Der Zeitumkehrer

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„Erstklässler, hier lang!", ruft eine vertraute Stimme.
Harry, Ron und ich drehen uns ihr zu und erblicken Hagrid, der alle anderen um Längen überragt.
„Na, alles klar ihr drei?", fragt er uns mit einem Lächeln.
Wir winken ihm zu und bewegen uns zu den Kutschen. Mindestens einhundert Kutschen stehen, wie jedes Jahr, bereit, um uns zum Schloss hinauf zu fahren.
Plötzlich werde ich unsanft zur Seite gedränt. „Mach Platz, Granger!", schnarrt Malfoy, der mich gerade zur Seite gedränt hat.
„Potter, du bist ohnmächtig geworden? So richtig ohnmächtig?" Die Slytherins, hinter Draco, lachen hämisch.
„Halt den Mund, Malfoy", giftet ihn Ron an.
„Es stimmt also. Machen dir Dementoren Angst, Potter?"
Bevor Harry sich noch in Schwierigkeiten bringen kann, bevor das Jahr überhaupt begonnen hat, dränge ich ihn in die Kutsche.
„Wie hat er das rausbekommen?", fragt er erschüttert, nachdem Ron die Tür zur Kutsche geschlossen hatte und wir losgefahren sind.
„Ich weiß nicht", erwidere ich erbost. „Aber hör nicht auf ihn. So etwas kann jedem Mal passieren." Aufmunternd lächle ich ihn an.
„Es ist mir trotzdem peinlich", knurrt er.

Wenig später kommen wir am Schlossportal an und verlassen unsere Kutsche. Gerade als wir auf dem Weg in die große Halle sind, ruft uns eine strenge Stimme zurück. „Potter! Granger! Ich will sie beide sprechen!", ruft Professor McGonagall mit strenger Stimme.
Harry und ich tauschen einen verwirrten Blick.
„Wir treffen uns in der Halle", sagt Harry zu Ron und ich winke ihm zum Abschied zu, dann gehen wir zu McGonagall hinüber.
„Keinen Grund besorgt zu sein. Ich will nur, dass sie mit in mein Büro kommen", sagt sie freundlich.
Das letzte Mal, dass ich in Professor McGonagalls Büro war, ist schon fast zwei Jahre her. Damals habe ich mit Harry zusammen den Drachen Norbert, den Hagrid angeschafft hatte, weggeschafft. Das hat uns damals einhundertfünfzig Punkte gekostet und damit die Führung im Hauspokal.
„Potter, Professor Lupin hat mich davon unterrichtet, dass sie im Zug erkrankt sind", sagt Professor McGonagall streng, als wir gerade ihr Büro erreicht haben. Harry will gerade etwas erwidern, als auch schon die Tür hinter uns aufgestoßen wird.
Madam Pomfrey kommt hineingeilt und Harrys Gesicht wird rot. Ihm ist es wahrscheinlich peinlich, dass so viel Aufhebens um ihn gemacht wird.
„Mir geht es gut", ruft er. „Ich brauche nichts."
„Oh, Mr. Potter, Miss Granger. Wie jedes Jahr Sie beide", sagt sie mit nicht ganz ernster Stimme.
Über Professor McGonagalls Gesicht huscht ein bei ihr selten gesehenes Lächeln.
„Sie beide haben bestimmt wieder etwas Gefährliches gemacht! Wo ist Mr. Weasley? Muss er auch behandelt werden?", fragt sie wieder im ernsten Ton.
„Es war ein Dementor, Poppy", erklärt Professor McGonagall. Sie und Madam Pomfrey tauschen ernste Blicke.
„Die Entscheidung Dementoren an einer Schule zum Schutz einzusetzen, kann ich einfach nicht nachvollziehen!", wettert Madam Pomfrey, während sie Harrys Augen untersucht. „Machen Sie sich nichts draus, Potter, Sie werden nicht der letzte sein, der mit ihnen zusammenstoßen wird!"

Die Dementoren zum Schutz?

„Was braucht er?", fragt Professor McGonagall. „Bettruhe?"
„Zumindest sollte er etwas Schokolade essen", schlägt Madam Pomfrey vor.
„Die hatte ich schon!", ruft Harry. „Professor Lupin hat sie mir gegeben. Er hat uns allen welche gegeben!"
„Wirklich?", fragt Madam Pomfrey mit Anerkennung in der Stimme. „Endlich mal ein Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste, der sein Fach auch beherrscht!"
In Gedanken gebe ich ihr recht. Unsere letzten Lehrer waren eher... weniger gut.
„Sind Sie sich sicher, dass sie sich wohl fühlen, Potter?", fragt Professor McGonagall ernst.
„Ja, Professor!", sagt Harry sicher.
„Sehr schön, Sie können zum Fest gehen. Ich habe noch etwas mit Miss Granger zu besprechen", weist sie ihn an.
„Nein, schon gut ich warte auf Sie", sagt Harry und lächelt mir zu. „Ich warte draußen, Hermine."
Ich nicke ihm zu, gespannt was Professor McGonagall von mir möchte.
Sie wartet, bis Harry mit Madam Pomfrey den Raum verlassen hat und die Tür geschlossen ist, dann beginnt sie: „Miss Granger, Sie haben dieses Jahr alle Fächer gewählt, sind Sie sich dem bewusst?"
„Aber natürlich, Professor", antworte ich.
„Gut, Professor Dumbledore und ich hatten ein Gespräch mit einigen Ministeriumsangestellten und wir konnten erwirken, dass Sie, als ganz besondere Schülerin, mit diesem Gegenstand ausgestattet werden."
Sie zieht eine goldene Kette aus ihrer Schreibtischschublade, an der ein silbernes Stundenglas hängt.
„Dies ist ein Zeitumkehrer. Mit ihm ist es möglich, an zwei Orten gleichzeitig zu sein. Jede Umdrehung lässt Sie eine Stunde wiederholen."
Ich verstehe, worauf sie hinauswill. „So kann ich mehrere Schulstunden gleichzeitig absolvieren", schließe ich.
„Ganz genau", sagt Professor McGonagall.
„Ich muss sie jedoch über einiges Aufklären: Die Zeit ist etwas, mit dem man nicht einfach so herumspielen sollte. Achten Sie darauf, dass Sie sich niemals selbst begegnen und benutzen sie den Zeitumkehrer nur für den Unterricht."
Ich nicke.
„Verraten sie niemanden, nicht mal Mr. Potter oder Mr. Weasley, von dem Zeitumkehrer!", sagt sie ernst und überreicht mir den kleinen Gegenstand.
Ich nicke wieder und lege mir den Zeitumkehrer um. Jetzt habe ich zwei Ketten um den Hals hängen.
„Gut, ich denke, Sie sollten Mr. Potter nicht mehr warten lassen", sagt sie wieder lächelnd.
„In Ordnung, vielen Dank, Professor", sage ich und verlasse den Raum.
Ich bin froh, dass mir so eine Gelegenheit offengelegt wurde und verlasse mit einem Lächeln das Büro.
Harry steht an die Wand gelehnt im Flur und wippt mit dem Fuß.
„Na, das hat ja nicht allzu lange gedauert", sagt er mit einem Lächeln. „Du freust dich ja so."
Ich zucke nur mit den Schultern und bewege mich in Richtung große Halle. „Meinst du wir schaffen es noch zur Auswahl?", frage ich ihn.
Er wirft einen Blick auf seine Uhr. „Könnte knapp werden, aber McGonagall ist ja auch noch nicht da. Sie werden doch nicht ohne sie anfangen?"
Doch leider hat Harry sich geirrt. Gerade als wir die Große Halle betreten, wird der sprechende Hut hinausgetragen und Professor Dumbledore erhebt sich. Schnell eilen wir zu Ron hinüber und lassen uns auf unsere Stühle nieder.
„Da seid ihr ja endlich", flüstert er, dann erhebt Dumbledore die Stimme.
„Willkommen! Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts! Ich habe euch einige Dinge mitzuteilen, bevor wir mit unserem Festmahl beginnen!"
Er räuspert sich ernst.
„Wie ihr sicher mitbekommen habt, beherbergt unsere Schule dieses Jahr Dementoren, die im Auftrag des Ministeriums hier sind. Sie sind an allen Eingängen postiert und ich muss euch klar sagen, dass niemand ohne Erlaubnis die Schule verlassen darf, während sie hier sind. Dementoren können nicht mit Tricks oder Verkleidungen zum Narren gehalten werden, nicht einmal mit Tarnumhängen."
Wir drei verstehen die Anspielung wechseln einen schnellen Blick.
„Es liegt nicht in der Natur eines Dementors, Bitten oder Ausreden zu akzeptieren. Ich ermahne daher jeden einzelnen von euch: Gebt ihnen keinen Grund euch Leid zu zufügen."
Die Große Halle liegt im Schweigen. Niemand macht auch nur einen Ton, bis Dumbledore wieder erneut die Stimme hebt.
„Nun zu etwas Erfreulichem. Ich freue mich dieses Jahr zwei neue Lehrer vorstellen zu dürfen! Zunächst möchte ich euch Professor Lupin vorstellen, der sich freundlicherweise dazu bereit erklärt hat, dieses Jahr Verteidigung gegen die dunklen Künste zu unterrichten."
Lupin erhebt sich und es gibt vereinzelt Beifall.
„Zu unserem zweiten Neuzugang!", ruft Dumbledore, nachdem sich Lupin wieder gesetzt hat. „Da Professor Kesselbrand sich letztes Jahr zur Ruhe gesetzt hat, um sich an seinen wenigen verbleibenden Gliedmaßen zu erfreuen, ist die Stelle für Pflege magischer Geschöpfe frei geworden, die nun kein anderer übernimmt als unser Wildhüter, Rubeus Hagrid."
Harry, Ron und ich schauen uns einen Moment verdutzt an, steigen dann aber in den tosenden Applaus mit ein.

Wer hätte sonst so ein bescheuertes Buch aussuchen können?

Hagrid, wischt sich mit einem Tischtuch die Augen.
„Nun!", ruft Dumbledore, nachdem sich der Applaus gelegt hat. „Beginnen wir mit dem Fest!" Er klatscht in die Hände und die Tische decken sich.
„Hagrid ist also der neue Lehrer?", stellt Ron fest. „Na ja, wundern tut es mich nicht. Wer würde sonst so ein Buch anfordern."
„Ich habe es nie hinbekommen, es überhaupt zu öffnen", sage ich. „Alle Bücher von diesem Jahr habe ich bereits durchgelesen, nur dieses Buch nicht."
„War ja klar", murmelt Ron und kaut weiter auf seiner Hähnchenkeule rum.
„So kennen wir sie doch, unsere Hermine", lacht Harry und beißt von seiner Pastete ab.
Das Festmahl ist schnell vorüber und wir drei können es kaum erwarten, Hagrid zu seiner neuen Position zu gratulieren.
„Herzlichen Glückwunsch, Hagrid!", rufe ich, nachdem das Fest offiziell als beendet erklärt wurde und die meisten Schüler auf dem Weg in die Gemeinschaftsräume sind.
Wir eilen zum Lehrertisch und Hagrid umarmt jeden von uns. „Vielen Dank", schnieft er. „Das war schon immer mein Traum... Großartiger Mann, Dumbledore, kaum hat Professor Kesselbrand seinen Ruhestand angefordert, kam er auch schon auf mich zu." Wieder schnieft er.
„Wir freuen uns schon auf die erste Stunde", sagt Harry.
„Danke, Harry", erwidert Hagrid lächelnd. „Ich habe mir auch was ganz Besonderes ausgedacht! Ihr werdet sehen!"
„Nun hoch in den Gemeinschaftsraum!", ruft McGonagall hinter uns. „Husch!"

Als wir vor dem Gemeinschaftsraum ankommen, hat sich hier schon eine kleine Menschentraube gebildet.
„Hat Percy niemanden das Passwort gesagt?", frage ich in die Runde. Doch meine Frage beantwortet sich von selbst.
„Ich komme schon! Das Passwort ist: Fortuna Major!"
„Oh, nein", stöhnt Neville. „Das kann ich mir doch nie merken."
Nach der langen Reise sind wir alle erschöpft und ich verabschiede mich von Ron und Harry.
Ich umarme beide zum Abschied und wünsche ihnen eine gute Nacht. Dann folge ich Lavender und Parvati in unseren Schlafsaal.
„Nun erzähl Hermine, wie waren deine Ferien", fragt Parvati, nachdem wir uns alle drei fertiggemacht haben und uns in unsere Himmelbetten gelegt haben.
„Oh, erst war ich mit meinen Eltern in Frankreich, das war echt wunderbar." Und ich erzähle ihnen lang und breit von meinem Frankreichaufenthalt.
„Da scheint ordentlich die Sonne geschienen zu haben", schmunzelt Lavender. „Du bist echt gut gebräunt."
„Ja, das hat Harry auch gesagt."
Ich denke an den Tag in der Winkelgasse zurück. Harry hat mich in die Arme geschlossen und mir dann lange in die Augen gesehen und mir dann behutsam auf die Nase gestupst.
Ich bekomme eine Gänsehaut als ich mich an seine Berührung erinnere.
Kichern reist mich aus den Gedanken.
„Entschuldigung, was war?", murmle ich verlegen.
„Na ja, nachdem du Harry erwähnt hast, warst du nicht mehr ansprechbar", feixt Lavender.
„Oh...", gebe ich kurz und lasse mir eine Ausrede einfallen. „Ich habe nur an die letzte Ferien Woche gedacht, die ich mit Harry und den Weasleys gemeinsam in der Winkelgasse verbracht habe. Es war eine schöne Zeit."
„Wegen Harry", sagen Lavender und Parvati gleichzeitig und brechen in Gelächter aus.
„Oh, ihr seid doof!", rufe ich.

Wow, damit hast du es ihnen gegeben.

„Wieso spielt ihr immer auf etwas zwischen mir und Harry an. Da ist nichts!"
„Natürlich nicht", kichert Parvati. „Wir ziehen dich doch nur auf."
Nun erzählen Parvati und Lavender von ihren Ferien und eine Stunde später versinken wir in unseren Betten.
Ich lasse wieder meine Gedanken kreisen:
Etwas hat sich zwischen mir und Harry geändert. Klar ich hatte zu ihm immer ein anderes Verhältnis als zu Ron, aber dieses Jahr habe ich immer ein komisches Gefühl, wenn ich ihn sehe... Was stimmt nur nicht mit mir?

Ich beschließe, mir in den nächsten Wochen darüber klar zu werden und falle in einen erholsamen Schlaf.

Hermine Granger und die magische WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt