Schlaftrunken trottete ich durch den Wald zurück nach Hause. Mein Körper war schwer und meine Pfoten hob ich nur mühevoll vom kühlen Boden an. Ich wollte einfach nur noch schlafen. Als ich durch das Gestrüpp trat, welches unseren Garten von dem Wald trennte bemerkte ich, dass Licht im Haus brannte. Meine Familie war wohl wieder zuhause oder ich hatte es einfach vergessen auszuschalten. Bei meiner Kleidung blieb ich stehen, verwandelte mich zurück und streifte mir grob meine Hose und mein Shirt über. Mit meiner Unterwäsche in der einen Hand und der noch halbvollen Flasche Bier in der anderen schob ich die Türe auf. Jace stand mit unserem Vater in der Küche. Sie unterhielten sich gerade übers anstehende Grillfest morgen, welches ich schon längst vergessen hatte. Es waren alle eingeladen und wenn ich alle sage, dann meine ich auch alle. Shila, Antonio und Ethan Davis, die Zwillinge und Aleyna jeweils mit ihren Eltern und Benjamin Thomas, der sich lange nicht mehr hat blicken lassen. Ethan hatte mir erzählt, dass er einen Auftrag bekommen hatte und erst seit wenigen Tagen wieder da war. Jetzt wo ich so darüber nachdenke hätte er es auch im Wald sein können, doch dann wüssten Ethans Eltern schon längst, dass Adam noch lebte. Noch wollten wir es ihnen nicht sagen, auch ob morgen der richtige Zeitpunkt ist oder nicht, können wir nicht entscheiden. Adam lebt hier jetzt seit mehr als einer Woche und sein Geruch hat sich mit unserem vermischt und doch ist sein eigener noch vorhanden und ist im ganzen Haus verteilt. Es wäre dumm zu glauben, dass die Davis nicht merken werden, dass wir Besuch haben....
Mein Vater drückte mir einen kurzen Kuss auf die Stirn bevor er mir gute Nacht wünschte und sich weiter mit Jace unterhielt. Ich bekam noch am Rande mit, das Sie morgen ein ganz spezielles Spiel spielen wollten. Das konnte ja heiter werden. Wir kommen aus einer ländlichen Gegend und hatten immer schon unsere Familie um uns, da war es schon fast Tradition bei jedem Fest ein "Spiel" zu spielen. Statt es Spiel zu nennen, wie es mein Vater und Jace gerne täten, sag ich dazu lieber Wettkampf und doch liebte ich diesen Wettkampf. Trotz meiner Müdigkeit, die mich ins weiche Bett fallen ließ, raste mein Herz vor Freude auf das morgige "Spiel". Gegen den Alpha zu spielen war doch schon etwas besonderes...Meine Erschöpfung war so groß, dass ich nicht einmal Kontrolle darüber hatte wo ich hin wollte. Mein Kopf hatte sich ausgeschalten und so viel ich in einen tiefen Schlaf.
Ein Klopfen weckte mich. "Herein", murmelte ich und begann mich erst einmal zu strecken. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich und doch kennt es jeder. "Guten Morgen Tiger.", begrüßte mich die sanfte Stimme meiner Mutter, die ihren Kopf durch den Türspalt steckte. "Dein Vater sagte mir schon, dass du gestern spät zurückgekommen bist, doch leider musst du aufstehen, da noch einiges vorbereitet werden muss, bevor unsere Gäste kommen." "Ich steh gleich auf, dann werd ich sofort helfen.", sagte ich gähnend und setzte mich aufrecht hin. Meine Mutter lächelte und schloss die Türe, woraufhin ich mich sofort wieder ins Bett fallen ließ. Keine zwei Sekunden, nachdem meine Augenlieder wieder geschlossen waren, später klopfte es erneut an meiner Türe. "Ich steh ja schon auf!", rief ich, schmiss meine Decke zurück und setzte mich auf die Bettkante. Ich war zwar nicht ausgeschlafen, jedoch war ich fit und das gut genug. Es klopfte erneut. "Was!", brüllte ich diesmal. Was wollte sie denn noch? Ich war doch wach. Ich riss die Türe auf und schaute in das Gesicht eines blinden unbeholfenen Adam, der im Türrahmen stand. "Ach du warst das.", sprach ich und fühlte mich schlecht, dass ich geschrien hatte. "Entschuldige, ich dachte du wärst meine Mutter." "Schon gut.", sagte er lächelnd und kam ein paar Schritte in mein Zimmer bevor er das Bett ertastete und sich darauf sinken ließ. "Was gibt's?", fragt ich und begann mir meine Kleidung für heute Nachmittag zurecht zu legen. "Heute Abend kommt euer Alpha...", begann er, verstummte aber sofort wieder. Ich wusste worauf es hinlief und erst jetzt wo ich mich stärker auf seine Gefühle konzentrierte, spürte ich seine Angst. Und die konnte ich verstehen. Ich legte das Kleid welches ich eh nicht tragen würde nieder und hockte mich vor ihm auf den Boden, griff seine Hände und drückte sie fest. Ich versuchte ihm so einen Teil meiner Zuversicht zu übertragen. "Du brauchst dir nicht zu viele Gedanken zu machen. Mein Vater hat sich sicher etwas überlegt, vermutlich bist du ein entfernter Verwandter oder wir sagen ihnen einfach die Wahrheit." Er presste die Zähne zusammen und spannte seine Muskeln an. Genau das wollte er nicht hören. Ich atmete tief ein und lächelte, auch wenn er es nicht sah, wird er es spüren. "Adam, du bist jetzt ein Teil dieser Familie, nicht nur für mich, sondern auch für die anderen. Sie würden niemals zulassen, dass dir geschadet wird. Wenn meine Eltern beschließen dich dem Alpha vorzustellen, als die Person die du bist, dann wissen sie was sie tun. Dir wird nichts geschehen, das verspreche ich dir." Ich sagte es so überzeugend, dass ich selbst anfing daran zu glauben. Was anderes blieb mir nicht übrig, aber ich wusste auch, dass ich die Wahrheit sagte, als ich meinte, dass meine Eltern ihn beschützen werden. "Sei aber nicht zu auffällig. Ich kann spüren, dass du nicht nur Angst hast. Deine Verachtung dem Alpha gegenüber sehe ich dir an." Ich griff nach seiner Hand die auf seinem Bein lag und verschenkte meine Finger in seine. "Sie einfach-" Ich überlegte nach dem richtigen Wort. "Unscheinbar, aber dennoch da, verstehst du?" Adam nickte, während er unsere Hände aneinander presste. "Danke, Jenna."Die Gäste trudelten einer nach dem anderen ein und der Garten war von den vielen Wölfen schon ganz eingenommen. Antonio stand mit Aleynas Vater am Grill und unterhielt sich lautstark mit ihm, während die Mütter der Familien an einem Tisch über Kram redeten, der mich nicht interessierte und dabei tranken sie Wein und Sekt im Überschuss. Im Schlepptau von genügend Bierflaschen schlenderte ich zu Jace herüber, der mit Ben an der Terasse lehnte. Bens kalte blaue Augen trafen meine und ließ mich sofort erschaudern. Jap er jagt mir noch immer Angst ein, was auch kein Wunder war, da er mich immerhin töten will. Ich würde mich von ihm nicht runter machen lassen, also zwang ich mir ein Lächeln auf. Ein bittersüßes Lächeln. Ich blieb vor ihnen stehen, drückte den Beiden ein Bier in die Hand und erwiderte starr Bens Blick. "Na Jungs genießt ihr den Abend?", fragte ich und interessierte mich eher weniger für eine Antwort, aber man musste ja nett zu seinen Gästen sein. Gastfreundschaft wurde bei uns einfach groß geschrieben, dann musste man eben zurückstecken um einen schönen Abend zu gewährleisten. "Natürlich, doch ich fiebere schon auf das Spiel hin." Ich konnte Jace Vorfreude deutlich spüren. Er brannte regelrecht dafür. Ich konnte es ihm nicht verübeln, es machte mörderischen Spaß. Und doch verlor ich jedes Mal, aber heute spürte ich dass es nicht so kommen würde. Wir waren mehr Wölfe und vor allem waren viele Junge dabei. Bens Blick löste sich keinen Millimeter von mir, als sich seine schmalen Lippen öffneten und er die Frage aller Fragen stellte: "Von welchem Spiel redet ihr?" Jace und ich wechselten einen kurzen Blick und begannen zu grinsen. Und diesmal war es nicht gestellt.
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Der Wolf in Mir
WerewolfJenna Blake hat ein Geheimnis, dass sie vor ihren Mitmenschen geheim halten muss. Sie ist ein Werwolf. Das war nie wirklich ein großes Probelm, als sie jedoch mit ihrer Familie in ein fremdes Revier zieht, muss sie ein anderes Geheimnis noch stärker...