Noch ein Geheimnis

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Wie ich es mir vorgenommen habe, stehe ich am Sonntagmorgen früh auf. Seufzend steige ich aus dem Bett und achte darauf, Lavender und Parvati nicht zu wecken. Ich husche zum Schrank und krame eine schicke Bluse hervor.

„Die Hose von gestern kann ich wohl nicht mehr anziehen.", murmle ich zu mir selbst und halte die völlig in Matsch getränkte Jeans hoch.
Daher suche ich eine frisch gewaschene, enge Jeans hervor und verschwinde im Bad.
Fünfzehn Minuten später komme ich zurück in den Schlafsaal.
Lavender setzt sich auf und schaut mich an „Hermine, es ist Sonntag, acht Uhr wo willst du hin?", stöhnt sie.
„Zu Harry.", sage ich und stopfe meine Schulbücher und die Aufzeichnungen in meine neue Schultasche.
„Der wird doch auch noch später da sein und glaubst du nicht, dass er auch noch schläft?", fragt sie und reibt sich die Augen.
„Ja, schon...", jetzt komme ich mir affig vor. „Aber ich will ihn nicht so lange allein lassen."
Lavender schmunzelt. „Na schön. Ich komm nachher auch noch mal, aber ich hau mich jetzt noch mal hin." Sie lässt sich wieder auf ihr Bett fallen.
Ich schleiche leise zur Tür und husche hinaus um nicht noch Parvati zu wecken. Kaum das ich die Tür geschlossen habe, höre ich Stimmen von innen.
„Sie hat Angst, dass Ginny zu Harry geht, oder?", sagt Parvati.
„Aber sowas von."
Beide Mädchen kichern.
Etwas peinlich berührt gehe ich in den vollkommen verlassenen Gemeinschaftsraum. Komisch, dass niemand um halb neun schon auf den Beinen ist.
Ich gehe zum Portal und lasse das Portrait zur Seite schwingen.
„Wer da?!", ruft Sir Cadogan. „Ach sie sind es nur holde Maid." Er verbeugt sich. „Verzeihen sie die Unannehmlichkeit, ich dachte es sei dieser räudige Köter, der das Passwort jedes Mal vergisst."
„Nein Sir Cadogan, ich bin nicht Neville."
Neville kommt die Treppen hochgelaufen. „Hermine, bitte.", keucht er. „Ich habe das Passwort vergessen und er lässt mich nicht hinein. Ich war die ganze Nacht draußen."
Neville hat immer Schwierigkeiten sich Passwörter zu merken.
„Es ist Cadoganische Zwergseinlaufknödel.", sage ich. Sir Cadogan hat vor seinem Ableben versucht eine Delikatesse zu kreieren, er ist aber bei der Verbreitung des Gerichts gescheitert.
„Danke.", stöhnt Neville. „Lassen sie mich jetzt rein?"
„Erst, wenn du dich mir in einem Duell gestellt hast! Räudiger Köter!", Sir Cadogan fuchtelt mit seinem Schwert.
„Sir Cadogan, sie müssen doch nicht ihre Überlegenheit einem Kind beweisen?", mische ich mich ein. Cadogan steckt sein Schwert wieder weg und gibt den Gemeinschaftsraum frei.
„Danke.", murmelt Neville und verschwindet im Gemeinschaftsraum.
Bevor ich in den Krankenflügel gehe, mache ich noch einen Abstecher in die große Halle.
Die vier großen Tische sind gedeckt, doch außer mir und einigen Ravenclaws ist sie leer.
Ich schnappe mir vier Brötchen, jeweils ein Glas Himbeermarmelade und Erdbeermarmelade, dann ein bisschen Schinken und Käse.
All diese Sachen stelle ich auf einen großen Teller und laufe durch die Korridore des ersten Stockes in den Krankenflügel.
Ich will gerade die Tür zum Krankenflügel öffnen, da schwingt sich auch schon von innen auf und vor mir steht Professor Dumbledore.
Er zwinkert mir zu. „Guten Morgen, Miss Granger. Ich fürchte unser Harry ist noch am Schlafen." Er schaut nun auf die Teller und Brötchen in meinen Armen.
Gewiss ist es eigentlich nicht erlaubt einfach Teller aus der großen Halle zu entwenden, doch Dumbledore sagt nichts und hält mir die Tür auf.
„Oh, Miss Granger.", stöhnt Madam Pomfrey, die gerade dabei ist einige Betten herzurichten. „Welch eine Überraschung.", sagt sie gespielt, schmunzelt aber dabei.
„Ich habe ihnen schon einen Stuhl und einen Tisch an das Bett von Mr. Potter gestellt." Sie geht wieder in ihr Büro und schließt die Tür.
Ich lege das Frühstück auf seinen Nachttisch und breite meine Schulsachen auf dem Tisch aus, den Madam Pomfrey bereitgestellt hat.
Dann schaue ich mir Harry an.

Wie friedlich er da liegt... Wer will so einem Jungen immer und immer wieder etwas Böses antun?

Harrys Mund beginnt sich zu einem Lächeln zu formen.
„Harry!", rufe ich und boxe ihn gegen die Schulter. „Wieso stellst du dich schlafend?"
„Aua!", er spielt den Schwerverletzten und setzt sich auf. „Ich wollte dich nur ein bisschen ärgern."
„Das ist dir wohl gelungen!", sage ich empört und setze mich auf den Stuhl. „Wie geht es dir?"
„Besser.", murmelt er. „Schön, dass du da bist."
„Ich wollte dich halt nicht allein lassen.", lächle ich. Einen Moment schauen wir uns in die Augen, dann spiele ich die Spielverderberin „Du hast nämlich noch viele Hausaufgaben! Nur, weil ich deinen Aufsatz geschrieben habe, mache ich das nicht auch für die anderen Hausaufgaben!"
„Selbst, wenn ich mir das Genickt gebrochen hätte, würdest du mich noch dazu zwingen, Hausaufgaben zu machen, oder?"
„Davon kannst du ausgehen!", sage ich gespielt drohend und stupse ihm gegen den Brustkorb.
Er verzieht schmerzverzerrt das Gesicht.
„Oh entschuldige.", quietsche ich. „Ich hatte völlig vergessen..."
„Schon gut.", winkt er ab. „Dann lass uns mit Kräuterkunde anfangen."
„Aber erst nachdem wir etwas gegessen haben!", sage ich und reiche ihm ein Brötchen.

„Was sind noch mal die Eigenschaften der Strauchelpiarestular?", fragt er eine Stunde später.
„Ihre Ranken lässt sie bei Gefahr wie wild in der Gegend herum straucheln, daher auch der Name und sie ist höchst giftig. Aber sehr verdünnt kann ihr Gift Krebs heilen."
„Danke.", sagt er und kritzelt die Antwort auf.
Die Tür zum Krankensaal wird geöffnet und Hagrid kommt herein.
„Hallo Harry!", dröhnt er. „Hab 'n riesen Schreck gestern bekomm'"
Er will Harry auf die Schulter klopfen, doch er scheint sich noch rechtzeitig zu entsinnen, weshalb Harry hier ist und unterlässt es.
„Ich hab dir was mitgebracht.", sagt Hagrid und zieht einen Strauß, komisch riechender, gelber Blumen hervor „Das sind Ohrwurmblumen." Und er stellt sie auf den Nachttisch.

Wenige Minuten später verschwindet Hagrid auch wieder, er müsse noch einige Angelegenheiten klären.
„Kannst du die Blumen wegstellen?", fragt Harry.
„Ich dachte schon du fragst nie." Ich bringe die Blumen möglichst weit weg. Ihr Geruch hat sich in den letzten Minuten nur noch verstärkt.
Wir schreiben nun weiter an unseren Hausaufgaben und ich zeichne gerade die aktuelle Position des Sternes Sirius ein, als erneut die Tür aufspringt.
„Oh, Mr. Potter sie sind wach.", sagt Professor McGonagall, sichtlich erleichtert „Und Miss Granger, sie sind auch schon hier." fügt sie lächelnd hinzu, als sie mich erblickt.
„Sie macht mit mir zusammen Hausaufgaben.", sagt Harry „Schicken sie sie nicht weg."
Professor McGonagall schaut ihn verdattert an „Ich eh..." Das ist das erste Mal, das Professor McGonagall nicht weiß, was sie sagen soll. „Ich hatte doch gar nicht vor Miss Granger weg zu schicken, Potter? Im Gegenteil, ich finde es sehr vorbildlich von ihr, sie an ihre schulischen Pflichten zu erinnern." Anerkennend lächelt sie mich an. „Zehn Punkte für Gryffindor, Miss Granger!", sagt sie und wünscht Harry schnelle Genesung und verlässt wieder den Krankenflügel.
Bald wird mir klar, dass es töricht war, zu glauben, hier in Ruhe meine Hausaufgaben erledigen zu können.
Kaum, dass ein anderer Besucher gegangen ist, kommt auch schon der nächste um Harry eine gute Genesung zu wünschen.
Um Elf Uhr kommt Ron, begleitet von Ginny in den Krankenflügel.
„Los bringen wir es hinter uns.", seufzt er und schubst Ginny an Harrys Bett.
Sie läuft rot an und rattert, viel zu schnell für ein menschliches Gehör, einen Text, den sie wahrscheinlich auswendig gelernt hat, hinunter. „Ichwünschedireineschnelleundgutebesserungharry!", sie reicht ihm eine selbstgebastelte Genesungskarte, dann rennt sie aus dem Krankenflügel.
„Ehm Danke.", sagt Harry leicht irritiert obwohl Ginny ihn nicht mehr hören kann.
Ein bisschen tut mir Ginny leid aber aus irgendeinem Grund empfinde ich etwas Schadenfreude.
Harry öffnet die Karte, was sich sofort als großer Fehler herausstellt. Die Karte beginnt laut und schief zu singen:
„OOOOH, HARRY WERD BITTE SCHNELL GESUND! SCHLAF VIEL DANN LÄUFT ALLES WIEDER RUND."
Entsetzt schlägt Harry die Karte zu. Doch sie lässt sich nicht mehr abschalten und plärrt ihr Lied weiter.
„DEINE KNOCHEN SIND NOCH GANZ WUND.UND DEINE HAUT ECHT BUNT."
Harry schlägt eine Obstschale auf die Karte und nun hört man sie nur noch Dumpf sagen:
„In Liebe, deine Ginny."
Für einen Moment ist es ganz still. Ron scheint sich für seine Schwester zu schämen und läuft rot an.
„Was war das.", sagt Harry entsetzt
„Ich glaube sie wünscht dir alles Gute.", erwidere ich und unterdrücke ein schadenfrohes Lachen.
„Ich fand es ganz nett."
„Ach wirklich?", sage ich ausversehen etwas zu bissig und Ron und Harry schauen mich entgeistert an. „Vielleicht sollte ich das nächste Mal auch ein schlecht gereimtes Lied schreiben und es dir vorsingen."
Ron und Harry schauen mich entgeistert an. Jetzt bemerke ich, dass ich aufgestanden bin und ihn angeschrien habe.
„Entschuldige.", murmle ich und setzt mich mit knallrotem Kopf wieder hin.
Ron räuspert sich „Gut, eh..."
Er rollt irgendein Gesprächsthema auf. Ich bin ihm unendlich dankbar, dass er von meinem Ausraster ablenkt.
Am nächsten Morgen darf Harry den Krankenflügel wieder verlassen und er darf auch wieder am Unterricht teilnehmen.
Unsere erste Stunde heute ist Verteidigung gegen die dunklen Künste. In der zweiten Stunde habe ich wieder drei Fächer gleichzeitig. Innerlich könnte ich schon wieder heulen, doch das spare ich mir.
„Wenn Snape wieder da ist, mach ich heute krank!", sagt Ron kurz bevor wir das Klassenzimmer erreichen „Schau vorher nach, Hermine."
Vorsichtig schiebe ich die Tür auf und luke hinein. Professor Lupin sitzt schon am Lehrerpult und sieht irgendwie ausgemergelt aus.
„Du kannst kommen.", sage ich zu Ron und winke ihn hinein.
Es dauert nicht lang und das Klassenzimmer füllt sich.
Kaum das alle da sind gehen auch die Beschwerden ein.
„Er hatte doch nur Vertretung, warum muss er uns Hausaufgaben aufgeben?"
„Wir wissen doch gar nichts über Werwölfe!"
„ – zwei Rollen Pergament!"
„Habt ihr Professor Snape nicht gesagt, dass ihr Werwölfe noch nicht hattet?", sagt Lupin und runzelt die Stirn.
„Ja, aber er sagte, wir seien so weit zurück."
„Er wollte davon nichts hören!"
„Macht euch keine Sorgen, ich spreche mit Professor Snape ihr müsst den Aufsatz nicht mehr schreiben."
„Oh, nein!", stöhne ich „Meiner ist schon fertig."
„Meiner auch", schmunzelt Harry. „trotzdem danke, Mine. Ich hab ihn mir auch gestern noch einmal durch gelesen."
„Immerhin hast du was davon gelernt.", sage ich leicht enttäuscht.
Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
- Der Irrwicht, der sich in eine weiße Kugel verwandelt hat- Lupins schlechter Zustand- Snapes Zwang uns etwas über Werwölfe beizubringen- Mittwoch war Vollmond.

Kann es sein?

Entsetzt schaue ich Lupin an.

Ja, das passt alles zusammen! Aber Lupin sieht eigentlich nicht gefährlich aus... Ich muss das auf jeden Fall in der Bibliothek überprüfen!

In dieser Stunde nehmen wir Hinkepanks durch. Ich ergattere, wie immer durch mein hervorragendes Wissen, Zehn Punkte.
Schließlich klingelt es zum Stundenende und wir packen unsere Sachen zusammen. Ich mache mich schon dafür bereit in eine Besenkammer oder das Mädchenklo zu verschwinden.
Als plötzlich Lupin ruft: „Warte mal einen Moment, Harry!"
Harry wendet sich uns zu und sagt: „Geht schon mal vor."
Wir nicken und verlassen das Klassenzimmer.
„Was Lupin wohl will?"
Ich zucke mit den Schultern „Wahrscheinlich wegen dem Spiel."
„Ich muss mal auf Toilette, bis gleich!"
„Gut wir sehen uns bei McGonagall." Ron winkt und schlurft davon.
Zum Glück ist Ron nicht so wie Harry, der einfach vor dem Mädchenklo gewartet hat, um mit mir zusammen zum Unterricht zugehen.
Das hat mich das letzte Mal in Erklärungsnot gebracht.

Obwohl mir dieser Kavaliersakt eigentlich gefallen hat...

„Was wollte Lupin eigentlich von dir Harry?", frage ich ihn am Abend im Gemeinschaftsraum.
„Er hat mit mir über das Spiel gesprochen und er will mir beibringen, wie man sich gegen die Dementoren verteidigt."
Erstaunt blicke ich auf. „Tatsächlich?"
„Ja, weißt du...", er schaut sich verschwörerisch im Gemeinschaftsraum um. Doch die anderen sind gerade anderweitig beschäftigt.
Ron muss wieder einmal beweisen, dass er der Beste der Weasleykinder in Zauberschach ist und schlägt seine Brüder und seine Schwester gerade in einem Turnier.
„Immer, wenn die Dementoren auftauchen höre ich sie..."
„Wen?", hauche ich.
„Meine Mum. Ich höre wie sie Voldemort anfleht mich zu verschonen, dann wie sie aufschreit und schließlich stirbt."
Ich schlag die Hände vor den Mund.

Sein Schicksal ist entsetzlich

„Oh Harry.", hauche ich entsetzt. „Das ist ja furchtbar."
„Lupin meint, dass ich so anfällig für die Dementoren bin, ist darauf zurückzuführen. Ich habe in meinem Leben viel Schreckliches erlebt und das zieht sie an."
„Oh Harry.", stöhne ich wieder entsetzt und lege meinen Arm um ihn.
Ich weiß nicht, wie ich ihn trösten soll.
„Schon gut, Mine.", lächelt er. „Wenn ich die Dementoren verjagen kann, muss ich mir das nie wieder anhören."
„Das erklärt wieso du immer Ohnmächtig wirst, wenn sie kommen."
„Ja..." murmelt er.
„He, was macht ihr da?", fragt Ron, der sich gerade in einen Sessel neben uns fallen lässt. Erschrocken ziehe ich meinen Arm weg und schaue verlegen auf den Boden.
Um Ron nicht auszuschließen erzählt Harry auch ihm von Lupins Privatunterricht. Doch, was er hört, wenn die Dementoren kommen, lässt er aus.
Während er erzählt versuche ich mich wieder auf die Hausaufgaben zu konzentrieren. Doch leider gelingt es mir nicht. Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich Harry anstarre.
Schließlich klappe ich meine Bücher zusammen.
„Gehst du ins Bett?", fragt Ron erstaunt
„Ja, ich bin müde.", lüge ich. Harry ist einfach eine zu große Ablenkung für mich.
„Alles klar, schlaf gut Hermine.", sagt Harry.
„Jau, gute Nacht.", ruft auch Ron und beide wenden sich wieder der Partie Zauberschach zu, die sie vorhin begonnen hatten.
Im Mädchenschlafsaal angekommen, mache ich keine Anstalten schlafen zu gehen. Wie gewohnt breite ich meine Notizen und Bücher auf dem Bett aus.
Ich seufze auf „Das wird wieder eine sehr, sehr lange Nacht."

Hermine Granger und die magische WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt