Kapitel 2: rote Lippen

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Als es zur Pause klingelte, packte ich meine Jacke und mein Lunch und huschte aus dem Klassenraum. Alle Schüler strömten aus den Klassenräumen nach unten auf den Pausenhof und so ließ ich mich mitgleiten. Der Hof war recht groß und getrennt von der Unterstufe, so kam man nicht jedem in die Quere und konnte auch gerne mal alleine sein. Es war immer noch scheiße kalt. Warum bin ich überhaupt raus gegangen? Ich setzte mich auf eine freie Holzbank, die mir erstmal den Hintern einfror. Ich lehnte mich an und schaute in den Himmel. Er war wolkenlos und die wärmenden Sonnenstrahlen fielen auf mein Gesicht. Ich schloss die Augen. Die Wärme durchströmte meinen Körper, so als würde ich mich auftanken. Ich spürte wie sich jemand neben mich setzte und öffnete die Augen. "Hier ist wohl deine." Jace hielt mir die Lunchtüte ins Gesicht und starrte mich an. Ich hielt ihm die Tüte in meiner Hand hin und wir tauschten. Er lehnte sich nun auch an. Ich schloss wieder die Augen und tankte weiter. Einige Zeit später raschelte es und ich hörte Jace neben mir schmatzen. Junge kann der nicht leise kauen? "Hast du schon einne Verehrer?", lachte Jace und biss noch einmal in sein Brot. "Was?", genervt öffnete ich die Augen und folgte Jace Blick. Ethan stand neben den Zwilingen in einer kleinen Gruppe. Er starrte mich an. Es schauderte mir und schon wendete er seinen Blick wieder den anderen. "Nope", sagte ich, "Er ist ein Wolf und dazu noch ein Alpha." Jace verschluckte sich sofort an seinem Brot und spuckte es auf den Boden. "Ein Alpha?" Er schaute besorgt zu mir und dann zu ihm. "Er weiß es doch nicht oder?", flüsterte er jetzt. "Nein.", ich zögerte, "also ich glaube er weiß es nicht. Ich hab mich widersetzt. Er darf es eigentlich nicht gemerkt haben." Jace nickte langsam und biss wieder in sein Brot. "Taff.", sagte er mit vollem Mund. Auch mein hunger überkam mich und so kramte ich mein Brot raus.

Als es zum Unterricht klingelte, setzte ich mich wieder neben Nina. Sie zeichnete gerade, auch wenn es sehr düster war, war es wunderschön. Es waren zwei kämpfende Wölfe. Sie bemerkte meinen interessierten Blick und wendete sich zu mir. "Ist was?", sie klang irgendwie grimmig. "Krasse Zeichnung. Wie kannst du sie nur aus dem Kopf zeichnen?" Sie schaute mir eine Zeitlang in die Augen. Ihre Haarfarbe passte perfekt zu ihnen. Die Farben ähnelten sich so krass. "Ist es dir etwa noch nicht aufgefallen?", fragte sie und klang direkt schon deutlich ruhiger. Ich schüttelte nur den Kopf. "Ich bin auch einer.", sie zwinkerte mir lächelnd zu. Äh nein war sie nicht. Das hätte ich gerochen. "Ah so ist das also. Mir gefällt es jedenfalls echt gut." "Wie war dein Name noch mal?" "Jenna, kannst mich aber gerne Jen nennen." "Okay Jen." Sie sagte es in einem netten Ton, auch wenn ihre Augen etwas anderes vermittelten. Ich hab echt keine Ahnung ob sie mich leiden kann. Ich verfolgte den restlichen Untereicht aufmerksam und als dann endlich Schulschluss war, freute ich mich auf Zuhause. Ich verabschiedete mich von Nina und ging normal aus dem Raum, als ich gestoßen wurde und nach vorne flog. Ich drehte mich knurrend um und starrte in Ethans kalte Augen. "Verschwinde.", knurrte er und ging mit den Zwillingen an mir vorbei. Die andern Schüler ignorierten das Spektakel, bis auf Nina. Sie kam direkt zu mir und half mir hoch. "Danke." "Kein Ding. Ethan ist ein Arschloch und die Zwilinge sind nicht besser." Sie lächelte und wir gingen gemeinsam die Treppe hinunter. Auch wenn Jace schon zwei Stunden vor mir Schulschluss hatte, wartete er trotzdem mit seinem Auto vor der Schule. Ich verabschiedete mich noch einmal von Nina und ging zu ihm rüber. "Nanana Jen. Was riech ich denn da? Scheinst ja echt sauer zu sein." Ich kniff als Antwort nur die Augen zusammen und schon hob Jace unschuldig die Arme und setzte sich ins Auto. Ich tat es ihm gleich und als ich drin saß, fuhr er auch schon los. "Warte.", mein Blick lag auf Ethan der mit den Zwilingen an einem roten Cabrio stand. Jace verstand mich und ließ den Motor ausheulen. Ethan schaute sofort her und er bekam nur meinen Stinkefinger zusehen den ich aus dem Auto raus streckte.
Bye, bye Arschloch und bis Morgen. Als wenn ich mich von so einem möchtegern kleinkriegen lasse.

Zuhause angekommen schmiss ich mich als erstes auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Nach einer gefühlten Stunde kam meine Mutter nach Hause. Ich legte meinen Kopf nach hinten und starrte sie an. "Wann gibt es essen?", fragte ich und Jace der auf dem Sessel saß ergänzte mich, "Was gibt es zu essen? Ich hoffe doch sehr was mit Fleisch." Oh ja Fleisch wäre heute sehr gut. "Ich koche heute nicht." Sagte meine Mutter während sie ihre Jacke aufhing. "Also ko-" "Nein Oma und John kochen auch nicht.", unterbrach sie mich. "Heute ist doch Vollmond." "Stimmt ja!" Man merkte Jace sichtlich an, dass er sich ziemlich freute. "Kein Wunder das du heute so Energie geladen warst." Lasst es mich erklären. Alle Werwölfe, bis auf Omegas, werden von dem Vollmond beeinflusst. Sie werden aktiver, Emotionaler und vor allem aggressiver. Das erklärt vielleicht auch etwas die Stimmung von Ethan oder er war einfach ein Arschloch. "Also reißen wir heute etwas?" Jace stimme bebte schon fast vor Freude und ich bewunderte es jeden Monat aufs neue, nicht nur bei ihm, sondern bei allen, außer bei meiner Oma und meinem Cousin. Meine Mutter zögerte, "Nein." "Wie nein?" Ich bin jetzt komplett verwirrt. "Wir sind eingeladen, zieht euch bitte etwas schickes an. Es beginnt um 19 Uhr.", sie sprach in einem ernsten Ton, aber man konnte ihre Anspannung heraushören. Mein Blick wanderte von meiner Mutter, die mittlerweile in der Küche stand und etwas in den Kühlschrank räumte auf mein Handy. Es war schon fast 18 Uhr. Ich warf Jace die Fernbedienung zu und hörte ihn vor sich hin Grummeln, dass er die Party crashen wird, wenn es kein Fleisch gibt. Kopfschüttelnd ging ich die Treppe hoch in mein Zimmer. Als ich vor dem Kleideeschrank stand, wusste ich erstmal nicht was ich anziehen sollte, also schminkte ich mich erst ab und ging noch mal schnell duschen. Diesmal hab ich die Haare nicht mit gewaschen. Jetzt stand ich wieder vor dem Schrank. Ich nahm ein enges blaues Kleid raus. Ich zog einen schwarzen spitzen Tanga an und dann das Kleid. Einen BH konnte ich wegen dem ausgeschnittenen Rückenbereich nicht anziehen, also blieb er einfach weg. Ich schminkte mich noch einmal neu und kramte mir schon einmal meine schwarzen High Heels aus einem Karton. Vor dem Spiegel öffnete ich meine Haare und machte mir locken. Es war jetzt 18:45 Uhr, als ich nach unten ging. Ich war die letzte. Alle waren schick angezogen und meine Mutter drückte mir noch einen roten Lippenstift und eine kleine schwarze Handtasche in die Hand. Ich benutzte schnell den Lippenstift und zog mir die High Heels an. "Dann kann es ja losgehen.", sprach meine Großmutter ernst.

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt