Kapitel 38: Kugel

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Meine Augen wichen nicht von dem gewaltigen Körper, der immer näher kam. Er hatte mich ganz genau beobachtet. Die Angst spürte ich kaum noch. Es war schon beängstigend was mein Wolf für eine Macht auf mich hatte. Obwohl ich noch zögerte meine Pfote zu belasten, setzte ich sie trotzdem ab. Es pochte zwar von der Verwandlung immer noch wie wild, doch es war zu ertragen. Gebrochen war der Knochen nicht mehr.
Das Biest war jetzt nur noch einige Meter von mir entfernt. Ich musste jeden meiner Schritte überlegt anstellen und konnte ihn nicht einfach so angreifen. Es war eine andere Situation, als die mit Lisa. Ich kannte ihren Kampfstil, was jetzt nicht der Fall war. Außerdem war sie kein Alpha. Er war auch deutlich größer als sie und hinzu kommt noch der gefährliche Blutdurst und die Kampferfahrung, die man ihm einfach ansehen konnte.

Als ich mich auf ihn zu bewegte, konnte ich sofort spüren, was mit meinem Vorderbein nicht stimmte. Es war steif. Meine vorher so lockeren Bewegungen, waren nun deutlich eingeschränkter. Doch darüber konnte ich jetzt nicht nachdenken. Ich ließ das Biest nicht aus meinem Blickfeld weichen. Die Luft war von Spannung und Kampfeslust getränkt, während wir uns langsam umkreisten. Wir warteten beide auf den richtigen Moment. Der Moment um anzugreifen. Ich hoffte, dass es mein steifes Bein noch nicht entdeckt hatte. Ich konnte ihm einfach keinen Vorteil überlassen. Zuerst musste ich seine Schwachstelle finden.

Ein knacken hinter mir, lenkte mich ab. Waren Nina und Aleyna etwa schon da? Nein sie dürfen jetzt noch nicht da sein. Meine Augen zuckten zur Seite. Eine gewaltige Kraft haute innerhalb von Sekunden gegen mich. Dieser Schlag brachte mich zurück in das Geschehen. Ich durfte mich nicht ablenken lassen. Das würde den Tod von mir und den anderen bedeuten. Mit einem weiteren Schritt nach vorne, schnappte er mit seinen messerscharfen Zähnen nach meinem Hals. Rechtzeitig konnte ich noch ausweichen. Sie knallten Zentimeter neben meiner Schulter zusammen. Die dunkelroten Augen visierten mich an und schlagartig schoss das Maul wieder in meine Richtung. Ich machte einen großen Satz nach hinten, um den schnellen Attacken auszuweichen. Mein weißes Fell plusterte sich auf und knurren durchbohrte ich ihn mit meinen Augen. "Was ist dein Ziel?", grollte ich. Doch das Biest antwortete nicht mit Worten, es knurrte nur noch bedrohlicher zurück. Es war wütend und würde niemals richtig antworten. Ich heulte laut auf und lief ich ihm jetzt entgegen. "Antworte mir!"
Geschickt wich ich seinen Zähnen aus und rutschte unter seinem gewaltigen Körper hindurch. Das war meine Chance. Sofort drückte ich mich vom Boden ab und landete auf seinem Rücken. Ich rammte meine Zähne in seinen Nacken und biss so kräftig zu wie ich nur konnte. Meine Zähne durchdrangen mit Leichtigkeit seine Haut und das warme Blut floss mir in den Mund, doch weiter drangen sie nicht. Ich erreichte nicht sein Genick. Ich konnte es nicht brechen. Mit einem Ruck schmiss er mich von seinem Rücken und holte aus. Er erwischte mich mit seiner riesigen Pranke und schlug mich weg. Nachdem ich mich aufgerafft hatte, kam auch schon der biss in mein steifes Bein. Mit seiner gewaltigen Kraft schmiss er mich erneut durch die Luft. Ich fing mich während des Falls und landete, wie eine Katze auf meinen Pfoten.
Ein stechender Schmerz durchzog mein Vorderbein. Ich hatte schon fast vergessen, dass ich damit wohl keinen Fall mehr abfedern könnte. Ich ignorierte den Schmerz und konzentrierte mich nur auf die Tatsache, dass ich es gefunden hatte. Er war groß. Er war schwer. Er war schnell. Doch er war auch ungelenkig. Das war seine Schwachstelle.

Seine tief roten Augen leuchteten im Mondlicht und sein gefährliches Knurren wurde immer lauter, sodass es das einzige war was ich noch hörte. Sein Nackenfell stellte sich auf und sein Schweif zuckte vor Verlangen. Verlangen nach dem Blut seiner Opfer. Er kam mit langsamen Schritten auf mich zu. Seine Augen musterten mich, dann landeten seine Augen auf Jeta. Er würde doch nicht? Er drehte nun ab und ging zu ihr. "Niemals!", rief ich knurrend und sprang vor sie. Ich wusste, dass er genau das wollte. Anders kam er nicht an mich heran. Ich war zu schnell für ihn. Er sprang in gewaltigen Schritten auf mich zu. Ausweichen konnte ich nicht. Ich zögerte nicht und sprang ihm entgegen. Er erwischte mich mit seiner Pfote, doch konnte mich nicht wegschleudern, da ich mich schon in seinem Bein verbissen hatte. Ich lockerte meinen Kiefer, als sein Kiefer auf mein Gesicht zuschnellte. Ich konnte zwar ausweichen, doch so biss er mir in meine Seite. Vor Schmerz jaulte ich auf und biss ihm in seinen Hals. Immer wieder ließ ich locker und biss an seinem ganzen Hals entlang. Sein warmes Blut tropfte auf mein Fell. Nur für einen kurzen Augenblick lockerte er seinen Griff. Ich wand mich unter ihm heraus, doch die Wunde schmerzte so sehr, dass ich nicht schnell genug war. Er drückte mich zu Boden, sodass ich zu ihm hinauf schaute. Seine Augen zeigten den Hass und das Verlangen nach Blut. Verzweifelt trat ich ihm gegen den Bauch, doch es brachte nichts. Er rührte sich kein Stück. Er knurrte so bedrohlich und ich sah ihm an, dass er mich töten wollte. Das war mein Ende. Ich entspannte meinen Körper und ließ meinen Kopf auf den Boden sinken. Die Wolken, die den Mond verdeckt hatten, verzogen sich und das blaue Licht erhellte den Platz. Ich schaute ihm in seine roten Augen, die so voller Hass strahlten. "Dann töte mich, doch lass meine Freunde bitte am Leben.", sagte ich ruhig.

Er starrte mich an und als er seinen Mund öffnete, schloss ich die Augen. Das war es. Das war das Ende. Das Knurren verstummte und auf einmal spürte ich den Atem an meinem Fell. Erschrocken öffnete ich wieder meine Augen und starrte ihn perplex an. Er tötet mich nicht? Er erhob sich und öffnete erneut seinen Mund. Meine Augen weiteten sich, als er anfing zu sprechen doch ich verstand ihn nicht. Nur ein Wort konnte ich mit Leichtigkeit verstehen. "Kathawee". Er sprach ihren Namen mit tiefer Trauer aus. Seine Stimme so wunderschön, wie die Stimme eines Kriegers aus einer längst vergessenen Zeit. Seine roten Augen, waren nicht mehr gefüllt mit Hass, sondern mit Liebe und Trauer. Auch wenn sie nichts gemeinsam hatten, ähnelten sie Ethan. Sie zogen mich in ihren Bann. Ein lauter Knall, durchschnitt die Luft und ich sah wie eine Kugel sich in seine Schulter bohrte. Ich zuckte zusammen, als sein Blut auf mich tropfte. Er blickte auf und knurrte bedrohlich, doch sofort drehte er ab und lief in den Wald zurück. Meine Augen folgten ihm. Warum fühlte ich so? Ich raffte mich auf und sah Nina mit dem Gewehr in der Hand. Aleyna war über Lucas gebeugt. Erleichtert sah ich auf, als ich sah, dass Lucas sich bewegte. Meine Ohren zuckten, als ich das bekannte knacken hörte. Meine Augen lagen auf Nina, die das Gewehr nachgeladen hatte und nun auf mich zielte. Würde sie schießen...?

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Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt