mir fest vor.

Wir hatten noch eine dreiviertelstunde bis zum Endlauf und so beschäftigte jeder sich wieder für sich.
Ich nahm mir meine Mathesachen und versuchte zu lernen. Doch ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich stand noch immer unter Spannung.

Ich legte meine Sachen wieder weg und über legte eine Banane zu essen. Doch so kurz vor dem Lauf ging das nicht.

Einige Zeit später begannen Selene, Basti und ich, uns wieder ein bisschen aufzuwärmen.

Und das ganze noch einmal. Der ganze Druck, die Aufregung, das Kribbeln, das flaue Gefühl im Magen...
Ich atmete tief durch. Warum machst du das ganze Alia?, fragte ich mich selber. Weil du es liebst. Du sprintest schon dein Leben lang, das hast du doch schon immer gemacht. Der Sportplatz ist dein Zuhause!

Basti war dran. Er stellte sich noch einmal hinter den Startblock, stellte ihn ein und kniete sich zum Start hin.
Er gewann das Rennen nur knapp. Seine Zeit war nur mäßig gut.

Nun waren wir dran. Fünf sechzehn, siebzehn oder achtzehn jährige Mädchen, die alle das gleiche taten. Sprinten.

Der Startschuss fiel, ich schoß wie eine Rakete aus dem Block.
Deine Bestzeit toppen!

Ich kam ins Ziel, Selene leider immer noch vor mir, ich war zweite.
Wir machten uns daran, die Spikes auszuziehen.
Ich umarmte Selene. Ich tat dies ein bisschen verhalten, weil ich enttäuscht war, sie nicht geschlagen zu haben.

Die anderen Mädchen umarmten sich gegenseitig, beglückwünschten sich.
Doch ich wollte das nicht. Enttäuscht und traurig ging ich zu meiner Tasche, so Steffan auf Selene und mich wartete. "Deine Zeit ist schlechter als würde im ersten Lauf", knurrte er. Entschuldigen nickte ich mit dem Kopf und zog die Schultern hoch.

Eine halbe Stunde später war Siegerehrung.
Danach wurden noch jede Menge Fotos gemacht, doch ich ging direkt zu den Duschen.
Ich stellte mich unter das warme Wasser und versuchte, mich zu entspannen.

Bis zum ZielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt