Angriff im Hogwartsexpress

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Am Morgen des ersten Septembers werde ich unsanft aus dem Schlaf wachgerüttelt.
„Hermine, es geht los!", sagt Ginny.
Ich stöhne laut und strecke mich.
„Ich gehe ins Bad, bis gleich", sagt sie und verschwindet.
Ich schaue mich in unserem Zimmer um. Gestern Abend haben Ginny und ich schon all die wichtigen Sachen in unseren Koffern verstaut. Nur noch die Klamotten für heute und einige Schulbücher liegen herum.
Ich rekle mich ein wenig im Bett und mit einem lauten Klatschen kracht das Buch herunter, welches ich gestern Abend noch gelesen hatte.
„Ich bin wohl drüber eingeschlafen", murmle ich und hebe das Buch auf.
Gestern Abend habe ich noch in dem Wahrsagebuch Die Entnebelung der Zukunft geblättert und bin drüber eingekommen, dass Wahrsagen, das wohl schwachsinnigste Fach ist, welches an Hogwarts unterrichtet wird.
Achtlos werfe ich das Buch in meinen Schrankkoffer und bewege mich nun aus dem Bett.
Bevor Ginny wieder kommt betrachte ich mich im Spiegel, der in unserem Zimmer hängt.
Mit meinem neuen Haar bin ich zufrieden, bloß meine Zähne gefallen mir nicht.
„Am liebsten würde ich euch wegzaubern!", murmle ich. Ich streiche mir über das lockige kastanienbraune Haar. „Den falschen Vielsafttrank zu trinken war das Beste, was mit meinen Haaren passieren konnte!", rede ich mit mir selbst.
„Selbstgespräche sind ein Ruf nach Aufmerksamkeit, meine Liebe", sagt der Spiegel plötzlich.
Verdattert schaue ich hinein.
„Aufmerksamkeit?", frage ich zögernd.
„Na ja, du und deine kleine Freundin hier, ringt um die Aufmerksamkeit desselben jungen Mannes."
„Wie bitte?" Ich verstehe nicht was der Spiegel meint.
„Nun, ich bin ein Spiegel und sehe viele Frauen. Und ich kann sagen, dass Frauen sich immer so verhalten, wie sie beide es gerade tun, wenn sie die Aufmerksamkeit eines Mannes wollen."
„Von welchem Mann sollte ich Aufmerksamkeit wollen?"
Die Tür wird wieder geöffnet und Ginny kommt mit ihren noch feuchten roten Haaren hinein.
„Ich bin fertig im Bad. Mit wem hast du gesprochen?"
„Dem Spiegel", erkläre ich und drehe mich dem Spiegel wieder zu.
„Ja? Was hat er dir gesagt?"
„Ehm... Er hat mir viel Glück für das neue Schuljahr gewünscht."
„Junge Dame, ich glaube nicht das..."
Ich schaue den Spiegel böse an und er schweigt.
„Gut ich gehe dann mal ins Bad. Wir sehen uns."
Ich schnappe mir meine Sachen, die ich am Vorabend zurechtgelegt habe und husche in das Badezimmer.

Eine halbe Stunde später sitze ich mit Ginny und Mrs. Weasley am Frühstückstisch im tropfenden Kessel.
„Ich fasse es nicht, dass es schon euer drittes Jahr ist, Hermine", sagt Mrs. Weasley.
„Ja, die Zeit verging schnell, oder?", antworte ich.
„Ich weiß noch als ich in deinem Alter war, vielleicht ein Jahr älter, war ich in einen besonders hübschen jungen Mann verliebt. Doch er hat sich nicht für mich interessiert. Irgendwann hatten wir in Zaubertränke Liebestränke durchgenommen und wie ihr euch sicher denken könnt, konnte ich es nicht lassen, dem Jungen einen Liebestrank unterzujubeln." Sie kichert.
„Im Ernst, Mum?", staunt Ginny. „Du, die uns immer predigt von solchen Sachen die Finger zu lassen?"
„Nicht ohne Grund. Ich bin noch nicht fertig. Naja, leider schien ich beim Zusammenbrauen einen Fehler gemacht zu haben und der Junge bekam im Gesicht überall große Furunkel."
„Oh nein", stöhnt Ginny und kichert. Auch ich kann kein Kichern mehr unterdrücken. Es sind solch typische Themen, an denen sich Mädchen erfreuen.
„Was ist dann passiert Mrs. Weasley?", frage ich gespannt. „Nun, man fand nie heraus, wer es war. Doch waren meine Gewissensbisse zu groß und ich besuchte den Jungen im Krankenflügel und habe mich entschuldigt."
„Oh Mum, dann hast du bestimmt Ärger bekommen."
„Nein, habe ich nicht", sagt Mrs. Weasley stolz. „Er hat mich damals, obwohl ich ihn verletzt hatte, zu einem Date in einem romantischen Café eingeladen und ein paar Jahre später haben wir geheiratet."
„Oh, das ist ja eine schöne Geschichte", schwärmt Ginny.
In diesem Moment kommen Harry und Ron die Treppe hinunter. Mein Blick bleibt auf Harry haften.

Schau doch zu mir hinüber.

Mrs. Weasley und Ginny fangen erneut an zu giggeln.
„Trotzdem Kinder!" Sie hebt ermahnend ihren Zeigefinger. „Lasst die Hände von solchen Tränken!"
Krummbein kommt nun auch die Treppe hinunterstolziert.
„Ja, hallo Krummbein. Hast du schön geschlafen?", frage ich den Kater. Er schnurrt mich erfreut an und legt sich mir zu Füssen.
Vorsichtig nicke ich zu Ginny hinüber, mit der ich bereits einen Plan ausgeheckt habe, um Krummbein einzufangen. Schließlich kann ich ihn ja nicht einfach im Arm zum Kings Cross Bahnhof transportieren.
Ginny nimmt sich den Weidenkorb, den ich letzte Woche gekauft habe, und schleicht sich hinter Krummbein.
Ich beuge mich zu ihm hinunter und kraule ihm über das Fell. „Ja, braver Krummbein", sage ich und er schnurrt erfreut.
Dann geht alles ganz schnell. Ich packe Krummbein und stopfe ihn, bevor er reagieren kann, in den Weidenkorb und Ginny schließt schnell den Korb.
Durch die Gitterstäbe schaue ich zu dem beleidigt dreinschauenden Krumbein hinein.
„Es tut mir leid Krummbein, aber im Zug kommst du wieder raus."
Wütend faucht er mich an und steckt seine Pfote durch das Gitter und kratzt mir den Unterarm auf.
„Aua! Böser Krummbein!", schimpfe ich.
„Alles in Ordnung, Hermine?", fragt Harry, der hinter mir aufgetaucht ist.
„Ja, schon gut", murmle ich peinlich berührt.
Ginny verschwindet still und heimlich mit Krummbeins Weidenkorb im Hintergrund. Vor ein paar Tagen hat sie mir anvertraut, dass sie es sich immer noch nicht zutraut, in Harrys Nähe zu sein.

Und das ist mir auch ganz Recht!

„Du blutest", stellt er fest und zieht ein Taschentuch hervor und drückt es mir auf die Kratzwunde.
„Danke Harry", murmle ich verlegen, dann dreht er sich um, um mit Ron seinen Koffer zu holen.

Verdammt, du blöder Kater. Jetzt hält Harry mich für eine Idiotin.

Sofort bereue ich meinen Gedanken. Harry hält mich nicht für eine Idiotin, nur weil Krummbein mich verletzt hat.
Wenig später kommt Mr. Weasley in den tropfenden Kessel. „So, Leute! Die Autos des Ministeriums sind da. Wir wollen nun los. Harry du und ich zu erst."
Wie selbstverständlich folge ich Harry und Mr. Weasley einfach.
Mr. Weasley beäugt misstrauisch die Straße in alle möglichen Richtungen, während er Harry über die Straße begleitet.
„So, nun rein mit dir", sagt er und öffnet Harry die Tür. Dann dreht er sich um und erblickt mich mit meinem Koffer und Krummbein. Er zuckt fürchterlich zusammen und macht eine schnelle Bewegung zu seinem Zauberstab.
„Oh, du bist es nur, Hermine", sagt er und atmet erleichtert auf. „Steig ein", sagt er und hält auch mir die Tür auf.
Ich steige in den Wagen und lasse mich neben Harry fallen. Wütend faucht Krummbein in seinem Korb auf und eine Pfote wird aus den Gitterstäben hinausgestreckt.
„Nein, Krummbein!", rufe ich. Doch zu spät. Krummbein hat seine Krallen bereits in Harrys Oberarm versenkt.
„Au! Verdammt!", ruft er wütend.
„Oh Harry, es tut mir so leid. Wirklich, er ist einfach nur etwas aufgewühlt, weil Ginny und ich ihn einfach in seinem Korb eingesperrt haben." Ich sehe ihn entschuldigend an.
Er verzieht ein schmerzverzerrtes Gesicht. „Schon gut", presst er hervor. „Aber das merke ich mir Krummbein", sagt er gespielt böse und funkelt den Kater an. Ich stelle Krummbein nun möglichst weit weg, so dass er niemanden mehr angreifen kann.
Als ich wieder zurück auf meinen Platz neben Harry rutsche, begutachte ich seine Wunde. „Oh, Krummbein scheint dich gut erwischt zu haben", versuche ich zu scherzen.
„Ja sieht so aus", murmelt Harry und sucht etwas in seinen Taschen.
„Hier", sage ich und ziehe ein Taschentuch hervor. „Jetzt bin ich mal dran mit Taschentuch reichen", lache ich und drücke das Tuch auf seinen Arm. „Tut es sehr weh?"
„Nein, es tut gar nicht weh", sagt er tapfer.
Ich lächle schüchtern und wieder kommt dieses Kribbeln und mein Herzschlag erhöht sich.
„Hey, was macht ihr da?", sagt Ron und setzt sich uns gegenüber. Ich lasse sofort Harrys Arm los und schaue verlegen weg.
„Krummbein hat mich angegriffen", erklärt Harry.
„Ich sag doch, dass er gemeingefährlich ist! Schaut euch den armen Krätze an!" Er deutet auf eine große Beule in seiner Jacke. „Seitdem dieses Vieh hier ist, geht es ihm immer schlechter."
„Krummbein ist eine Katze, Ron. Katzen jagen Ratten!", erwidere ich genervt. Diese Diskussion führen wir schon, seitdem ich Krummbein gekauft habe.

Während der Fahrt reden wir drei nicht viel. Ab und zu werfe ich Harry einen Blick zu, doch er schaut stur aus dem Fenster.

Zeigt er mir die kalte Schulter, weil Krummbein ihn angegriffen hat?

Wenig später schlendern wir im Kings Cross Bahnhof zum Gleis neundreiviertel.
„Harry, du und ich zuerst", sagt Mr. Weasley, der die ganze Zeit wachsam neben Harry hergelaufen ist.
Harry nickt und gemeinsam durchqueren sie die Absperrung zum Gleis.
„Ginny, Hermine, ihr seid die nächsten", ordnet Mrs. Weasley an.
Ginny und ich gehen gelassen durch die Absperrung und finden uns auf dem Gleis wieder.
Mittlerweile habe ich mich an das rege Treiben auf dem Gleis gewöhnt. Die vielen Schüler, der Lärm der Eulen, der Rauch, den die Lok ausstößt - all diese Dinge liebe ich an dem Gleis.
„Ginny! Ginny!", ruft ein kleiner blondhaariger Junge. Es ist Colin und er beginnt, Ginny in ein Gespräch zu verwickeln.
Ich möchte an dem Gespräch nicht teilhaben und winke Ginny zum Abschied. Dann mache ich mich auf die Suche nach Harry.
Ich bin so auf mein Ziel konzentriert ihn in der Menge zu erspähen, dass ich Lavender völlig übersehe: „Hermine! Hallo!", ruft sie.
„Oh, Hallo Lav!", begrüße ich sie und umarme sie erstmal. „Ich habe dich gerade einfach übersehen. Tut mir leid."
„Ach schon gut", erwidert sie. „Kommst du mit mir und Parvati in ein Abteil? Wir haben noch viel zu erzählen."
„Nein danke, Lav, dieses Jahr möchte ich mit Harry und Ron fahren. Wir reden später, ja?"
Sie blickt mich enttäuscht an, setzt dann aber bald ihre fröhliche Stimme auf: „Ja, na klar. Wir sehen uns dann heute Abend!", sagt sie und verschwindet im Zug.

Wo ist er?

Die Kette um meinen Hals beginnt warm zu werden und wie durch eine unsichtbare Macht weiß ich, wo ich hinmuss. Ich entferne mich vom Zug und nähere mich einer kleinen Ecke.
„Harry, bitte macht dieses Jahr nichts Gefährliches und versucht bloß nicht, ihn zu finden!", höre ich Mr. Weasley.
„Mr. Weasley, wieso sollte ich jemanden finden wollen, der mich umbringen will?", fragt Harry verdattert.
Mr. Weasley stammelt irgendetwas vor sich hin, dann kommt er mit Harry unerwartet um die Ecke.
„Oh, Hermine!", ruft er peinlich berührt. „Was machst du denn hier?"
„Ich eh... Ich habe nach Harry gesucht...", sage ich zögernd.
„Ehm, eh... Ja, hier ist dein Harry. Dann geht mal los Kinder." Er schubst mich und Harry in Richtung Hogwartsexpress, an dem auch schon Ron auf uns wartet.
„Wo wart ihr denn?", fragt er uns beide genervt.
„Nur mal was gucken", antwortet Harry.
Die Weasleykinder, Harry und ich werden von Mrs. Weasley herzlichst verabschiedet. Dann begeben wir drei uns auf die Suche nach einem Abteil.
Da wir so spät gekommen sind ist jedes Abteil voll besetzt.
„Alle anderen Abteile sind voll. Lasst uns das hier nehmen", sagt Ron schließlich und öffnet die Abteiltür.
In dem Abteil sitzt ein Mann, offensichtlich schlafend. Noch nie habe ich einen Erwachsenen im Zug gesehen, der Imbissdame ausgenommen.
Der Mann trägt ausgetragene Klamotten und offensichtlich schläft er in seiner Ecke. In der Gepäckablage liegt sein Koffer mit der Aufschrift: „Professor R. .J. Lupin"
„Wer ist das?", flüstert Ron.
„Professor R. J. Lupin", antworte ich ohne zu zögern.
„Woher weißt du das schon wieder?", zischt Ron mich an.
„Es steht auf seinem Koffer", erwidere ich und deute auf den Koffer.
„Oh", gibt Ron kleinlaut von sich und Harry unterdrückt ein Lachen.
„Was er wohl unterrichtet?", setzt Ron erneut an, während wir uns im Abteil niederlassen.
„Das ist doch wohl klar", flüstere ich. „Es gibt doch nur eine freie Stelle: Verteidigung gegen die dunklen Künste!"
„Ich hoffe, er schafft es, nicht so wie unsere letzten beiden...", murmelt Ron.
Wir schweigen ein paar Momente, bis Harry sagt: „Dein Vater hat mich vorhin ermahnt, nicht nach Black zu suchen!"
„Was? Wieso solltest du ihn suchen?", fragt Ron verdattert.
„Das wollte ich dich auch gerade fragen", antwortet Harry. „Irgendetwas scheint da hinter zu stecken", grübelt er gedankenversunken.
„Harry, ich mache mir immer noch große Sorgen um dich", gebe ich zu. „Pass dieses Jahr bitte bloß auf."
„Das von der zu hören, die letztes Jahr versteinert wurde", schnaubt Ron.
Ich senke nun meinen Blick und wir schweigen uns alle an.
„Dieses Jahr dürfen wir endlich nach Hogsmeade!", unterbricht Ron die Stille.
„Ja! Ich habe gelesen, dass es das einzige Dorf in England ist, welches ausschließlich von Zauberern bewohnt wird. Ich kann es kaum erwarten, dort einkaufen zu gehen!", schwärme ich.
„Und ich erst. Ich will unbedingt in den Honigtopf. Dort soll es die besten Süßigkeiten geben!"
„Was weißt du über die heulende Hütte", hake ich nach. Ich habe mich natürlich bereits über Hogsmeade ein wenig erkundigt.
„Na ja, sie ist seit Jahren verlassen und die Bewohner behaupten, dass dort ein schrecklicher Geist toben soll. Fred und George meinten, dass sie es in ihrer Schulzeit noch unbedingt schaffen wollen, dort einzubrechen.", erzählt Ron.
Ich wende mich an Harry, der während der Unterhaltung ziemlich still gewesen ist. „Wird es nicht schön, mal aus dem Schloss heraus zu kommen?", frage ich schwärmerisch.
„Bestimmt", brummt er.
„Was soll das heißen?", fragt Ron.
„Die Dursleys haben die Erlaubnis nicht unterschrieben."
„Was?!", ruft Ron entsetzt. „Das geht doch nicht. McGonagall oder irgendwer wird es dir sicher erlauben."
Harry scheint dasselbe zu denken wie ich, denn er lacht hol auf. McGonagall würde nie gegen die Schulregeln verstoßen, auch nicht für Harry.
Aus irgendeinem Grund werde ich extrem traurig. Ich habe mich schon sehr darauf gefreut, mit Harry und Ron durch ein neues Dorf zu schlendern und einkaufen zu gehen.
„Wir fragen einfach Fred und George, ob sie dich irgendwie heraus schmuggeln können!", schlägt Ron vor.
„Ron!", rufe ich entsetzt. „Wenn Black hinter Harry her ist, halte ich es für keine gute Idee, dass er sich aus der Schule schleicht!"
„Du musst wieder allen den Spaß verderben", geht er mich an.
Krummbein beginnt während wir uns zoffen damit, an den Verschlüssen seines Korbs herumzuspielen.
„Lass dieses Vieh bloß nicht raus!", ruft Ron.
Doch es ist zu spät - Krummbein hat sich bereits befreit und sich auf Rons Jacke gestürzt, in der sich der kleine Krätze befindet.
„Hau ab, du blödes Vieh!", ruft Ron und wirft Krummbein aus dem Abteil.
„Ron, lass das!", rufe ich. Doch Krummbein zieht beleidigt davon.
Ich beschließe, Krummbein erstmal in Ruhe zu lassen. Wahrscheinlich ist er auch auf mich schlecht zu sprechen. Immerhin habe ich ihn in den Korb gesperrt.
Um ein Uhr kommt die Imbisshexe vorbei und verteilt Speisen und Süßigkeiten, von denen Harry uns wieder eine riesen Ladung spendiert.
Am späten Nachmittag wird die Abteiltür aufgeschoben und Draco Malfoy und seine beiden Gorillas, Crabbe und Goyle, stehen hinter ihm.
„So, so. Ich habe gehört, ihr seid zu Geld gekommen, Weasley. Ist deine Mutter am Schock gestorben?", fragt er verächtlich. Sofort springt Ron auf, um sich mit ihm zu prügeln. Dabei schmeißt er Krummbeins Korb von der Bank, den ich neben ihm abgestellt hatte.
Professor Lupin lässt einen lauten Schnarcher ertönen.
„Wer ist das denn?", fragt Malfoy entsetzt.
„Ein neuer Lehrer", lächelt Harry, der nun auch aufgestanden ist, um Ron zurückzuhalten.
„Was wolltest du gerade sagen, Malfoy?", fragt Harry verächtlich.
„Los, kommt", murmelt Malfoy und schwirrt mit seinen Kumpanen ab.
Seufzend lässt sich Harry wieder neben mich fallen. Ich lächle ihn aufmunternd zu und er erwidert mein Lächeln.

Eine gute Stunde später knurrt Rons Magen laut auf. „Oh man, wir müssen doch bald da sein", quengelt er.
Genau in diesem Moment bremst der Zug ruckartig ab.
„Oh, ein Glück. Ich habe so einen Hunger.", sagt Ron und erhebt sich.
„Wir können noch nicht da sein", sagt Harry mit einem Blick auf seine Uhr.
„Wieso halten wir dann?", fragt Ron verdutzt.
„Keine Ahnung", antwortet Harry und zuckt mit den Schultern. „Ich schaue mal auf den Gang." Er erhebt sich und schiebt die Abteiltür auf.
Plötzlich gehen die Lichter im Zug aus. Jetzt bekomme ich doch ein wenig Angst.
„Autsch! Das war mein Fuß, Ron!", rufe ich, als Ron durch das Abteil tapst, um durch das Fenster zu schauen.
Harry tastet sich blind zurück zu seinem Sitz und dabei streif seine Hand kurz meinen Oberschenkel. Ich zucke zusammen und es beginnt wieder zu kribbeln
„Entschuldige, Hermine."
„Schon gut", antworte ich flüsternd.
„Leute", haucht Ron entsetzt, „da steigt wer ein!"
„Was?", fragen Harry und ich entsetzt.
Schlagartig wird es kalt im Zug und ich beginne zu frösteln.
„Wieso wird das jetzt so kalt?", keucht Harry und schlingt die Arme um seinen Oberkörper.
„K-Keine Ahnung", zittere ich, während meine Zähne aufeinanderschlagen.
„Seid still!", ruft eine heisere Stimme aus der Ecke. Professor Lupin scheint nun aufgewacht zu sein. Es knistert und das Abteil wird von warmen, hellen Flammen erleuchtet. Nun sehe ich, dass Harry ganz nah an mich herangerückt ist. „Ehm, entschuldige", stammelt er und rutscht zurück. Am liebsten hätte ich ihn aufgefordert zu bleiben, aber ich traue mich nicht.
Professor Lupin erhebt sich und will aus dem Abteil hinaustreten, als plötzlich die Abteiltür aufgeschoben wird.
Ich wirble herum und erblicke eine dunkle, vermummte Person, die mit ihrem Kopf fast die Decke berührt. Augenblicklich wird es im Abteil kälter als es vorher gewesen ist. An der Scheibe bilden sich Eiskristalle und mir wird schlagartig so kalt, dass ich am ganzen Körper zittere.
Das Gesicht der Person ist mit einer Kapuze bedeckt. Und plötzlich schiebt sie eine schleimige, schorfige Hand unter dem Umhang hervor und beginnt sich dann im Abteil umzublicken.
Dann beginnt das Ding einzuatmen und ich fühle mich plötzlich leer und so, als ob ich nie wieder glücklich sein kann. Ich höre nun auf zu zittern und irgendwie scheint mein Kopf wie leergefegt zu sein. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen und für einen Moment vergesse ich sogar, wo ich bin.
Plötzlich zieht Professor Lupin in einer schnellen Bewegung seinen Zauberstab und ruft: „Expecto Patronum!"
Weißes Licht erstrahlt im Abteil und das Wesen verzieht sich schlagartig. Die Abteiltür schmettert zu und augenblicklich kehrt die Wärme zurück und so langsam wird mir wieder bewusst, wo ich überhaupt bin. Verwirrt schüttle ich meinen Kopf und erst dann bemerke ich, dass Harry zu meinen Füßen auf dem Boden liegt.
Entsetzt springe ich von meinem Sitz auf und knie neben ihm nieder. „Professor! Schnell irgendetwas stimmt mit Harry nicht!"
Professor Lupin kniet sich neben mich und legt zwei Finger auf Harrys Handgelenk. „Er ist ohnmächtig. Das wird wieder."
„Harry!", sage ich sanft und rüttle ihn. „Harry, bist du okay?" Ich rüttle ihn noch einmal, dann flattern seine Augenlieder auf und verwirrt schaut er sich um.
„W-Was ist passiert?", stammelt er.
Ich setzte ihm die Brille wieder auf, die ihm von der Nase gerutscht ist.
„Du warst Ohnmächtig", erklärt Professor Lupin und holt etwas Schokolade hervor und reicht sie Harry.
„Wer hat da eben geschrien?", fragt Harry verwirrt.
Ron und ich tauschen einen Blick.

Geschrien?

„Da hat keiner geschrien", sagt Ron, der immer noch blass ist.
„Aber ich habe Schreie gehört!" Er schaut zwischen mir und Ron hin und her.
„Es hat keiner geschrien, Harry", versichere ich.
Verwirrt schaut er sich um und fast sich an die Stirn. „Was war das für ein Wesen", fragt Harry nun Professor Lupin.
„Das war ein Dementor, einer der Wächter von Askaban. Sie suchen nach Sirius Black."
Er drückt nun auch Ron und mir Schokolade in die Hand. „Esst das. Ich gehe zum Lokführer." Mit diesen Worten verschwindet er aus dem Abteil.

Bah, Schokolade!

Ich mustere Harry besorgt. „Geht es dir wirklich gut?", frage ich.
„Ja, geht schon. Wart ihr auch ohnmächtig?"
„Nein", antwortet Ron. „Dieser Dementor stand einfach da und hat dich angeschaut und dann hat er begonnen schwer einzuatmen. Dann hast du angefangen zu zittern und bist zusammengebrochen."
Harry scheint die Lage besonders peinlich zu sein. „Bitte erzählt es niemanden."
„Natürlich nicht", sagen Ron und ich aus einem Munde.
Wenige Minuten später kommt Professor Lupin zurück. Keiner von uns hat bisher seine Schokolade angerührt. „Nun esst schon. Ich habe die Schokolade nicht vergiftet", schmunzelt er und gleichzeitig beißen wir drei von der Schokolade ab.
Es ist wie ein Wundermittel. Sofort breitet sich wieder Wärme in mir aus und mir geht es augenblicklich besser.

Hermine Granger und die magische WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt