Auf Wiedersehen, Norbert

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Langsam wird es Abend und der Gemeinschaftsraum leert sich. Bald sind Harry und ich allein.
„Ich denke wir sollten jetzt langsam los", meint Harry und wirft einen Blick auf eine Standuhr. „Es ist schon halb elf!"
Ich nicke zur Bestätigung und lege mein Buch zur Seite: „Du hast Recht. Hol deinen Tarnumhang, ich warte hier."
Schnell huscht er die Stufen zum Jungenschlafsaal hinauf.

Bin ich gerade dabei die Schulregeln zu brechen? Was ist nur aus mir geworden? Noch vor knapp einem Jahr bin ich pünktlich um neun Uhr im Bett gewesen und jetzt bin ich gerade dabei, eine der wichtigsten Schulregeln zu brechen!

„Bist du soweit?", fragt mich eine Stimme aus dem Nichts heraus.
Ich zucke fürchterlich zusammen und wirble herum. „Harry! Du hast mich total erschrocken!"
„Oh, tut mir leid Mine. Komm unter den Tarnumhang, wir müssen los!", er hebt den Tarnumhang ein wenig an, damit ich mit drunter schlüpfen kann.
„Interessant", staune ich als ich das erste Mal unter dem Umhang bin. „Man sieht hier alles wie durch einen leicht silbrigen Schleier", stelle ich fest.
Wir steigen nun durch das Portraitloch.
„Ja und wir sind komplett unsichtbar. Bisher hat mich niemand bemerkt. Naja, zu mindestens kein Mensch."
„Was soll das heißen? Kein Mensch?"
„Ich bin mir nicht sicher, ob der Umhang auch bei Tieren wirkt. Ich hatte neulich das Gefühl, dass Mrs. Norris mich direkt anstarrt obwohl ich den Umhang getragen habe!"
„Neulich? Wie oft bist du denn nachts unterwegs?"
„Pssst! Peeves!", warnt Harry.
Peeves, der gerade dabei ist ein paar Trolle in einem Portrait mit Schnurrbärten zu verzieren, hat uns noch nicht bemerkt.
Leise schleichen wir uns um ihn rum und schweigen, aus Sicherheitsgründen den restlichen Weg zu Hagrid.

„Hagrid wir sind's!", sagt Harry und klopft gegen die Tür.
Wenige Sekunden später öffnet Hagrid die Tür „Wo seid ihr denn?"
„Stimmt der Tarnumhang", Harry zieht den Umhang von unseren Köpfen.
„Ah, da seid ihr ja! Ich hab Norbi in einen Korb gesteckt und ihm ein paar Ratten mit Schlafmittel gegeben, damit er die Reise über ganz ruhig ist und keine Angst bekommt. Wo is'n überhaupt Ron?", bemerkt er schließlich.
„Norberts Biss neulich war giftig und er liegt im Krankenflügel", erkläre ich ihm.
„Aber Hermine und ich schaffen das schon!", sagt Harry.
„Norbert, hat's bestimmt nicht so gemeint. Er ist eigentlich ein ganz Lieber, wisst ihr."
Ich werfe einen Blick hinter Hagrid in seine Hütte. Zumindest was davon übriggeblieben ist. Der „liebe" Norbert hat so ziemlich alles zerstört, was Hagrid als sein Eigentum bezeichnet.
„Hagrid, wir müssen jetzt los! Charlies Freunde werden gleich kommen und bis dahin müssen wir auf dem Astronomieturm sein", sagt Harry entschlossen und greift Norberts Korb. Schnell werfe ich den Tarnumhang über uns beide und helfe Harry beim Tragen.
„Tschüss Norbert! Viel Spaß bei deinen Verwandten!", ruft Hagrid uns noch hinterher und schnieft in ein Taschentuch.
Wir durchqueren die Eingangshalle und fahren vor Schreck zusammen als wir ihre Stimme hören. „Mitten in der Nacht durch die Schule wandern! Was fällt ihnen ein! Strafarbeit!"
Professor McGonagall zieht zu unserer Belustigung Draco Malfoy am Ohr hinter sich her. „Aber Professor! Harry Potter und seine Freunde sind mit einem Drachen unterwegs!"
„Von ihrem Unsinn, den sie über Mr. Potter verbreiten, habe ich schon gehört!", blafft sie ihn an „Ich werde mit Professor Snape über sie sprechen!"
Bald entfernen sie sich von uns und wir beginnen im Stillen zu jubeln.
„Malfoy bekommt eine Strafarbeit!", jubelt Harry.
„Besser kann die Nacht nicht mehr werden! Wir werden Norbert los und Malfoy bekommt Strafe!", steige ich in den Jubel mit ein.
Dann setzen wir unseren Weg zum Astronomieturm fort.
„Wir sind gleich da!", keucht Harry als wir die letzten Stufen des Astronomieturms emporstiegen. Zur Bestätigung japse ich ein paar Wortfetzen.
„Geschafft!", sagt er schließlich und wir stellen Norberts Korb ab.
Keuchend setzte ich mich auf den Boden und Harry lässt sich neben mir fallen.
„Wer hätte gedacht, dass ein Drache so schwer sein kann", sagt er nach ein paar Minuten. Mittlerweile hat sich mein Herzschlag und mein Atem wieder beruhigt.
„Norbert ist wirklich schwerer als er aussieht! Hagrid hat ihn wirklich gut gepflegt!", bemerke ich und lasse mich auf meinen Rücken fallen und schaue in die Sterne.
„Viel zu gut!", bemerkt Harry und legt sich ebenfalls auf sein Rücken.
Da liegen wir beide nun, nebeneinander und schauen in die Sterne.
„Noch vor einem Jahr hätte ich das alles hier nicht geglaubt!", beginne ich wieder nach einiger Zeit das Gespräch.
„Was meinst du?"
„Na ja, die Regeln zu brechen, dass ich eine Hexe bin oder einen Drachen mitten in der Nacht auf einen Turm schleppe!", zähle ich scherzhaft auf.
„Mir geht es genauso. Noch vor einem Jahr wusste ich nichts von dieser Welt. Damals habe ich bei meinen Verwandten gewohnt. Nie habe ich Freunde gehabt, aber jetzt habe ich dich und Ron."
„Ich weiß gar nichts über dein Leben vor Hogwarts. Erzähl mir etwas über deine Verwandten", fordere ich ihn auf.
Zu meiner Überraschung lacht er auf und beginnt zu erzählen: „Meine Verwandten haben mich wie einen Sklaven behandelt. Mein Cousin Dudley konnte mich von Kindheitstagen an nicht leiden. Seitdem ich ihn kenne, macht er mir das Leben zur Hölle. Er war auch der Grund wieso ich keine Freunde finden konnte. Immer, wenn ich dabei war jemanden kennenzulernen, hat Dudley dafür gesorgt, dass derjenige wieder auf Abstand ging. Mein Onkel Vernon, hat eine Bohrmaschinenfirma und..."

Vernon? Dudley? Bohrmaschinenfirma? Das kommt mir bekannt vor!

„Harry?" Ich unterbreche ihn mitten im Satz.
„Hm?"
„Wie heißen deine Verwandten mit Nachnamen?"
„Dursley. Wieso?"
Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
„Das ist ja ein Zufall! Meine Eltern wollten mich nach der Schule, natürlich bevor der Hogwartsbrief kam, auf einer Schule Namens „Smeltings" anmelden. Die Schule hat im Sommer eine Infoveranstaltung gegeben und die Dursleys waren auch da! Dudley hat sich damals darüber beschwert, dass du nicht mit musstest!", ich bin ganz begeistert, mit so einem Zufall hätte ich nie gerechnet.
„Wirklich? An dem Abend haben sie mich dazu verdonnert Dudleys Kleidung zu bügeln. Als sie nach Hause kamen, haben sie nur von der großartigen Schule geschwärmt. Meine Tante meinte, dass er wohl einen besonderen Eindruck hinterlassen hätte."
„Ja, hat er auch aber eher negativ als positiv. Er hat sich benommen als wäre er acht Jahre alt."
Harry beginnt zu lachen und ich steige mit ein.
„Schau! Das müssen sie sein!", Harry springt auf und deutet auf einen dunklen, immer größer werdenden Schatten am Horizont.
Wenige Augenblicke später landen vier von Charlies Freunden auf dem Turm.
Einer von ihnen zeigt uns die Konstruktion, die sie für Norbert gebaut haben, damit sie ihn sicher zwischen ihren Besen transportieren können. Schnell befestigen sie Norbert in der Konstruktion und fliegen wieder davon.
Wir schauen ihnen nach, bis sie im dunklen Himmel verschwunden sind und seufzen dann auf.
„Endlich! Wir haben es geschafft Hermine!", jubelt Harry und wir umarmen uns.
„Und Malfoy bekommt eine Strafarbeit!", juble ich wieder mit ihm. Ich kann es gar nicht oft genug sagen.
Siegestrunken steigen wir die Treppe des Astronomieturms wieder hinunter.
Wir erreichen die letzte Biegung der Wendeltreppe und wie es das Schicksal will, steht dort Filch.

Wir haben den Tarnumhang oben auf dem Turm liegen gelassen!

„So, So, So. Wen haben wir denn da?", gackert er „Da haben wir wohl zwei weitere Schüler für eine Strafarbeit gefunden!"
Schnell findet meine Hand Harrys Hand. Wir beide haben im selben Moment nach einander gegriffen.
„Na, dann kommt mal mit Professor McGonagall wird gar nicht begeistert sein, wenn ich ihr erzähle, was ich noch gefunden habe!"
Vor Angst verstärke ich den Druck auf Harrys Hand und uns bleibt nichts Anderes übrig, als ihm zu folgen.

Hermine Granger und die magische WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt